Pizzaballa kritisiert UNRWA-Einschränkungen Israels
„Es ist an der Zeit, über die Zukunft und ein würdevolles Leben für die Palästinenser nachzudenken und sie nicht noch weiter durch Kollektivstrafen zu demütigen", sagte der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, der katholischen Nachrichtenagentur KNA in Jerusalem. Das israelische Parlament hatte Montagnacht zwei Gesetze verabschiedet, die dem UN-Hilfswerk für die Palästinenser (UNRWA) verbieten, auf israelischem Hoheitsgebiet zu arbeiten.
Es sei „mehr als realistisch", dass das Hilfswerk einer Umstrukturierung bedürfe, jedoch stelle die neue israelische Gesetzgebung eine dramatische Entscheidung dar, die eine bereits katastrophale Situation noch verschlimmere und „fürchterliche Folgen für eine bereits zu sehr geprüfte Bevölkerung haben" werde. Seine Sorge gelte „Tausenden von Palästinensern, die von UNRWA abhängig waren" und der Frage, was nun mit ihnen geschehen und wer sich um sie kümmern werde, so Pizzaballa.
Das israelische Parlament hatte zum Auftakt der Wintersitzungsperiode mit 92 zu 10 und 87 zu 9 Stimmen die neuen Gesetze verabschiedet. Damit wird UNRWA auch in den palästinensischen Gebieten massiv eingeschränkt, deren Zugänge von Israel kontrolliert werden. Unter anderem dem UNRWA-Hauptquartier in Ostjerusalem droht die Schließung. Israel beansprucht Jerusalem als ungeteilte Hauptstadt unter israelischer Souveränität, während der völkerrechtliche Status der Stadt international als ungeklärt gilt. Zahlreiche Staaten, darunter Deutschland, erkennen die israelische Souveränität über den Osten der Stadt nicht an.
Die von Israel beschlossenen Maßnahmen gegen das Palästinenserhilfswerk UNRWA haben international Besorgnis erregt. Die am Montag verabschiedeten Gesetze verstießen gegen internationales Recht und verletzten Israels Verpflichtungen gegenüber den Palästinensern, kritisierte das israelische Adalah-Rechtszentrums für Minderheiten. Die mit großer Mehrheit aus Regierung und Opposition angenommenen Gesetze stellten einen bewussten Versuch dar, mehr als 2,5 Millionen palästinensischen Flüchtlingen ihren Status und ihr Rückkehrrecht zu entziehen. Das Hilfswerk sei auf eine Kooperation mit israelischen Behörden angewiesen, seine Arbeit entscheidend für die Bereitstellung humanitärer Hilfe. Eine Einschränkung der Aktivitäten habe „katastrophale Folgen" für Flüchtlinge im von Israel besetzten Westjordanland und insbesondere in Gaza, wo Betroffene schon jetzt keine grundlegende Hilfe erhielten. Adalah wirft Israel vor, mit dem UNRWA-Verbot gegen Beschlüsse des Internationalen Gerichtshofs zu verstoßen. Es könnte sich gar um ein Kriegsverbrechen handeln. Schärfste Kritik kam auch vom palästinensischen Außenministerium, das von einem schweren Völkerrechts-Verstoß sprach. „Das Ministerium verurteilt aufs Schärfste die fortwährenden Versuche Israels, die UNRWA zu zerschlagen, und betrachtet die Handlungen der Knesset als Angriff auf die Vereinten Nationen und als Verstoß gegen die Verpflichtungen Israels als UN-Mitglied", heißt es in einer Erklärung vom Dienstag. Das Hilfswerk sei „Lebensader" für Millionen palästinensische Flüchtlinge. Seine Arbeit zu verhindern, werde katastrophale Folgen haben. Die internationale Gemeinschaft müsse unverzüglich eingreifen, so die Forderung. Die vom israelischen Parlament beschlossenen Gesetze seien Teil einer Strategie. Dabei gehe es darum, das Rückkehrrecht vertriebener Palästinenser aufzuheben und die Erinnerung an begangenes Unrecht im Zuge der Staatsgründung Israels zu delegitimieren. UN-Generalsekretär Antonio Guterres warnte vor einer Umsetzung. Das UNRWA-Hilfswerk sei alternativlos. UNRWA-Chef Philippe Lazzarini sprach von einem „gefährlichen Präzedenzfall", der völkerrechtliche Verpflichtungen Israels verletze. „Diese Gesetzesvorlagen verschlimmern das Leid der Palästinenser und sind nichts anderes als eine kollektive Bestrafung", so Lazzarini.
(kap/kna - sst)