Hochansteckender Hautpilz breitet sich in Deutschland aus ...
Stand: 16.11.2024, 13:26 Uhr
Von: Romina Kunze
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Es beginnt mit einem Juckreiz und kann mit einer OP enden. In Deutschland greift ein schmerzhafter Pilz rasant um sich. Anzeichen sollten nicht ignoriert werden.
Kassel – Nicht nur die Atemwegserkrankungen grassieren in Deutschland. Seit einigen Wochen beobachten Ärzte immer mehr Patienten mit Hautproblemen. Dahinter steckt der hochansteckende Pilz Trichophyton mentagrophytes VII, auch Thailand-Pilz genannt. Werden erste Anzeichen entdeckt, sollte nicht gezögert werden und sich ärztlicher Rat eingeholt werden.
„Vom Ort abhängig“: In Großstädten ist die Pilz-Gefahr deutlich größerLebensgefährlich ist der Pilz nicht, wie Dermatologen im Gespräch mit der Apotheken-Umschau versichern. Aber zum einen schmerzhaft und im schlimmsten Fall mit heftigen Begleiterscheinungen verbunden. Und zum anderen extrem ansteckend. „Gerade in den letzten Monaten haben wir sehr viele Patienten mit diesen Infektionen in unserer Ambulanz gesehen“, sagte Dr. Julia Huynh gegenüber dem Gesundheitsmagazin im Spätsommer.
Meistens ist der Genitalbereich von dem Thailand-Pilz betroffen, aber nicht zwangsläufig. Auch andere Körperteile können von der hochansteckender Infektion betroffen sein. (Symbolfoto) © ImagoMeist habe sie mehrere Betroffene in der Woche, so die dermatologische Fachärztin an der Berliner Charité. „Allerdings ist das Auftreten sehr vom Ort abhängig. Wenn man wie ich in Berlin arbeitet, sieht man deutlich mehr Fälle als in ländlichen Gebieten“, so Huynh. Auch ihre Kollegen verzeichneten in den vergangene Wochen sprunghafte Anstiege von Fällen, primär in den Metropolregionen. Die tatsächliche Zahl an Infektionen könnte allerdings noch höher sein, da es keine Meldepflicht gebe.
Unschönes „Mitbringsel“ aus dem Urlaub: Gefahr der Pilz-Infektion besonders auf Reisen hochDie vielen Infektionsfälle hängen wohl auch mit dem Reisen zusammen. Erstmals wurde der Pilz in Europa bei Reiserückkehrern aus Thailand festgestellt, weshalb er auch den Beinamen trägt. 2015 hatte sich eine Frau aus Schweden dort mit dem Erreger infiziert und nach Europa gebracht. Im selben Jahr folgten mit Frankfurt am Main erste Fälle in Deutschland.
Es handele sich um einen „internationalen Pilz, der sich weltweit ausgebreitet“ habe, erklärt Hans-Jürgen Tietz vom Berufsverband der Deutschen Dermatologen gegenüber dem Focus. In Deutschland sei er längst endemisch – also längst etabliert.
Zwar ist der Thailand-Pilz der erste Hautpilz, der sexuell übertragbar ist, allerdings muss einer Infektion Geschlechtsverkehr nicht vorausgehen. „Auch nach Kreuzfahrten und Hotelbesuchen kann der Pilz auftreten“, berichtet Tietz. In Gästebetten könne sich der Pilz ebenso verbergen, wie in Handtüchern. Je mehr Menschen zusammenkommen, desto mehr steige auch das Infektionsrisiko. Doch: „Mittlerweile sehen wir überwiegend Patienten, die sich in Deutschland angesteckt haben“, so Dermatologin Huynh. In jüngerer Vergangenheit steckten sich viele Menschen bei Friseurbesuchen an.
Im schlimmsten Fall muss der Chirurg ran – Das sind die Symptome beim Thailand-PilzDementsprechend seien besonders der Genitalbereich betroffen, „aber auch andere Körperstellen“, so die Expertin der Charité. Wie bei den meisten Pilzen würde auch der Thailand-Pilz keine Organe befallen – eine seltene Ausnahme ist beispielsweise der Hefepilz Candida albicans, der auch die Herzklappe, das Gehirn, Milz oder Niere angreifen kann. Allerdings entstehen eitrige Hautinfektionen.
„Es kommt immer wieder zu ausgeprägten Entzündungen, die dann zu massiven Pusteln und zu ausgeprägten Fisteln führen“, erklärt Facharzt Norbert Brockmeyer der Apotheken Umschau. „Außerdem kann bei diesen sehr tiefen Infektionen auch Fieber auftreten. Dann kann eine stationäre Aufnahme notwendig werden. Und in Einzelfällen auch ein operatives Vorgehen, wenn man die Fisteln spalten muss, damit der Eiter, der sich gebildet hat, besser abfließen kann“, sagt Brockmeyer. Einige Patienten hätten so starke Schmerzen, dass sie nicht mehr richtig sitzen könnten.
Die Experten mahnen, die Infektion nicht zu unterschätzen. Die ersten Anzeichen sollten medizinisch abgeklärt werden. Besonders markant seien die rötlichen und kreisrunden Ausschläge auf der Haut. Ein Juckreiz könne auch ein frühes Indiz für die Pilz-Erkrankung sein. Die Experten listen folgende Symptome auf:
Rötungen über kreisrunde HautausschlägeJuckreizEitrige WundenAbzesseGeschwollene LymphknotenFieberSchmerzen – besonders beim SitzenVerwechslungsgefahr mit bakteriellem Infekt macht Behandlung von Thailand-Pilz langwierigDie Behandlung kann langwierig sein und erfordert spezielle Tabletten, sogenannte Antimykotika. Eine oberflächliche Medikation durch Salben reiche meist nicht aus. „Da Trichophyton mentagrophytes VII eine tiefe Pilzinfektion verursacht, muss man ihn in der Regel mit Tabletten behandeln“, sagt Dr. Huynh. Über mehrere Monate könne sich die medikamentöse Behandlung ziehen. Dennoch seien die Heilungschancen sehr gut – etwaige Resistenzen auf die Medikamente wurden bislang noch nicht beobachtet.
Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren RedakteurInnen leider nicht beantwortet werden.
Um schwere Verläufe zu vermeiden, müsse die Infektion laut Dr. Julia Huynh diagnostiziert werden. „Das Problem ist, dass der Pilz oft übersehen wird“, sagt Dr. Huynh. Dann werden die Patienten mit Antibiotika behandelt und alle wundern sich, dass sie nicht auf die Therapie ansprechen. „Weil der Pilz so ausgeprägt eitrig ist, wird er leider häufig mit bakteriellen Infektionen verwechselt.“ (rku)