„Trottel“ und „Lügner“: Biden und Trump in wildem TV-Duell

3 Tage vor

„Trottel“ und „Lügner“

Gut vier Monate vor der US-Präsidentschaftswahl haben einander Amtsinhaber Joe Biden und sein Herausforderer Donald Trump in einem ersten TV-Duell am Freitag in der US-Stadt Atlanta einen hitzigen Schlagabtausch geliefert, in dem Biden häufig unsicher gewirkt und Trump offensiv Lügen verbreitet hat. Thematisch ging es unter anderem um den Zustand der Wirtschaft, Abtreibungen, die Kriege in Gaza und der Ukraine. Die Konfrontation war geprägt von gegenseitigen Untergriffen.

Trump - Figure 1
Foto ORF

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Biden klang heiser – laut Weißem Haus wegen einer Erkältung –, wirkte zum Teil zaghaft und geriet ins Stocken. Er warf Trump vor zu lügen und zu übertreiben. Trump wies das zurück und beschuldigte Biden, der „schlechteste Präsident aller Zeiten“ zu sein. Außerdem sei er für eine Verbrechenswelle durch Einwanderung verantwortlich, weil er die Grenze zu Mexiko zu wenig abgesichert habe. Trump versprach zudem, im Falle eines Wahlsiegs den Krieg in der Ukraine zu beenden, noch bevor er vereidigt werde.

Trump griff Biden heftig für dessen Wirtschaftspolitik an. „Die Inflation bringt unser Land um. Sie bringt uns absolut um“, sagte Trump. Biden habe einen schlechten Job gemacht. Der Demokrat verteidigte seine Bilanz. „Aber es gibt noch mehr zu tun. (…) Die Menschen der Arbeiterklasse sind immer noch in Schwierigkeiten.“

Die Wortwahl der beiden war nicht durchgehend fernsehtauglich

Die US-Wirtschaft steht eigentlich nicht schlecht da. Die Inflationsrate ist deutlich zurückgegangen, auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist gut. Doch bei vielen Menschen scheint das nicht anzukommen. Sie sind über die weiterhin hohen Preise im Supermarkt und die hohen Kosten für Kredite frustriert.

Angriffiges Wortgefecht

Biden bezeichnete Trump in der Fernsehdebatte als „Verlierer“ und „Trottel“. Trump stellte ebenfalls die geistige Verfassung Bidens infrage. „Er ist nicht in der Lage, Präsident zu sein, Sie wissen das, und ich weiß es. Es ist lächerlich“, sagte der Republikaner. „Er ist ohne Frage der schlechteste Präsident – die schlechteste Präsidentschaft in der Geschichte unseres Landes“, schimpfte Trump.

„Ich habe noch nie jemanden so lügen sehen wie diesen Kerl“, so der Ex-Präsident außerdem. „Alles, was er tut, ist eine Lüge.“ Biden verbreite „Fehlinformationen und Desinformationen“, treibe die USA in den Abgrund und säe Zwietracht im Land. „Ich habe noch nie eine solche Wut in unserem Land gesehen.“ Doch Trump verbreitete selbst bei der Debatte diverse Unwahrheiten und machte etwa falsche Angaben zu Wirtschaftsdaten während seiner Amtszeit im Vergleich zu der von Biden.

Erstes TV-Duell im US-Wahlkampf

Es war eine hitzige TV-Debatte zwischen US-Präsident Joe Biden und Ex-Präsident Donald Trump, die von gegenseitigen Beleidigungen geprägt war. ORF-Korrespondentin Barbara Wolschek berichtet.

Trump - Figure 2
Foto ORF
Demokratieverhalten, Klimawandel, Abtreibungen

Trump wollte sich nicht festlegen, ob er einen weiteren Wahlsieg Bidens akzeptieren würde. „Wenn es eine faire, legale und gute Wahl ist, dann auf jeden Fall“, so Trump. Biden sagte, er bezweifle, dass sein Gegner diesen Wahlausgang akzeptieren würde, weil er ein „Jammerlappen“ sei. Trump erkennt Bidens Sieg bei der Wahl 2020 bis heute nicht an. Das gipfelte am 6. Jänner 2021 in den Sturm von Trump-Anhängerinnen und -Anhängern auf das Kapitol in Washington.

Beim Thema Klimawandel verteidigte Trump den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen, den er in seiner Amtszeit vorangetrieben und den Biden wieder rückgängig gemacht hatte. „Es war eine Abzocke der Vereinigten Staaten, und ich habe sie beendet, weil ich dieses Geld nicht verschwenden wollte“, sagte der Republikaner. Biden erklärte den Klimawandel indes zur Priorität und warb für die wirtschaftlichen Chancen des Klimaschutzes.

Für eine faire Verteilung der Redezeit wurden die Mikros teilweise stumm geschaltet

Biden machte auch Hoffnung auf eine Rückkehr zum landesweiten Recht auf Abtreibung – das oberste Gericht der USA hatte dieses Recht vor zwei Jahren gekippt. Abtreibungen seien in manchen Fällen nötig, betonte er.

Trumps Gerichtsprozesse

Der amtierende Präsident merkte an, dass Trump die „einzige Person auf dieser Bühne ist, die ein verurteilter Verbrecher ist“, eine Anspielung auf Trumps Verurteilung im Strafverfahren wegen der Vertuschung einer Schweigegeldzahlung an die frühere Pornodarstellerin Stormy Daniels, und fügte hinzu, dass Trump beschuldigt wurde, mit der Frau Sex gehabt zu haben, „während Ihre Frau schwanger war“.

Biden erwähnte auch den Zivilprozess gegen Trump, in dem er wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde, und fasste zusammen, dass Trump die „Moral einer streunenden Katze“ habe. Trump reagierte mit einem Verweis auf die strafrechtliche Verurteilung von Bidens Sohn Hunter und sagte: „Sein Sohn ist ein verurteilter Schwerverbrecher.“

Das hohe Alter der beiden ist zudem ein Dauerthema im Wahlkampf. Biden zog als ältester US-Präsident aller Zeiten ins Weiße Haus ein und ist inzwischen 81 Jahre alt. Trump ist 78. Auch das TV-Duell war vom Thema Alter geprägt, etwa als es ums Golfspielen ging. Er könne den Ball sehr weit schlagen, Biden hingegen könne den Ball keine 50 Yards weit schlagen, sagte Trump auf eine Frage zu seinem Alter.

„Ich glaube, ich bin in sehr guter Form“, so der 78-Jährige. Biden sagte, er würde sehr gerne Golf mit Trump spielen, wenn der Republikaner seine eigene Tasche tragen würde. „Glauben Sie, das kriegen Sie hin?“, fragte Biden. Der 81-Jährige kritisierte Trump außerdem für dessen Gewicht.

Zweites Duell geplant

Es war das erste direkte Aufeinandertreffen der beiden Kontrahenten seit Oktober 2020. Die Debatte war auf 90 Minuten anberaumt, Trump sprach um etwa fünf Minuten länger als Biden. Das Mikrofon des jeweiligen Präsidentschaftsbewerbers, der gerade nicht sprach, blieb stumm geschaltet. Publikum war nicht zugegen. First Lady Jill Biden begleitete ihren Mann allerdings bis zum Auftritt und verließ zusammen mit ihm die Bühne. Melania Trump, die Ehefrau von Trump und frühere First Lady, war nicht anwesend.

Dass die erste TV-Debatte der beiden Präsidentschaftsanwärter bereits Ende Juni stattfand, ist ungewöhnlich. Trump und Biden sollen erst im Juli und August an Nominierungsparteitagen zu den offiziellen Kandidaten ihrer Parteien gekürt werden. Die notwendigen Delegiertenstimmen dafür haben sie sich bei den Vorwahlen früh im Rennen gesichert. Eine zweite TV-Debatte ist für September geplant. Die Wahl findet am 5. November statt. In Umfragen lagen Biden und Trump vor der Debatte nahezu gleichauf.

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