Auch in Deutschland zu spüren: Rekordverdächtiger Sturm rollt auf ...

31 Jan 2024
Auch in Deutschland zu spüren Rekordverdächtiger Sturm rollt auf Norwegen zu

Von Paul Heger 31.01.2024, 16:09 Uhr Artikel anhören

Sturm Norwegen - Figure 1
Foto n-tv NACHRICHTEN

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Orkan Dagmar hat Norwegen zuletzt mit unglaublichen Windböen von örtlich über 200 km/h getroffen. Nun erreicht ein noch bedrohlicherer Orkan das Land - mancherorts besteht Lebensgefahr. Das wirkt sich auch auf das Wetter in Deutschland aus.

Im Herbst und im Winter herrscht klassischerweise Sturmsaison am Atlantik. Das Wasser besitzt aus dem vorangegangenen Sommer noch halbwegs viel Wärme, während eisige Luft aus polaren Regionen versucht, darüber nach Süden zu strömen. Durch diese Kontraste bilden sich riesige Sturmtiefs, welche gewaltige Energiemengen freisetzen - einen großen Teil in Form von Wind.

Am vergangenen Wochenende zog Orkan Dagmar über den Nordatlantik in Richtung Norwegische See und erreichte Norwegen mit Orkanböen. In der Nacht auf Montag zog das Tief weiter in Richtung Nordkap. 222 km/h war der Spitzenwert, gemessen an der Station auf dem Sluskfjellet, einem gut 400 Meter hohen Berg auf der Insel Sørøya. Auch andere exponierte Wetterstationen weiter südlich meldeten Windgeschwindigkeiten von 160 bis knapp 200 Kilometer pro Stunde. In den Tälern war es nur etwas weniger.

Heftige Schäden durch Winter-Orkan in Nordeuropa

Die norwegischen Behörden warnten vorab vor Lebensgefahr - und sollten Recht behalten. Boote wurden aufs Land geschleudert, Dächer abgedeckt, teils wurden sogar ganze Häuser zerstört. Das Stromnetz ist zeitweise zusammengebrochen. Gleiches galt für den Luft-, Schiffs- und Schienenverkehr.

Mit dem Sturm Dagmar wurde erneut sehr milde Luft bis weit in den Norden transportiert. Vom eisig-kalten Winter, mit Temperaturen um minus 30 Grad in weiten Teilen Skandinaviens, ist nicht viel übriggeblieben. So gab und gibt es Tauwetter inklusive großer Schnee- und Regenmengen. Die Lawinengefahr ist stark erhöht. Lawinen verschütteten wichtige Zufahrtsstraßen, womit manche Regionen von der Außenwelt abgeschnitten waren. Doch kaum hat sich die Lage gebessert, kommt nun der nächste Sturm.

Orkan Ingunn ist rekordverdächtig

Orkan Ingunn, in Deutschland Tief Margit genannt, hat von Dienstagabend bis Mittwochmittag bereits von Schottland bis Norwegen für Böen jenseits der 100 Kilometer pro Stunde gesorgt. Im schottischen Hochland - bekannt für atemberaubende Windgeschwindigkeiten - waren es zur Mittagszeit teils über 170 Kilometer pro Stunde.

Sturm Norwegen - Figure 2
Foto n-tv NACHRICHTEN

Sturm Ingunn könnte in Teilen Norwegens Verwüstungen anrichten.

In Norwegen gab es zwischen beiden Stürmen zunächst eine Beruhigung. Zur Mittagszeit wurden im Bezirk Vestland an exponierten Stellen bereits bis über 130 Kilometer pro Stunde gemessen. Hier steht die Wetterstation Kråkenes fyr, ein Leuchtturm an der westlichen Spitze der Insel Vågsøy, welcher als windigster Ort Norwegens gilt. Bestätigt sind aus dem Januar 2016 Böen bis 223 Kilometer pro Stunde und ein 10-Minuten-Mittelwind von unglaublichen 176 Kilometer pro Stunde. Das entspricht in etwa der Wucht eines Hurrikans der Kategorie 3 bis 4.

Die Stärke von Ingunn könnte lokal in ähnliche Richtungen gehen. Der Orkan zieht mit den stärksten Böen aktuell weiter nördlich über die angrenzende Region Trøndelag, in der beispielsweise die bei Touristen beliebte Stadt Ålesund liegt. Am Abend und in der Nacht arbeitet sich Ingunn weiter über das Nordland mit der Stadt Bodø bis zu den Lofoten-Inseln. In diesem rund 1000 km langen Streifen sind Spitzenböen zwischen 150 und 180, örtlich bis zu 200 Kilometer pro Stunde möglich. An exponierten Orten wie an Steilküsten, auf Bergen oder in ungünstig liegenden Tälern sind sogar über 200 Kilometer pro Stunde möglich - das ist rekordverdächtig.

Orkan Ingunn könnte neuer Jahrhundertsturm werden

Ein in Erinnerung bleibender Sturm drückt sich selten nur durch die höchsten Windgeschwindigkeiten aus. Vielmehr sind die Schäden relevant. Sturm Dagmar gab zu Wochenbeginn einen Vorgeschmack. Der Schwerpunkt von Ingunn wird nun südlicher liegen. In diesen Regionen leben deutlich mehr Menschen und die Gefährlichkeit des Sturms dürfte eine ganz andere sein.

Im norwegischen Staatsfernsehen NRK wird Sturm Ingunn längst mit dem Neujahrssturm 1992 verglichen. Damals gab es ähnlich hohe Windgeschwindigkeiten in den ähnlichen Bezirken von Vestland bis nach Nordland. Einige Menschen verloren Haus, Hab und Gut. Jetzt ist man hier besonders besorgt, dass sich diese Geschichte wiederholt und Ingunn ein neuer Jahrhundertsturm werden könnte. Um die Gefahr möglichst gering zu halten, wurden vorsorglich Schulen und öffentliche Einrichtungen geschlossen sowie die Bevölkerung umfangreich informiert. Niemand solle die Häuser verlassen, da draußen Lebensgefahr bestünde, so das Staatsfernsehen NRK am Morgen.

Deutschland rutscht ins Visier der Stürme

Skandinavien ist weniger weit weg, als manche vielleicht denken. Das gilt besonders für Wettersysteme, die uns von dort mühelos binnen eines Tages erreichen können. Die Frostluft Schwedens bescherte uns zuletzt im Januar eisige Zeiten. Und so sehen wir aktuell bereits immer mehr Wolken, Regenfälle und zunehmend windige Verhältnisse bei uns in Deutschland. Tatsächlich sind das die gleichen Tiefdruckgebiete.

Von Mittwochabend bis Donnerstagabend zieht die Kaltfront von Orkan Ingunn, bei uns Tief Margit, bis in den Süden Deutschlands und bringt nicht nur Regen und eine Abkühlung, sondern auch kräftige Böen. An den Küsten kommt es zu einzelnen Sturmböen um 80, örtlich 90 Kilometer pro Stunde. In den exponierten Lagen der Mittelgebirge sind orkanartige Böen um 110 km/h möglich.

Nach einer kleinen Pause wird es am Wochenende erneut stürmischer. Am Sonntag gibt es wohl häufig Sturmböen um 80 Kilometer pro Stunde an den Küsten, in der Nacht zu Montag auch im norddeutschen Binnenland. Die Berge können mit Orkanböen um 130 km/h rechnen. Damit sind die Böen weit von denen in Norwegen entfern, aber bei umstürzenden Gerüsten oder herabfallenden Ästen nicht zu vernachlässigen. Das stürmische Wetter dürfte sich bis in die kommende Woche fortsetzen.

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