96 Stunden Sauerstoffvorrat: Suche nach vermisstem Touristen ...
Vor der Küste Nordamerikas ist ein kleines U-Boot verschwunden, das für Touren zum Wrack des legendären 1912 gesunkenen Kreuzfahrtschiffes „Titanic" genutzt wird. Die US-Küstenwache startete einen Sucheinsatz, wie sie am Montag mitteilte. Rettungskräfte suchen nach fünf Vermissten in dem verschollenen U-Boot. Da der Sauerstoff in der knapp sieben Meter langen „Titan“ nach Betreiberangaben für 96 Stunden reiche, „gehen wir davon aus, dass derzeit zwischen 70 und 96 Stunden verfügbar sind“, sagte Kommandant John Mauger von der US-Küstenwache am Montagnachmittag (Ortszeit) in Boston. Das Boot wird bereits mehr als 24 Stunden vermisst.
„Wir setzen alle verfügbaren Mittel ein, um sicherzustellen, dass wir das Schiff lokalisieren und die Menschen an Bord retten können“, sagte Mauger weiter. Das Unternehmen Oceangate Expeditions bestätigte, dass Menschen an Bord seien. „Wir prüfen und mobilisieren alle Optionen, um die Besatzung sicher zurückzubringen“, zitierte die britische BBC aus einer Mitteilung.
Laut britischen Medien befindet sich unter den Passagieren der britische Milliardär und Geschäftsmann Hamish Harding. Nach Angaben des „Independent“ bestätigte sein Stiefsohn Brian Szasz auf Facebook, dass Harding vermisst wird: „Meine Gedanken und Gebete sind bei meinem Stiefvater Hamish Harding, dessen U-Boot auf dem Weg zur Titanic verschollen ist. Die Rettungsmission läuft.“
Noch gestern hatte Harding auf Instagram ein Bild gepostet, wie er ein Banner mit der Aufschrift „Titanic Expedition Mission V“ signiert. Dazu schrieb er: „Ich bin stolz zu verkünden, dass ich bei der RMS TITANIC Mission von @oceangateexped als Missions-Spezialist dabei sein werde.“ Weiter schrieb er, dass aufgrund von schlechtem Wetter dies wahrscheinlich die einzige Fahrt zur Titanic dieses Jahr sein wird. Es habe sich gerade ein gutes Fenster aufgetan, sodass man morgen früh den Tauchgang versuchen wolle. Bis dahin seien noch viele Vorbereitungen zu treffen. „Mehr Updates folgen, WENN sich das Wetter hält.“ Seitdem hat er nichts mehr gepostet.
Die Suche nach dem U-Boot laufe, sagte ein Sprecher des Küstenwachen-Koordinierungszentrum in der US-Ostküstenmetropole Boston. Die kanadische Küstenwache beteiligte sich nach eigenen Angaben mit einem Flugzeug und einem Schiff ebenfalls an dem Rettungseinsatz. Der Sauerstoffvorrat auf der „Titan“, wie das kleine Tauchboot heißt, soll für 96 Stunden reichen.
Laut dem US-Sender CBS News erklärte die zuständige Firma OceanGate Expeditions, sie prüfe und mobilisiere „alle Optionen, um die Besatzung wohlbehalten zurückzubringen". „Unser gesamtes Augenmerk liegt auf den Besatzungsmitgliedern des Tauchbootes und ihren Angehörigen", hieß es demnach in der Erklärung weiter. Das Unternehmen sei „zutiefst dankbar für die umfrangreiche Hilfe, die wir von mehreren Regierungsbehörden und Tiefsee-Unternehmen erhalten haben bei unseren Bemühungen, den Kontakt zu dem Tauchboot wieder herzustellen".
Nach Angaben von OceanGate Experiences finden fünf Personen Platz in dem 6,70 Meter langen U-Boot: ein Kapitän, maximal drei Touristen und ein Experte. Die Touren, die von der kanadischen Insel Neufundland aufbrechen, dauern insgesamt acht Tage. Der „New York Times“ zufolge kostete eine Fahrt im Sommer 2022 rund 250.000 US-Dollar (aktuell 229.000 Euro). Das Unternehmen bewirbt die Fahrten mit dem Kohlefaser-Tauchboot laut BBC als Chance, „aus dem Alltag herauszutreten und etwas wirklich Außergewöhnliches zu entdecken“.
Schwierige SuchbedingungenDer Ozean-Forscher Robert Blasiak vom Stockholm Resilience Centre wies auf die schwierigen Bedingungen im Suchgebiet hin. „Der Ozean ist im Durchschnitt vier Kilometer tief, dieses U-Boot befindet sich also in großer Tiefe“, sagte Blasiak der BBC. Licht dringe höchstens einen Kilometer weit in die Meeresoberfläche ein, es sei also stockfinster bei gleichzeitig erheblichem Wasserdruck. „Wir wissen, wo die „Titanic“ ist, aber wir wissen nicht, wo das Tauchboot ist. Es könnte also sein, dass es bei weitem nicht so tief ist, und darauf sollten wir alle zum jetzigen Zeitpunkt hoffen.“
Der U-Boot-Experte Alistair Greig vom University College London nannte im BBC-Gespräch mehrere mögliche Szenarien des Vorfalls. Bei einem Strom- oder Kommunikationsausfall könne es sein, dass das Tauchboot zur Oberfläche getrieben würde. Deutlich schlechter wäre die Lage, sollte der Rumpf beschädigt worden sein und es ein Leck geben. „Dann ist die Prognose nicht gut“, sagte Greig.
Schwierig wäre es auch, wenn das Tauchboot nicht mehr aus eigener Kraft vom Meeresboden aufsteigen könne. „Auch wenn das Tauchboot möglicherweise noch intakt ist, gibt es, wenn es tiefer als 200 Meter ist, nur sehr wenige Schiffe, die so tief vordringen können, und schon gar keine Taucher“, sagte der Experte. „Die für die U-Boot-Rettung der Marine konzipierten Fahrzeuge können sicherlich nicht annähernd in die Tiefe der „Titanic“ vordringen. Und selbst wenn sie es könnten, bezweifle ich sehr, dass sie an der Luke des Touristentauchboots fest machen könnten.“
Die „Titanic“ war 1912 auf ihrer Jungfernfahrt von Southampton nach New York im Nordatlantik gesunken, mehr als 1500 Menschen starben. Die Überreste des berühmten Luxusdampfers wurden 1985 in rund 3800 Metern Tiefe entdeckt. Sie liegen in internationalen Gewässern etwa 650 Kilometer vor der kanadischen Küste. Seit seiner Entdeckung besichtigen regelmäßig Forscher, aber auch Touristen das Wrack. Erst vor kurzem hatten Wissenschaftler mit Hilfe hochauflösender 3D-Bilder die bisher genaueste Darstellung des Wracks geboten.