INDUSTRIEMAGAZIN | Deutsche Stahlindustrie: Massive ...
25.11.2024
Lesezeit: ca. 5 Minuten
Thyssenkrupp plant bis 2030 den Abbau von 11.000 Arbeitsplätzen. Der Stellenabbau soll durch Produktionskürzungen, Auslagerungen und Umstrukturierungen erfolgen – ein Schritt, der die Zukunft des Unternehmens sichern soll. Auch ein Vorstand verlässt nun vorzeitig das sinkende Schiff.
Thyssenkrupp hat nach eigenen Angaben durch ein Gutachten einen positiven Ausblick für die krisengeschüttelte Stahlsparte erhalten.
- © ThyssenkruppDeutschlands führender Stahlproduzent Thyssenkrupp Steel Europe plant in den kommenden Jahren einen umfassenden Stellenabbau. Die Zahl der Arbeitsplätze soll laut Unternehmensangaben bis 2030 von aktuell rund 27.000 auf 16.000 reduziert werden. Dies entspricht einer Reduktion von über 40 Prozent.
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Rund 5.000 Stellen sollen durch "Anpassungen in Produktion und Verwaltung" abgebaut werden, während weitere 6.000 Stellen durch Auslagerungen an externe Dienstleister oder Geschäftsverkäufe wegfallen. Das Unternehmen bezeichnet diese Maßnahmen als zentrale Schritte eines industriellen Zukunftskonzepts. Die Produktionskapazitäten sollen gleichzeitig von derzeit 11,5 Millionen Tonnen pro Jahr auf nur noch 8,7 bis 9,0 Millionen Tonnen gesenkt werden. Dies entspricht den Versandmengen des letzten Geschäftsjahres.
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- © IndustriemagazinDie Stahlsparte, die mehrheitlich zum Industriekonzern Thyssenkrupp gehört, reagiert damit auf eine anhaltende Nachfrageschwäche am globalen Stahlmarkt. Hohe Kosten, Billigimporte aus Asien und der Druck, klimafreundlichere Produktionsmethoden einzuführen, belasten das Unternehmen zusätzlich.
Dennis Grimm, Chef der Stahlsparte, betonte: „Um uns zukunftsfest aufzustellen, ist eine umfassende Optimierung und Verschlankung unseres Produktionsnetzwerkes und unserer Prozesse notwendig.“ Ziel sei es, langfristige Perspektiven für die Beschäftigten zu schaffen und gleichzeitig Kosten zu senken.
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Im Geschäftsjahr 2023/24 hat die anhaltende Konjunkturschwäche Thyssenkrupp stark belastet. Bis Ende September verzeichnete der Konzern deutliche Rückgänge bei Umsatz und Auftragseingang. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) fiel um 19 Prozent auf 567 Millionen Euro. Unter dem Strich meldete das im MDax gelistete Unternehmen einen Verlust von 1,4 Milliarden Euro, nach einem Minus von 2,0 Milliarden Euro im Vorjahr. Hauptursachen für den Verlust waren Wertberichtigungen im Anlagevermögen sowie Restrukturierungskosten. Dennoch plant der Vorstand, der Hauptversammlung eine Dividende von 15 Cent je Aktie vorzuschlagen.
Für das laufende Geschäftsjahr zeigt sich Thyssenkrupp optimistischer: Aufgrund einer erwarteten Stabilisierung der Nachfrage im zweiten Halbjahr rechnet das Unternehmen mit einem Umsatzwachstum von bis zu 3 Prozent. Das bereinigte Ebit soll zwischen 0,6 und 1,0 Milliarden Euro liegen. Beim Jahresüberschuss wird eine Rückkehr in die Gewinnzone prognostiziert, mit einem Ergebnis zwischen 100 und 500 Millionen Euro.
Thyssenkrupp deckt ein breites Spektrum an Geschäftsfeldern ab, darunter Stahl, Werkstoffe, Marineschiffbau, Autoteile sowie grüne Technologien. Ende September 2023 beschäftigte der Konzern rund 98.000 Mitarbeitende, was einem Rückgang von 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Oliver Burkhard, derzeit Personalvorstand und Arbeitsdirektor der Thyssenkrupp AG sowie CEO von Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS), wird sein Mandat im Vorstand bei Thyssenkrupp zum 31. Januar 2025 beenden, um sich vollständig auf seine Rolle als CEO von TKMS zu konzentrieren. Diese Entscheidung steht im Zusammenhang mit den Plänen des Konzerns, die Marinesparte TKMS abzuspalten und an die Börse zu bringen.
Burkhard betonte die gestiegene Nachfrage im Marineschiffbau aufgrund des veränderten sicherheitspolitischen Umfelds: "Das veränderte sicherheitspolitische Umfeld sorgt für eine verstärkte Nachfrage im Marineschiffbau. Unsere Auftragsbücher sind gut gefüllt und wir erwarten einen weiteren hohen Auftragseingang." Er wies zudem auf die intensiven Vorbereitungsarbeiten für den geplanten Spin-off hin.
Die Nachfolge für Burkhard als Personalvorstand und Arbeitsdirektor wird der Aufsichtsrat im Rahmen eines geregelten Prozesses zu gegebener Zeit entscheiden. Interimistisch wird Finanzvorstand Jens Schulte die Verantwortung für das Personalressort übernehmen.
Die Abspaltung der Marinesparte TKMS und deren geplanter Börsengang sind Teil der strategischen Neuausrichtung von Thyssenkrupp, um die Position von TKMS im wachsenden Markt des Marineschiffbaus zu stärken. Mit gut gefüllten Auftragsbüchern und einer hohen Nachfrage sieht das Unternehmen Chancen, die Sparte erfolgreich am Kapitalmarkt zu positionieren.
Oliver Burkhard - © Xing
Thyssenkrupp zufolge liefert ein aktuelles Gutachten einen positiven Ausblick für die angeschlagene Stahlsparte. Laut einer Unternehmensmitteilung basiert dies auf einem positiven Gutachten, das von der Thyssenkrupp AG und der Tochtergesellschaft Thyssenkrupp Steel Europe AG in Auftrag gegeben wurde. Das sogenannte IDW S11-Gutachten kommt zu einer positiven Fortführungsprognose für den Stahlbereich, wie der Konzern am Sonntag erklärte.
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Auf Grundlage dieser Ergebnisse hat die Thyssenkrupp AG eine Finanzierungszusage gemacht, die die Liquidität der Stahlsparte für die kommenden zwei Jahre sichert. „Damit herrscht nun Klarheit über die Finanzierungssituation des Stahlbereichs“, bestätigte das Unternehmen. Diese Informationen stützen einen Vorabbericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel.
Das Gutachten bildet die Basis für die Finanzierung der Stahltochter durch die Muttergesellschaft für die nächsten zwölf bis 24 Monate. Ursprünglich sollte das Dokument bereits vor einigen Monaten fertiggestellt werden. Thyssenkrupp-CEO Miguel Lopez verfolgt das Ziel, die Stahlsparte auszugliedern und in ein 50:50-Joint-Venture mit der Holding des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky zu überführen. Dabei kam es zuvor zu Konflikten zwischen Lopez und dem ehemaligen Stahlchef Bernhard Osburg, der mittlerweile zurückgetreten ist.
Die Ergebnisse des aktuellen Gutachtens werden in eine umfassendere Untersuchung einfließen, die voraussichtlich im kommenden Jahr abgeschlossen wird.
Trotz finanzieller Herausforderungen hält Thyssenkrupp trotz möglicher Kostensteigerungen an seinem Großprojekt für CO2-reduzierte Stahlherstellung in Duisburg fest. Thyssenkrupp-CEO Miguel López erklärte: „Wir stehen unverändert zu unserem Bekenntnis zur grünen Transformation und zur klimaneutralen Stahlproduktion.“ Die Aussage erfolgte anlässlich der Veröffentlichung der Geschäftszahlen für das abgeschlossene Geschäftsjahr 2023/24 in Essen.
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Die geplante Direktreduktionsanlage zur Herstellung von „Grünstahl“ soll einen klassischen Hochofen ersetzen und zunächst mit Erdgas, später mit Wasserstoff betrieben werden. Das Projekt, dessen Kosten auf rund drei Milliarden Euro geschätzt werden, ist bereits im Bau. Die Finanzierung umfasst Fördermittel von zwei Milliarden Euro: Der Bund trägt rund 1,3 Milliarden Euro, das Land Nordrhein-Westfalen weitere 700 Millionen Euro. Bisher wurden laut López etwa 700 Millionen Euro der Fördergelder bereitgestellt. Mit dieser Investition untermauert Thyssenkrupp Steel, Deutschlands größter Stahlhersteller, seine Führungsrolle im Bereich nachhaltiger Stahlproduktion.
Ein zentraler Punkt für den Erfolg des Projekts ist die Versorgung mit Wasserstoff. López betonte die Dringlichkeit eines schnelleren Ausbaus des Wasserstoff-Pipelinenetzes in Europa: „Pipelines sind das einzige effiziente Transportmittel.“ Die neue Anlage benötigt jährlich 140.000 Tonnen Wasserstoff. Konkrete Entscheidungen zu Lieferanten und Mengen seien jedoch erst möglich, sobald die Fertigstellung der Pipeline zeitlich feststehe. „Die Produzenten warten darauf, Gewissheit zu bekommen“, so López.
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López unterstrich die Bedeutung des Projekts für den Wirtschaftsstandort Deutschland: „Wir sorgen für eine widerstandsfähige, kosteneffiziente und umweltfreundliche Stahlproduktion. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag, um die Versorgung der deutschen Wirtschaft mit dem wichtigen Rohmaterial Stahl zu sichern.“ Die Transformation der Stahlsparte sei „das Richtige für Deutschland“.
Die Stahlsparte von Thyssenkrupp mit rund 27.000 Mitarbeitenden steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Geplant ist ein erheblicher Kapazitätsabbau, der auch Stellenstreichungen mit sich bringen wird. López bekräftigte jedoch, dass betriebsbedingte Kündigungen möglichst vermieden werden sollen: „Ein Zeitplan über viele Jahre und die demografische Entwicklung bilden dafür den Rahmen.“ Der Businessplan zur Neuaufstellung der Sparte soll in ein bis zwei Monaten vorliegen.
Erstveröffentlichung
25.11.2024
Letzte Aktualisierung
25.11.2024