USA: Tupperware rutscht in die Pleite

gestern

USA

Der seit 1946 existierende Plastikboxenhersteller Tupperware hat in den USA einen Insolvenzantrag gestellt. Die letzte Frischhaltedose ist aber noch nicht vom Band gelaufen – man will durch das Insolvenzverfahren eine Neuausrichtung versuchen. Auch die Marke soll erhalten bleiben. Doch den Anschluss an neue Haushaltswelten scheint Tupperware verpasst zu haben.

Tupperware - Figure 1
Foto ORF

Online seit heute, 6.59 Uhr (Update: 12.44 Uhr)

Heute sind manche Plastikdosen der Traditionsfirma aus Florida wahre Designklassiker und Sammlerstücke. Doch den Massengeschmack dürfte Tupperware seit geraumer Zeit nicht mehr treffen. Schon seit rund vier Jahren kämpft das Unternehmen mit finanziellen Schwierigkeiten durch sinkende Verkaufszahlen und steigende Kosten. Dabei befand es sich wiederholt am Rande der Pleite.

Am Dienstag (Ortszeit) teilte Tupperware mit, man habe in den USA für sich und einige Tochterfirmen einen Insolvenzantrag gestellt. Es seien mehrere strategische Optionen durchgespielt worden, das Konkursverfahren biete nun aber die beste Möglichkeit für eine Neuausrichtung. Die Marke Tupperware solle dabei erhalten bleiben.

Beschäftigte sollen weiter Geld erhalten

Das Unternehmen strebt nach eigenen Angaben eine gerichtliche Genehmigung an, um während des Insolvenzverfahrens und der Suche nach einem Käufer seinen Betrieb fortführen zu können. Der unmittelbare Auslöser für die Flucht in die Insolvenz war ein Streit mit großen Gläubigern. Sie verweisen auf ausgebliebene Schuldenzahlungen und erheben Anspruch auf große Teile von Tupperware. Das Management sucht nun Schutz in einem Verfahren nach Kapitel elf des US-Insolvenzrechts. Während des Verfahrens will die Firma sowohl ihre Beschäftigten als auch ihre Lieferanten weiterbezahlen.

Tupperware hat 5.450 Beschäftigte in 41 Ländern. Hinzu kommen rund 465.000 der eigenständig agierenden Verkaufsberaterinnen und -berater. Diese Zahl sei nach einer Warnung vor wirtschaftlichen Problemen bereits geschrumpft, so Tupperware.

In geselliger Atmosphäre Plastikschüsseln kaufen: Die Tupperpartys waren in der Wirtschaftswunderzeit ein Renner

Das Unternehmen geht davon aus, dass die Gläubiger gegen das beantragte Insolvenzverfahren vorgehen werden, um stattdessen die Kontrolle über Tupperware zu bekommen. Von den internationalen Tochterfirmen stellt laut US-Gerichtsunterlagen nur die Schweizer Tupperware Products AG ebenfalls einen Insolvenzantrag. Aus der Schweiz kommt einer der zehn Gläubiger, die restlichen stammen aus den USA.

Erst vergangenes Jahr hatte Tupperware „ernsthafte Zweifel“ angemeldet, ob es angesichts seiner angeschlagenen Finanzsituation sein Geschäft aufrechterhalten kann. Geschäftszahlen hat das Unternehmen seit 2022 nicht mehr veröffentlicht – damals war der Umsatz auf 1,3 Milliarden Dollar (rund 1,2 Mrd. Euro) abgesackt, das waren 42 Prozent weniger als knappe fünf Jahre zuvor.

Hoffnungsschimmer schnell verglüht

Während der Pandemie erlebte Tupperware durch die neue Lust am Kochen einen kurzzeitigen Aufschwung. Der später einsetzende Preisanstieg für Rohstoffe wie Kunststoffharz sowie für Arbeits- und Transportkosten aber machte das wieder zunichte. Konkurrenzfirmen, der Internethandel und nicht zuletzt Essenslieferdienste machten Tupperware seither weiter zu schaffen und stellten auch die Notwendigkeit, große Mengen an Essensresten aufzubewahren, erneut infrage.

Erst 2022 sprang Tupperware praktisch über seinen Schatten und begann, die eigenen Produkte auch online via Amazon und über die Supermarktkette Target zu vertreiben. Der Verkauf in Geschäften sollte junge Leute mit den Produkten vertraut machen. Im Vorjahr schloss das Unternehmen eine Vereinbarung mit seinen Kreditgebern zur Umstrukturierung seiner Schuldenverpflichtungen ab und beauftragte die Investmentbank Moelis & Co mit der Suche nach strategischen Alternativen.

Alle Bemühungen scheinen am Ende nichts genutzt zu haben: Den bei Gericht in Delaware eingereichten Unterlagen zufolge hat Tupperware ein geschätztes Vermögen von 500 Millionen bis einer Milliarde Dollar. Die Verbindlichkeiten belaufen sich allerdings auf eine Milliarde bis zehn Milliarden Dollar. Außerdem hat das Unternehmen insgesamt zwischen 50.000 und 100.000 Gläubiger.

Ein Kind der Zeit

Der Erfinder Earl Tupper gründete 1938 eine Kunststofffirma, im Zweiten Weltkrieg stellte sie unter anderem Gasmasken her. Nach Kriegsende hatten Plastikproduzenten plötzlich erhebliche Überkapazitäten. Tupper experimentierte, bis er einen langlebigen und gutaussehenden Kunststoff erfand, der sich für Frischhaltedosen eignete. Die zweite Innovation war das Frischeventil auf dem Deckel, das überschüssige Luft aus der Box herausdrücken lässt.

Die Firma Tupperware wurde schließlich 1946 gegründet. Mit ihren bunten „Wunderschüsseln“ mischte sie so die Küchen der Wirtschaftswunderzeit auf. Später stellte das Unternehmen nicht nur Frischhalteboxen in allen Formen und Farben her, sondern etwa auch Backformen und Messer.

Auslaufmodell Verkaufsparty

Tupper setzte einst auch erst auf den klassischen Einzelhandel – und hatte sogar eine Filiale in der New Yorker Fifth Avenue. Die alleinerziehende Mutter Brownie Wise hatte die Idee, die Dosen bei Veranstaltungen zu verkaufen. Das funktionierte so gut, dass Tupper 1951 dem klassischen Einzelhandel den Rücken kehrte und Wise zur Marketingchefin machte.

Populär waren auch die Tupperpartys, bei denen in geselliger privater Atmosphäre Vertreterinnen und Vertreter des Unternehmens die neuesten Produkte präsentieren. Die Gastgeberinnen bekamen Rabatte, die Beraterinnen eine Provision. Die Verkaufspartys weiteten sich in der Folge auf andere Branchen aus.

Rund 90 Prozent der Erlöse seien aus solchem Direktmarketing gekommen, hieß es bei Tupperware. Durch den langanhaltenden Fokus auf das Erfolgsrezept habe man aber auch lange Chancen unter anderem im Onlinehandel verpasst, räumte Sanierungschef Brian J. Fox nun in den Insolvenzpapieren ein.

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten
Die beliebtesten Nachrichten der Woche