Wladimir Putin plant Reise in Nato-Mitgliedsland Türkei

30 Jan 2024
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Stand: 30.01.2024, 13:19 Uhr

Von: Erkan Pehlivan

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Zum ersten Mal seit mehr als vier Jahren will Putin ein Nato-Mitgliedsland besuchen. Bei den Gesprächen mit Erdogan soll es vor allem um Erdgas gehen.

Türkei - Figure 1
Foto Frankfurter Rundschau

Moskau/Ankara – Der russische Präsident Wladimir Putin will die Türkei noch im Februar besuchen. „Ja, es wird ein Besuch vorbereitet“, sagte Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow der russischen Nachrichtenagentur Interfax am Montag (29. Januar). Der genaue Termin stehe noch nicht fest, schreibt die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi. Es wäre Putins erster Besuch in einem Nato-Mitgliedsstaat seit 2020, als er in Deutschland mit der damaligen Kanzlerin Angela Merkel zusammentraf. Hauptthema des Treffens in der Türkei soll der Ukraine-Krieg sein.

Russland zeigt sich angeblich seit langem zu Friedensgesprächen bereit

Berichte in der westlichen Presse, wonach Russland zu Friedensverhandlungen mit der Ukraine inzwischen bereit sei, dementierte der ehemalige russische Botschafter in den USA. „Wir waren von Anfang an dazu bereit. Wir sind nicht diejenigen, die diese Verhandlungen abgebrochen haben. Wir sind dazu bereit, aber es gibt niemanden, der mit uns spricht, weil die ukrainische Seite sich selbst verboten hat, mit den Russen zu verhandeln“, zitiert Anadolu Ajansi Uschakow.

Putin, der vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine per Haftbefehl gesucht wird, reist nicht oft ins Ausland. Der 71-Jährige dürfte mit der Reise vor der Russland-Wahl im März wieder einmal zeigen wollen, dass er auf der internationalen Bühne nicht isoliert ist.

Im Februar will der russische Präsident Wladimir Putin die Türkei besuchen. © dpa/Alexei NikolskyTürkei soll Umschlagplatz für Erdgas aus Russland werden

Bei dem Türkei-Besuch von Putin soll es aber wahrscheinlich vor um die wirtschaftlichen Beziehungen mit der Türkei und dem Westen gehen. Das sagte der Moskauer Politikwissenschaftler Dr. Kerim Has im Gespräch mit fr.de von IPPEN.MEDIA. Immer wieder hatte der Westen die Türkei dazu gedrängt, sich an den Sanktionen gegen Russland zu beteiligen.

Putin hingegen will die Türkei zu einem Umschlagplatz für russisches Gas umbauen. „Im Oktober 2022 machte Putin den Vorschlag, die Türkei zu einem Transitzentrum für russisches Gas zu machen. Die Verhandlungen, die seit etwa 1,5 Jahren laufen, steuern auf eine endgültige Vereinbarung zu. Das russische Gasunternehmen Gazprom möchte sein Gas über die Türkei in den Westen verkaufen. Dies ist auch im Interesse der Türkei. Die Türkei kann dann dieses Gas an Europa verkaufen und damit Geld verdienen“.

Der Wissenschaftler wies im FR-Gespräch darauf hin, dass Russland Europa immer noch über die Ukraine mit Gas beliefere. Dafür gebe es einen Vertrag mit der Ukraine, der Ende 2024 auslaufe. „Viele Länder in Europa wollen weiterhin Gas aus Russland kaufen. Dazu gehört vor allem Ungarn“, sagt Has. „Wenn dies tatsächlich geschieht, wird es für beide Länder profitabel sein.“

Auch Arif Asalioglu, Direktor des „Mirnas International Institute“ in Moskau, geht davon aus, dass russisches Erdgas bei den Gesprächen eine große Rolle spielen wird. „Die Einrichtung eines Umschlagplatzes ist eine der wichtigsten Fragen. Russland möchte den Gasfluss in die Türkei über dieses Zentrum erhöhen. Die Türkei befürwortet dies ebenfalls. Anschließend möchte die Türkei das Gas als eigene Ware an Europa und die Balkanländer verkaufen, kombiniert mit Gas aus Aserbaidschan, dem Iran und anderen Ländern“, so Asalioglu.

Has glaubt, auch der Westen könnte von einem Gasgeschäft zwischen den beiden Ländern profitieren. „Russland wäre von einem Nato-Land abhängig. Der Westen würde mehr Einfluss auf Moskau haben. Das würde die russische Regierung unabhängiger machen, zum Beispiel von China“, sagt der Politikwissenschaftler. Ob es bei dem Treffen zwischen Putin und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu einem Durchbruch in Sachen Frieden mit der Ukraine kommen wird, glaubt der Moskauer Wissenschaftler jedoch nicht.

Putin und Erdogan wollen Israel in Schranken einweisen

Neben dem Hauptthema dürfte es allerdings auch um den Krieg in Israel gehen. „Russland ist der Ansicht, dass Israel mit Unterstützung der USA die von der UNO festgelegten Grenzen in Palästina und Gaza überschritten hat. Putin und Erdogan sind in dieser Frage einer Meinung. Sowohl Ankara als auch Moskau hatten die Vereinten Nationen zu einer Dringlichkeitssitzung aufgerufen“, so Asalioglu. (erpe/dpa)

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