Dach ungesichert?: Secret Service nach Trump-Attentat in Kritik

14 Jul 2024

Dach ungesichert?

Trotz höchster Sicherheitsvorkehrungen ist es einem 20-jährigen Mann gelungen, am Samstag (Ortszeit) bei einer Wahlkampfveranstaltung des republikanischen US-Präsidentschaftsbewerbers Donald Trump im US-Bundesstaat Pennsylvania unbemerkt auf das Dach eines nahe gelegenen Gebäudes zu gelangen und von dort Schüsse abzugeben. Diese trafen Trump am Ohr, töteten einen Zuschauer und verletzten zwei weitere schwer. Das sorgt nun für erhebliche Kritik am Secret Service.

Trump - Figure 1
Foto ORF

Online seit gestern, 14.02 Uhr (Update: gestern, 19.07 Uhr)

Das Dach, auf dem sich der Schütze befand, war weniger als 150 Meter von der Stelle entfernt, an der Trump sprach. Das entspricht einer Entfernung, aus der ein guter Schütze ein menschengroßes Ziel einigermaßen treffen könnte.

Ein Vertreter des FBI sagte auf einer Pressekonferenz am späten Samstagabend (Ortszeit) mit Beamten des FBI und der Polizei von Pennsylvania, es sei „überraschend“, dass der Verdächtige mehrere Schüsse habe abgeben können, bevor er von Sicherheitskräften getötet wurde. Der Secret Service war bei dieser Pressekonferenz nicht anwesend.

Secret-Service-Chefin vorgeladen

Als Ex-Präsident und Kandidat steht Trump unter dem Schutz dieser Sicherheitsbehörde. In den meisten Fällen unterstützt die lokale Polizei zusätzlich bei der Sicherung des Veranstaltungsorts. Der Überwachungsausschuss des von den Republikanern geführten US-Repräsentantenhauses lädt die Direktorin des US-Geheimdienstes, Kimberly Cheatle, zu einer für den 22. Juli anberaumten Anhörung vor.

Zuvor hatte der Sprecher des Repräsentantenhauses und Republikaner Mike Johnson angekündigt, neben Cheatle auch Vertreter des Heimatschutzministeriums und des FBI anhören zu wollen. Auch zahlreiche demokratische Abgeordnete forderten eine Untersuchung der „Sicherheitsmängel“ bei der Kundgebung.

Kritik an „Sicherheitsmängeln“ bei der Kundgebung im US-Bundesstaat Pennsylvania wurden laut

Gegenüber CNN zeigten sich zwei ehemalige FBI-Agenten ebenfalls verwundert, dass das Dach nicht abgesichert war. Steve Moore, der beim FBI als Scharfschütze tätig war, sagte dem Sender, dass das Dach hätte bewacht werden müssen. Ein weiterer FBI-Agent im Ruhestand, Bobby Chacon, sagte, er sei überrascht, dass niemand das Dach bewacht habe. Es sei die „perfekte Aussichtsplattform“.

Untersuchung angekündigt

Der US-Minister für Innere Sicherheit, Alejandro Mayorkas, sagte, dass sein Ministerium und der Secret Service mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten, um die Schüsse zu untersuchen. Die Aufrechterhaltung der Sicherheit der Präsidentschaftskandidaten und ihrer Wahlkampfveranstaltungen sei eine der wichtigsten Prioritäten des Ministeriums, sagte er.

Das FBI erklärte, es werde die Ermittlungen zu den Schüssen leiten und mit dem Secret Service sowie den örtlichen und staatlichen Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten. Generalstaatsanwalt Merrick Garland sagte, das Justizministerium werde „alle verfügbaren Ressourcen für diese Untersuchung einsetzen“.

Langpaul: „Trump nicht schwer verletzt“

ORF-Korrespondent Thomas Langpaul über die aktuellen Erkenntnisse nach den Schüssen auf Donald Trump. Es scheint auch ein Sicherheitsversagen gegeben zu haben.

Vorwürfe, dass ein Mitglied von Trumps Sicherheitsteam zusätzliche Sicherheitsressourcen angefordert habe, die dann abgelehnt worden seien, wies der Sprecher des Secret Service, Anthony Guglielmi, als „unwahre Behauptung“ zurück: „Das ist absolut falsch. Tatsächlich haben wir Schutzressourcen, Technologie und Fähigkeiten ergänzt im Rahmen des erhöhten Reisetempos im Wahlkampf.“

Augenzeugen warnten Polizei

Es sind jedenfalls zahlreiche Fragen zu klären. Mehrere Augenzeugen sagten, sie hätten vergeblich versucht, die Polizei und den Secret Service auf den Heckenschützen aufmerksam zu machen. Ein Zuschauer gab an, beobachtet zu haben, wie der Schütze „von Dach zu Dach sprang“. Die lokale Polizei teilte mit, sie habe „auf eine Reihe von Berichten über verdächtige Aktivitäten reagiert“, nannte aber zunächst keine weiteren Einzelheiten.

Zeuge: Schützen vor Secret Service bemerkt

Berichten zufolge haben mehrere Augenzeugen den Schützen bereits vor der Tat auf einem Dach nahe der Wahlkampfveranstaltung von Donald Trump wahrgenommen. Trotz mehrerer Versuche, den Secret Service und die Polizei darauf aufmerksam zu machen, gelang es nicht, die Tat zu verhindern.

Nach Angaben von zwei Polizeibeamten waren Mitglieder des Scharfschützenabwehrteams und des Angriffsteams des Geheimdienstes bei der Kundgebung anwesend. Die Beamten sprachen unter der Bedingung der Anonymität, da sie nicht befugt waren, Einzelheiten der Ermittlungen zu erörtern.

Ex-Mitarbeiter: Dächer routinemäßig überwacht

Nach Medienberichten soll sich der Schütze mit einem halbautomatischen Gewehr vom Typ AR-15 außerhalb des Sicherheitsbereichs befunden haben. Üblicherweise wird vor Beginn der Veranstaltungen die Lokalität nach Bomben durchsucht, auch andere mögliche Gefahren werden überprüft.

Der ehemalige Secret-Service-Mitarbeiter Paul Eckloff sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dass Secret-Service-Agenten routinemäßig alle Dächer mit Sicht auf die Kundgebung überwachen. „Diese Person hat sich entweder versteckt, bis sie zu einer Bedrohung wurde, oder sie war keine Bedrohung, bis sie ihre Waffen zeigte“, sagte Eckloff.

Es würde nun nach Fehlern gesucht, sagte George Bivens nach dem Attentat. Aber es sei „unglaublich schwierig, einen für die Öffentlichkeit zugänglichen Veranstaltungsort gegen jede mögliche Bedrohung durch einen sehr entschlossenen Angreifer zu sichern“.

Ermittlungen in Crooks Heimatort

Als Täter wurde der 20-jährige Thomas Matthew Crooks aus Bethel Park in Pennsylvania identifiziert. Er war als Republikaner im Wählerverzeichnis identifiziert. Er soll aber mindestens einmal auch an die Demokraten gespendet haben.

Die am Tatort sichergestellte Waffe, ein halbautomatisches Gewehr vom Typ AR-15, gehörte dem Vater des 20-Jährigen. Dieser habe sie legal besessen, berichteten US-Medien unter Berufung auf die Behörden. In sozialen Netzwerken hinterließ der mutmaßliche Angreifer kaum Spuren. Sein Motiv ist weiter Gegenstand von Ermittlungen.

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