The Day of the Jackal - von dieser Pilotfolge hätte ich mehr erwartet
Stand: 07.11.2024, 15:17 Uhr
Von: Reinhard Prahl
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Eddie Redmayne in der Serie „The Day of the Jackal“ © Peacock, SkyDie britische Thrillerserie „The Day of the Jackal“ bei Sky nimmt sich der Adaption des gleichnamigen Romans von Frederick Forsythe an, schafft es aber aufgrund einer klischeehaften Auftragskiller-Antagonistin nicht, diesen in die moderne Zeit zu übertragen. Mehr dazu in unserem Review zu den ersten beiden Folgen.
Spoilerwarnung - diese Meldung kann Hinweise auf die Fortführung der Handlung enthalten!
Das passiert in den ersten zwei Folgen der Serie „The Day of the Jackal“Der Schakal (Eddie Redmayne) ist in The Day of the Jackal ein Auftragskiller erster Güte und hat gerade in München den rechtspopulistischen Kanzlerkandidaten Fest aus großer Entfernung eliminiert. Die deutschen Behörden suchen Hilfe beim MI-6, der zunächst aufgrund der Art der Ausführung der Tag ebenfalls ratlos ist. Nur die Beamtin Bianca (Lashana Lynch) versteht es, sich in den Killer hineinzuversetzen und die richtigen Fragen zu stellen. Das bringt sie auf die Spur eines genialen irischen Waffenherstellers, der aber seit 2018 auf der Flucht ist. Während der Schakal sich auf seinen nächsten Auftrag vorbereitet, beginnt in London die Suche nach Indizien und damit die Jagd nach ihm...
Nicht das OriginalWer mit der Adaption von „The Day of the Jackal“ bei Sky eine serielle Neuauflage des mehrfach ausgezeichneten gleichnamigen Thrillers von 1973 erwartet, könnte hierbei bitter enttäuscht werden. Dem seinerzeit mehrfach ausgezeichneten und heute längst als Klassiker geltenden Streifen gelang es über 145 Minuten hinweg, eine dichte Atmosphäre aufzubauen, in der sich Edward Fox in der Titelrolle ein nervenzerfetzendes Katz-und-Maus-Spiel mit Michael Lonsdale als Kommissar Claude Lebel lieferte. Davon sind die ersten 120 Minuten (was immerhin circa zwei Drittel des Originals entspricht) der Serienadaption leider weit entfernt.
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Zwar beginnt die Geschichte dank des kühlen Auftretens von Eddie Redmayne als Schakal interessant und actionreich, driftet dann aber schnell in eine langweilig inszenierte Exposition ab, die offenbar zur Streckung des Stoffs dient. Da fragt man sich unwillkürlich, wie sich das Format über die angepeilten zehn einstündigen Episoden weiterentwickeln wird, zumal der Originalroman als Hörbuch lediglich 14 Stunden in Anspruch nimmt.
Eine Antwort auf die nicht ganz unberechtigte Frage bietet der auch als Executive Producer fungierende Titelheldschauspielende an, der in mehreren Statements verlautbaren ließ, dass er den Stoff in die Moderne versetzen und mit einem neuen Kontext versehen will. Warum man dann aber nicht gleich ein - gerne auch vom Roman inspiriertes - Original entwickelt, erschließt sich hier jedenfalls nicht.
Eine neue JägerinEin großer Teil der von Redmayne erwähnten Modernisierung betrifft übrigens ausgerechnet die Figur des Schakaljägers Komissar Lebel. Dieser wurde in eine natürlich von ihren Kollegen unterschätzte MI-6-Mitarbeiterin verwandelt, die nach dem eingangs erwähnten Attentat auf Fest mehr oder weniger ungefragt in ein Meeting mit dem BND platzt. Selbstredend ist sie die Einzige, die die richtigen Fragen zur richtigen Zeit stellt und damit die Fahndung nach dem Schakal überhaupt erst ins Rollen bringt. Noch klischeehafter kann eine Figurenzeichnung indes kaum sein, was man der Entwicklung der Folge entsprechend anmerkt.
Eddie Redmayne als der Schakal in „The Day of the Jackal“ © Peacock, SkyWährend der Schakal von München nach Schweden reist, um mit dem nächsten potentiellen Auftraggeber zu reden, tritt man an England allerdings munter auf der Stelle. Die Serienmacher beschäftigen sich mit den Familienverhältnissen der Protagonistin, folgen ihr zur Arbeit und so weiter. Im Grunde genommen geschieht trotz spannungsgeschwängertem Score weder inhaltlich noch inszenatorisch irgendetwas Interessantes.
So oder so muss man schon zu Beginn der Serie sehr viel Geduld mitbringen, um der Geschichte um den Sniper und die Ermittlerin zu folgen. Das ist umso mehr schade, da das Intro durchaus einen angenehmen Retrocharme inklusive erinnerungswürdigem „James-Bond“-Titelsong versprüht. Genau davon hätte man sich mehr gewünscht: eine elegante, pfiffig und flott erzählte Story um einen skrupellosen, aber gleichzeitig feingeistigen, hochintelligenten Killer, dem ein ebenso kluger Ermittler auf den Fersen ist.
Stattdessen ist Bianca in ihrem Vorgehen von Karrieresucht und Egoismus geprägt und geht dafür sogar über die Leiche einer jungen Frau, wie sich zu Beginn von Episode zwei zeigt. Das macht die Hauptfigur zu einer höchst unsympathischen Frau, der man nicht gerne folgt. Beinahe wünscht man sich, der Schakal würde sie mit einem seiner 4000-Meter-Schüsse beseitigen und der Serie damit ein vorzeitiges Ende bescheren.
Hinzu kommt, dass man auch die Entscheidung von Biancas Chefin nicht nachvollziehen kann, die Beamtin trotz eines bitteren Fauxpas weiterhin ermitteln zu lassen, während ihr direkter Vorgesetzter sie am liebsten absägen würde. Inwiefern sie überhaupt für den Fall unverzichtbar ist, erschließt sich eigentlich nicht, es sei denn, sie wäre die einzige Waffenexpertin im ganzen britischen Geheimdienst. Das ist vollkommen überzogen und unglaubwürdig.
Leider ist eine derartige Figurenzeichnung in Zeiten der gnadenlosen Dehnung von narrativen Stoffen aber nicht mehr ungewöhnlich. Wenn man sonst nichts zu erzählen hat - und genau diesen Eindruck hinterlassen die ersten 120 Minuten -, muss man zwangsweise den Protagonisten mehr Raum einräumen, was Inkonsistenzen zur Folge hat.
Das trifft übrigens in gewisser Weise auch auf den Schakal selbst zu, dessen starker Auftritt zu Beginn der Serie bald in Vergessenheit gerät. Statt den Mann in Aktion zu zeigen, folgen wir ihm beim Adler-Beobachten oder dürfen einen Blick in sein Büro werfen, in welchem er gerade mit seiner Frau Nuria (Úrsula Corberó) schläft. All dies bringt die Story nicht nur in keiner Weise weiter, sondern zieht sich auch wie Kaugummi. Immerhin erfahren wir aber, wer das nächste Opfer des Berufsmörders ist und dürfen den Schakal einige Minuten bei Recherchen im Internet beobachten.
FazitWer die spannende Geschichte des Schakals stark inszeniert und gespielt sehen will und sich nicht vor Klassikern scheut, sollte lieber auf den von Fred Zinnemann gedrehten ausgezeichneten gleichnamigen Kinofilm von 1973 zurückgreifen. Der Streifen fängt die Charaktere und die Geschichte wesentlich besser ein und ist von der ersten bis zur letzten Minute spannend und kühl.
All das fehlt der seriellen Umsetzung in den ersten beiden Episoden. Der Killer ist nur zu Beginn wirklich interessant und die Jägerin kommt zum Serienstart besserwisserisch und egoistisch herüber. Die Kameraführung ist routiniert, aber auch uninspiriert und das anfangs schicke Tempo verfestigt sich bald bis hin zur Zähigkeit. Es gibt so viele gute Serien da draußen und viel zu wenig Zeit, sie alle zu sichten. Deshalb steht „The Day of the Jackal“ in meiner Watchlist nicht nur ganz unten, die Serie taucht dort erst gar nicht auf. Letztlich ist das aber natürlich auch reine Geschmackssache.
Daher vergeben wir dieses Mal zweieinhalb von fünf Punkten.