Tyre Nichols: Memphis bereitet sich auf gewaltsame Proteste vor

28 Jan 2023
Tyre Nichols

In den USA sorgt tödliche Polizeigewalt gegen Schwarze immer wieder für Entsetzen und Empörung. Der Fall Tyre Nichols lässt die Wut über die Polizeigewalt in den USA nun erneut aufflammen. Dieses Mal waren alle fünf Polizisten selbst Schwarz. Meist sind weiße Polizisten die Täter, wie im Fall des im Mai 2020 in Minneapolis bei einer Festnahme getöteten George Floyd.

Die Behörden hatten sich darauf verständigt, das Polizeivideo von dem Vorfall erst am Freitagabend (Ortszeit) zu veröffentlichen, weil sie mit Aufständen rechnen. Schulen sagten bereits sämtliche Aktivitäten ab und verschoben auch Aktionen, die für den Samstag geplant waren. Der Leiter der Ermittlungsbehörden in Tennessee nannte die Aufnahmen »absolut entsetzlich«.

»Zu Brei geschlagen«

Die Angehörigen hatten das Video bereits Anfang der Woche gesehen. Sie sagten, das Filmmaterial zeige, wie die Beamten den 29-Jährigen drei Minuten lang brutal verprügelten. Nichols Mutter RowVaughn Wells sagte dem Fernsehsender CNN unter Tränen , die Polizisten hätten ihren Sohn »zu Brei geschlagen«. Sie fragte: »Wo war die Menschlichkeit?« Weinend beschrieb sie den Zustand ihres Sohns im Krankenhaus: »Sein Kopf war geschwollen wie eine Wassermelone. Sein Hals war durch die Schwellungen zum Bersten gespannt. Sie haben ihm das Genick gebrochen.«

Die Polizisten hätten übermäßige Gewalt angewendet, keiner sei eingeschritten oder habe dem Opfer geholfen. Ihnen wird von der Staatsanwaltschaft unter anderem das Tötungsdelikt »Second degree murder« vorgeworfen. Mord zweiten Grades ist im Bundesstaat Tennessee, in dem Memphis liegt, eine Zwischenstufe zwischen Mord und Totschlag. Vier der fünf Beamten hatten am Freitagmorgen eine Kaution hinterlegt und wurden aus der Haft entlassen, wie aus Gerichts- und Gefängnisunterlagen hervorgeht und die Nachrichtenagentur AP berichtet.

Aufruf zu friedlichen Protesten

Ihre Familie sei »voller Trauer«, sagte RowVaughn Wells und rief zu friedlichen Protesten auf: »Ich möchte nicht, dass wir unsere Stadt in Brand setzen und die Straßen aufreißen, denn das ist nicht das, wofür mein Sohn stand«.

US-Präsident Biden rief am Donnerstag zur Ruhe auf und erklärte: »Während Amerika trauert, das Justizministerium seine Ermittlungen führt und die staatlichen Behörden ihre Arbeit fortsetzen, schließe ich mich dem Aufruf von Tyres Familie an, dass die Proteste friedlich sein müssen.« Wut sei verständlich, aber Gewalt niemals akzeptabel, fügte er hinzu.

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