Vance vs. Walz: US-Vizekandidaten im Schlagabtausch

2 Okt 2024

Vance vs. Walz

Die beiden US-Vizepräsidentschaftskandidaten Tim Walz und JD Vance haben einander bei ihrem ersten und voraussichtlich einzigen TV-Duell einen Schlagabtausch geliefert. Der Republikaner Vance machte Vizepräsidentin Kamala Harris mitverantwortlich für aktuelle Krisen, während der Demokrat Walz Harris verteidigte und vor einer Rückkehr des Ex-Präsidenten Donald Trump ins Weiße Haus warnte. Der Nahost-Konflikt beherrschte den Auftakt der Debatte.

Tim Walz - Figure 1
Foto ORF

Online seit heute, 6.20 Uhr (Update: 7.39 Uhr)

Auf die Frage, ob er einen Präventivschlag Israels gegen den Iran unterstützen würde, deutete Vance an, dass er sich als Verbündeter dem Urteil Israels anschließen würde. Der 60 Jahre alte Walz hingegen ging nicht direkt auf die Frage ein. Stattdessen nutzte er die Gelegenheit, um Trump für die Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran zu kritisieren und vor einer erneuten Präsidentschaft Trumps zu warnen.

„Es kommt auf eine solide Führung an“, sagte der Gouverneur von Minnesota. „Donald Trump ist wankelmütig“, sagte Walz: „Er wird sich demjenigen zuwenden, der ihm am meisten schmeichelt oder wo es für ihn Sinn ergibt.“ Der 40-jährige Senator Vance aus Ohio hingegen verteidigte Trumps Außenpolitik und sagte, dieser habe die Welt während seiner Amtszeit sicherer gemacht.

Die 90-minütige, vom US-Sender CBS live aus New York übertragene Debatte fand ohne Publikum statt. Walz und Vance durften keine Notizzettel verwenden oder Kontakt zu ihren Teams haben. Die Mikrofone blieben eingeschaltet, wurden aber von den Moderatorinnen Norah O’Donnell und Margaret Brennan stummgeschaltet, wenn einander die Kandidaten ins Wort fielen.

Der demokratische US-Vizepräsidentschaftskandidat Tim Walz Angriffe auf Trump bzw. Harris

Die beiden Rivalen, die einander im Wahlkampf regelmäßig beschimpft hatten, verzichteten im TV-Duell weitgehend darauf. Stattdessen arbeiteten sie sich an dem jeweils gegnerischen Spitzenkandidaten Trump bzw. der Spitzenkandidatin Harris ab. Vance warf die Frage auf, warum Harris während ihrer Amtszeit in der Regierung von Präsident Joe Biden nicht mehr gegen Inflation, Einwanderung und für die Wirtschaft unternommen habe.

„Wir haben eine historische Einwanderungskrise, weil Kamala Harris damit anfing, die gesamte Grenzpolitik von Donald Trump rückgängig zu machen“, sagte Vance. Walz warf seinem Kontrahenten vor, Einwanderer „entmenschlichen“ zu wollen, indem er die Mär von haustieressenden Migranten und Migrantinnen verbreitet habe.

Tim Walz - Figure 2
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Debatte über Recht auf Abtreibungen

Auch das Thema Abtreibung sorgte für Kontroversen. Walz kritisierte Ex-Präsident Trump scharf für dessen Rolle bei der Ernennung von drei Richtern am Obersten Gerichtshof, die das wegweisende Urteil Roe v. Wade kippten und damit das fast 50-jährige nationale Recht auf Abtreibung aufhoben. Vance, der für seine konservative Haltung in der Abtreibungsfrage bekannt ist, schlug moderate Töne an und sprach sich gegen ein nationales Abtreibungsverbot aus.

Die Kandidaten diskutierten in der Debatte außerdem über die Wirtschaft, Waffengewalt, die Demokratie und den Klimawandel. Vance gestand „der Argumentation halber“ CO2-Emissionen als Ursache der Erderhitzung zu, wollte sich jedoch nicht auf „seltsame Wissenschaft“ einlassen. Er forderte mehr Energieproduktion in den USA einschließlich Atomkraft und Erdgas. Walz betonte dagegen Bidens Fortschritte bei erneuerbaren Energien und kritisierte Trump für dessen Leugnung der Klimakrise.

Am 5. November treten Harris und Trump bei der Präsidentschaftswahl gegeneinander an – Umfragen prognostizieren ein knappes Rennen. Beide sind darum bemüht, vor allem unentschlossene Wählerinnen und Wähler für sich zu gewinnen. Dabei konzentrieren sie sich auf die politisch besonders hart umkämpften Bundesstaaten und setzen natürlich auch auf ihre „Running Mates“: Walz und Vance kommen beide aus dem Mittleren Westen.

„Ich habe mich in Bezug auf Donald Trump geirrt“, sagte der Republikaner Vance Vance: „Habe mich in Bezug auf Donald Trump geirrt“

Vance war zu Beginn von Trumps Präsidentschaft ein ausgesprochener Kritiker des Republikaners. Diese Meinung wandelte sich allerdings, als er sechs Jahre später selbst ins politische Scheinwerferlicht trat – und dafür auch Trump als Unterstützer umwarb.

In dem Duell gab Vance nun an, er sei mit seiner einst harschen Kritik falschgelegen. „Ich habe mich in Bezug auf Donald Trump geirrt“, sagte er. Er habe Geschichten geglaubt, die Trumps politische Bilanz falsch dargestellt hätten, so Vance. Trump habe „geliefert“. „Wenn man etwas missverstanden hat und seine Meinung ändert, dann sollte man dem amerikanischen Volk gegenüber ehrlich sein“, sagte Vance.

Wirbel um Wahl 2020

Etwas hitziger wurde die Debatte, als Vance die Wahlniederlage Trumps im Jahr 2020 gegen Biden nicht eindeutig einräumen wollte. Stattdessen erklärte der Republikaner, „auf die Zukunft fokussiert“ zu sein. Walz konterte scharf und bezeichnete das als „Nichtantwort“. Er stellte infrage, ob Vance den Mut aufbringen könnte, sich wie der damalige Vizepräsident Mike Pence gegen Trumps Willen zu stellen und somit eine friedliche Amtsübergabe zu gewährleisten.

Walz warnte mehrfach vor einem Comeback Trumps und erinnerte daran, wie dessen Weigerung zur Anerkennung seiner Wahlniederlage 2020 Chaos und Gewalt zur Folge hatte. „Ein Donald Trump, der über 80 Jahre alt ist und bei seinen Kundgebungen lediglich von der Größe der Zuschauermenge spricht, ist nicht die Person, die wir in diesem Moment brauchen“, sagte Walz.

Trump mit Livekommentaren auf Truth Social

Zwar gelten Debatten der Vizekandidaten nicht als wahlentscheidend. Doch das TV-Duell zwischen Walz und Vance war wahrscheinlich das letzte vor der Wahl in gut einem Monat und dürfte deshalb bei vielen Wählerinnen und Wählern einen wichtigen Eindruck hinterlassen.

Trump kommentierte die Debatte in einer Art Liveticker auf der von ihm mitgegründeten Onlineplattform Truth Social. O’Donnell und Brennan warf er vor, „extrem voreingenommene Moderatorinnen“ zu sein. Dem Demokraten Walz unterstellte er, einen „niedrigen Intelligenzquotienten“ zu haben, weil er sich während der Debatte mehrfach Notizen machte.

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