Taiwan: China verschärft Einschüchterungsversuche

2 Tage vor

Taiwan

Als erneute Drohung Richtung Taiwan hat China am Montag eine großangelegte Militärübung rund um die Inselrepublik abgehalten. Das chinesische Militär sprach von einer ernsten Warnung an die „separatistischen“ Kräfte Taiwans. Unterdessen wurden in einer chinesischen Foxconn-Fabrik vier Arbeiter aus Taiwan unter „recht merkwürdigen“ Umständen verhaftet, wie es aus Taipeh hieß.

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Online seit heute, 20.21 Uhr

Der chinesische staatliche Sender CCTV veröffentlichte am Montag eine Karte, die mehrere große rote Blöcke rund um Taiwan zeigte. In diesen Gebieten sollen die Übungen stattgefunden haben. Am Abend (Ortszeit) hieß es in einer Mitteilung, „das PLA Eastern Theater Command hat die ‚Joint Sword-2024B‘-Übung erfolgreich abgeschlossen und die integrierten gemeinsamen Operationsfähigkeiten seiner Truppen vollständig getestet“.

Unter anderem hätten die Truppen für einen „Angriff auf Ziele auf dem Meer und an Land“ trainiert. Parallel dazu nahmen nach Angaben Pekings vier Schiffsverbände der Küstenwache „Inspektionen“ rund um Taiwan vor. Auf einer Grafik der Küstenwache wurde dargestellt, wie die vier Verbände Taiwan einkreisen und sich gegen den Uhrzeigersinn rund um die Insel bewegen. Taiwanischen Angaben zufolge drangen Schiffe dabei kurzzeitig in eine Sperrzone in den Gewässern vor der Insel ein.

„Joint Sword-2024B“ wurde erfolgreich beendet, ließ Peking wissen Zweites Manöver binnen weniger Monate

Es war bereits Chinas viertes großangelegtes Militärmanöver rund um Taiwan binnen zwei Jahren, das letzte fand erst im Mai statt. Die Übungen stünden „im Einklang mit dem auf dem Ein-China-Grundsatz basierenden Gesetz“, sagte der chinesische Küstenwachesprecher Liu Dejun. Das taiwanische Verteidigungsministerium verurteilte das Militärmanöver als „irrationales und provozierendes Verhalten“ Pekings. Als Reaktion habe es „angemessene Truppen“ aktiviert, „um Freiheit und Demokratie zu schützen und die Souveränität (Taiwans, Anm.) zu verteidigen“.

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Die Insel ist unter dem Namen Republik China zwar seit 1949 selbstverwaltet, wird heute jedoch aus Rücksicht auf die Volksrepublik China nur noch von wenigen Staaten als unabhängig anerkannt. Peking droht schon lange offen damit, die mehr als 23 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zählende Insel und das Festland notfalls auch mit militärischer Gewalt zu vereinen.

Die roten Blöcke markieren die Gebiete, wo die Übungen stattfanden Präsidentenrede als Auslöser

Der Druck nahm zuletzt wieder zu, nachdem im Jänner mit Lai Ching-te erneut ein China-Kritiker die Präsidentschaftswahl in Taiwan gewonnen hatte. Die Kommunistische Partei in Peking wirft Lai und seiner Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) Separatismus vor.

Bei den Übungen dürfte es sich um eine Reaktion auf eine Rede Lais zum taiwanischen Nationalfeiertag am 10. Oktober handeln. In der Rede hatte der Präsident Taiwans bekräftigt, er werde werde sich einer „Annexion“ durch Peking widersetzen. Er betonte, Taiwan sei China nicht „untergeordnet“. China warnte daraufhin, Lais „Provokationen“ würden zu einer „Katastrophe“ für das taiwanische Volk führen.

Die mit Taiwan verbündeten USA bezeichneten die Übung des chinesischen Militärs als „unberechtigt“ und warnten vor einer Eskalation. Zudem riefen sie Peking auf, Zurückhaltung zu üben. Eine Sprecherin des EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderte ebenfalls „alle Parteien dazu auf, Zurückhaltung zu üben“ und „alle Handlungen zu vermeiden, welche die Spannungen auf beiden Seiten der Straße (von Taiwan, Anm.) verschärfen könnten“.

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Taiwanische Foxconn-Mitarbeiter in China verhaftet

Unterdessen wurden Ende vergangener Woche vier taiwanische Mitarbeiter einer chinesischen Fabrik, die Produkte für Apple herstellt, von den örtlichen Behörden festgenommen, wie das „Wall Street Journal“ und die „New York Times“ berichteten. Die Angestellten arbeiteten in einem von der taiwanischen Foxconn Technology Group betriebenen Komplex in Zhengzhou und wurden eines Vergehens beschuldigt, das mit Vertrauensbruch vergleichbar sei.

Foxconn spielt eine zentrale Rolle bei der Herstellung von iPhones und anderen Produkten für Apple

Die Straits Exchange Foundation, eine halbamtliche Organisation in Taiwan, die sich um die Beziehungen zum chinesischen Festland kümmert, zitierte Foxconn mit den Worten, das Unternehmen habe durch die Handlungen der Mitarbeiter keinen finanziellen Schaden erlitten. Der Rat bezeichnete die Anschuldigungen als bizarr, die Umstände seien „recht merkwürdig“. Er forderte die chinesischen Behörden auf, eine rasche und transparente Untersuchung der Angelegenheit durchzuführen.

Todesstrafe für „Unabhängigkeitsfanatiker“

Der Schritt erfolgte, nachdem China Mitte des Jahres neue Regeln für Personen angekündigt hatte, die es als „taiwanesische Unabhängigkeitsfanatiker“ bezeichnet und denen es die Todesstrafe in Aussicht stellt. Aus taiwanischen Regierungskreisen hieß es, die Maßnahmen würden „viele Menschen aus Taiwan, die in der Volksrepublik arbeiten“, bedrohen.

Taiwan hat seine Bürgerinnen und Bürger wiederholt gewarnt, sich der potenziellen Gefahren eines Aufenthalts in China bewusst zu sein. Seit Jahresbeginn soll es laut Straits Exchange Foundation 77 Fälle gegeben haben, in denen Taiwaner auf dem chinesischen Festland verschwunden sind, meist im Zusammenhang mit Betrugsvorwürfen.

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