Neues 3D-Modell: Ein einzigartiger Blick auf die Titanic

Titanic

Vielleicht ist es die Mischung aus menschlicher Tragödie und Phantasie, welche das 3D-Modell der RMS Titanic so gespenstisch erscheinen lässt. Die Bilder des Wracks, die Magellan, ein britisches Unternehmen für Tiefseeforschung, in dieser Woche veröffentlichte, erinnern nicht nur an die letzten Minuten im eisigen Wasser der mehr als 1500 ertrunkenen Passagiere und Seeleute.

Die eher düsteren Aufnahmen wecken auch die Neugier, mehr als 110 Jahre nach dem Untergang der als unsinkbar gefeierten Titanic doch noch das Rätsel über die Umstände des bis heute bekanntesten Schiffsunglücks zu lösen.

In Zusammenarbeit mit der Produktionsfirma Atlantic hatte Magellan im vergangenen Sommer etwa 700 Kilometer vor der kanadischen Küste sechs Wochen lang unter Wasser fotografiert. In etwa 3800 Meter Tiefe machten die Tauchboote Romeo und Juliet, benannt nach dem Liebespaar Shakespeares, mehr als 700.000 Aufnahmen von Wrack, Schiffsausrüstung und den Habseligkeiten der Passagiere, die über eine Fläche von etwa fünf Quadrat­kilometern Meeresboden verstreut waren.

700.000 Fotos werden zu einem 3D-Modell

„Wie vorgeschrieben, wurde das Wrack aber nicht berührt oder gestört. Die Stätte wurde mit dem größten Respekt behandelt“, ließ Atlantic wissen. Vor den ersten Tauchgängen sei zudem eine Blumenzeremonie abgehalten worden, um der Toten der Titanic zu gedenken.

Wie die mehr als 1500 Passagiere und Besatzungsmitglieder am 15. April 1912 ums Leben kamen, konnte nach dem Unglück bald rekonstruiert werden. Die Titanic hatte auf ihrer Jungfernfahrt von England nach New York vor der Küste Neufundlands einen Eisberg gerammt. Während eine Untersuchung des Senats in Washington das Unglück später höherer Gewalt zuschrieb, machte das British Board of Trade den Kapitän Edward Smith zumindest mitverantwortlich. Smith, der bei dem Untergang der Titanic ertrank, hatte trotz Warnungen vor Treibeis mit Höchstgeschwindigkeit Kurs auf die amerikanische Ostküste genommen.

Wie die Ermittlungen ergaben, hielt die Titanic zudem nur Rettungsboote für jeden zweiten Passagier bereit. Nur etwa 700 der mehr als 2200 Passagiere und Seeleute überlebten den Untergang des damals größten Passagierschiffs der Welt. Einige Umstände der Kollision geben aber bis heute Rätsel auf. Traf das Schiff mit dem Bug auf die Eismasse, streifte es sie mit der Seite, oder fuhr die Titanic mit dem Rumpf auf den Eisberg auf?

Die Bilder der Tauchboote Romeo und Juliet, die das beim Sinken in zwei Teile zerbrochene Wrack zum ersten Mal in voller Größe zeigen, sollen jetzt als Dokumentarfilm der Atlantic Productions bei der Erforschung der Unfallursache helfen. Dazu setzten Techniker der Magellan die etwa 700.000 Fotos am Computer zu einem 3D-Modell zusammen. Die fast 270 Meter lange Titanic scheint dabei auf dem Trockenen zu liegen. Um Bug, Heck und Deck des Schiffs besser erkennen zu können, hatte Magellan das Meereswasser digital entfernt.

Der „digitale Zwilling“, wie das Unternehmen die Rekonstruktion nennt, wird voraussichtlich die einzige Gelegenheit bleiben, die Titanic räumlich sowie von Bug bis Heck zu sehen. Die Hoffnung, das erst 1985 durch den Unterwasserarchäologen Robert Ballard entdeckte Wrack zu heben, hatte sich schon vor Jahren zerschlagen. Das Salzwasser, stellten Forscher damals fest, setzte dem Schiff in den vergangenen Jahrzehnten so zu, dass es bei dem Versuch zerfallen würde. Auch Bakterien, die Ozeanographen vor sieben Jahren am Wrack fanden, treiben den Zerfall voran. Nach Schätzungen der Wissenschaftler könnten selbst die Überreste des wohl berühmtesten Schiffs in der Geschichte der Seefahrt bis zum Jahr 2030 verschwunden sein.

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