"Historisch": AfD gewinnt Landtagswahl in Thüringen klar vor CDU
Erstmals in der Nachkriegsgeschichte ist mit der AfD eine als rechtsextrem eingestufte Partei bei einer Landtagswahl in Deutschland stärkste Kraft geworden
In Thüringen liegt sie nach Hochrechnungen von ARD und ZDF auf Platz eins. In Sachsen legte sie ebenfalls zu, landete aber knapp hinter der CDU.
Das neu gegründete linkspopulistische Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wurde aus dem Stand zweistellig und landete damit auf dem dritten Platz. Für die "Ampel"-Koalition wurde der Wahlabend ein Desaster.
Laut Hochrechnungen kommt die AfD in Thüringen auf 32,8 bis 33,2 Prozent (2019: 23,4 Prozent), ihr bisher bestes Ergebnis bei einer Landtagswahl überhaupt.
Die CDU holte 23,6 bis 23,8 Prozent (2019: 21,7 Prozent), die regierende Linke von Ministerpräsident Bodo Ramelow stürzte auf 11,7 bis 12,4 Prozent ab (2019: 31,0 Prozent). Das neu gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), eine Abspaltung von der Linken, verbuchte aus dem Stand 15,5 bis 15,6 Prozent.
Die Sozialdemokraten (SPD) von Bundeskanzler Olaf Scholz erzielten magere 6,0 bis 6,1 Prozent (2019: 8,2 Prozent), die Grünen fliegen mit 3,3 bis 3,4 Prozent (2019: 5,2 Prozent) aus dem Landtag, für den es die fünf-Prozent-Hürde gebraucht hätte. Ebenso die FDP, für die kein gesondertes Ergebnis ausgewiesen wird.
Thüringens AfD-Chef und Spitzenkandidat Björn Höcke bezeichnete den Erfolg seiner Partei als "historischen Sieg".
In Sachsen erhielt die AfD laut Hochrechnungen 30,2 bis 31,3 Prozent (2019: 27,5 Prozent) und lag damit hinter den Christdemokraten (CDU) von Ministerpräsident Michael Kretschmer mit 31,6 bis 31,9 Prozent (2019: 32,1 Prozent).
Dritter wurde auch hier das BSW, das zum ersten Mal antrat, mit 11,6 bis 12,0 Prozent. Die Linke sackte ab auf 4,0 bis 4,5 Prozent (2019: 10,4 Prozent).
Die in Sachsen traditionell schwache SPD landete bei 7,8 bis 8,4 Prozent (2019: 7,7 Prozent), die Grünen kamen auf 5,2 bis 5,4 Prozent (2019: 8,6 Prozent).
Laut ARD käme die AfD in Thüringen auf 30 Sitze, die CDU auf 24, das BSW auf 15, die Linke auf 12 und die SPD auf 7 Mandate. Da keine andere Partei mit der AfD zusammenarbeiten will, könnte sich die Regierungsbildung in Erfurt schwierig gestalten.
Die AfD hätte damit eine Sperrminorität von mehr als einem Drittel der 88 Mandate. Gegen sie wäre beispielsweise keine Verfassungsänderung mehr möglich.
In Sachsen hätte die CDU laut ARD 43 Sitze, die AfD 42, das BSW 16, die SPD 12 und die Grünen 7 Sitze. Sollten sich diese Verteilung bestätigen, dann könnte CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer seine seit 2019 bestehende Koalition mit SPD und Grünen fortsetzen.
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Landtagswahl in Thüringen - AfD-Wahlparty
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Thuringia state election
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State elections in Saxony
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AfD-Chef und Spitzenkandidat Höcke will Gespräche mit den anderen Parteien über eine Regierungsbeteiligung führen. Es sei gute parlamentarische Tradition, dass die stärkste Kraft nach einer Wahl zu Gesprächen einlädt, sagte er nach der ersten Prognose zur Landtagswahl in Thüringen.
Dagegen sieht Thüringens CDU-Chef Mario Voigt den Auftrag zur Regierungsbildung bei den Christdemokraten. "Wir begreifen das als CDU auch als Chance für den politischen Wechsel unter der Führung der CDU", sagte der 47-Jährige in Erfurt.
In Thüringen führt der Linken-Politiker Bodo Ramelow eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung mit SPD und Grünen als bisherigen Koalitionspartnern. Er war die vergangenen fünf Jahre auf die Unterstützung der CDU angewiesen. "Ich kann meinem Bundesland keine Minderheitsregierung empfehlen", hatte er vor der Wahl gesagt.
Die neuen Landtage müssen spätestens 30 Tage nach der Wahl zusammentreten. Die Wahl des Regierungschefs würde aber erst nach abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen auf der Tagesordnung stehen.
In den Abendstunden kamen auch Reaktionen aus- Österreich, genauer gesagt von Blau und Türkis. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker findet die "Stärkung der radikalen Ränder in Deutschland alarmierend". Er bezog sich in seiner Reaktion auch auf FPÖ-Chef Herbert Kickl, dem er attestierte, dass dieser den Menschen "das Blaue vom Himmel" verspreche.
Kickl selbst wiederum gratulierte der AfD zu historischen Wahlergebnissen. Der klare Sieg in Thüringen und das Kopf-an-Kopf-Rennen mit der CDU in Sachsen seien Ausdruck der Hoffnung auf einen Systemwechsel. "Die Systemparteien wurden massiv abgestraft", zeigte sich der FPÖ-Chef erfreut.