Der Krimi aus Österreich wird immer mehr zur Marke, von regionalen Mordschmankerln bis zu internationalen Thrillern ist alles dabei.
Die Wirtschaft mag schwächeln, doch „Mord made in Austria“ hat Hochkonjunktur. Den Appetit der mordlüsternen Leser regt die erstaunliche Vielfalt an, von regionalen Krimis mit hohem Schmankerlfaktor bis zu internationalen Fünf-Sterne-Thrillern, von historischer Qualitätskost bis zu psychologischer Spannung mit Biss. Ein Degustationsmenü mit Neuerscheinungen.
Die Stinatz-Krimis von Kabarettist Thomas Stipsits verkaufen sich wie die warmen Pogatscherl. Mit seinem jüngsten Roman, „Allerheiligen-Fiasko“, ist Stipsits allerdings eher auf der Schmalspur unterwegs, und das nicht nur, weil es der Krimi, inklusive Rezept und Fragen an den Autor, gerade einmal auf 176 Seiten bringt. Wie immer inspiriert von seiner Großmutter Anna, lässt Stipsits seinen tollpatschigen, Käsepappeltee trinkenden Inspektor Sifkovits im Falle eines verdächtigen Selbstmordes ermitteln, und das zu Allerheiligen, quasi „der Opernball von Stinatz“. Kleiner Trost für Fans: Am 28. Oktober zeigt der ORF die Verfilmung von Stipsits’ Krimidebüt „Kopftuchmafia“.
Thomas Raab meldet sich nach längerer Pause mit einer der bekanntesten österreichischen Krimifiguren zurück: Restaurator Metzger und seine resolute Gattin Danjela leben jetzt in einer Kleingartensiedlung, die Idylle zwischen Thujenhecken und Gartenzwergen ist natürlich nur eine vermeintliche: Bald schon schwimmt eine Nachbarin tot im aufblasbaren Whirlpool und der Metzger gräbt das eine oder andere Geheimnis der Kleingärtner aus. Der zehnte Metzger-Fall, „Der Metzger gräbt um“, ist ein Raab-Krimi im besten Sinne: schräge und doch lebensnahe Charaktere, eine wunderbar skurrile Geschichte, in der sich neben viel Schmäh auch nachdenkliche Momente ausgehen.
Düsteres aus der SteiermarkDüsterer geht es in Graz zu. Vor Kurzem wurde der Film „Trost und Rath“ im TV gezeigt, dessen Drehbuch auf dem Krimi „Der Tod tanzt in Graz“ von Robert Preis basiert. Im neunten Band, „Die rauen Nächte von Graz“, jagt Sonderermittler Armin Trost einen Serienmörder, der Frauen grausam tötet. Der Text ist dicht, es wird nicht jedes Detail erwähnt, vieles erschließt sich aus dem Subtext.
Eines steht schon kurz nach Erscheinen seines mittlerweile achten Thrillers um das Ermittlerduo Maarten S. Sneijder und Sabine Nemez fest: Andreas Gruber wird auch mit „Todesspur“ die internationale Erfolgsspur nicht verlassen. Gruber mag nicht so bekannt sein wie Bernhard Aichner, der zuletzt mit „Yoko“ fesselte, oder Marc Elsberg („Blackout“), aber seine Fangemeinde ist groß und loyal. Diesmal gilt es eine Anschlagsserie der nächsten Generation der Terrorgruppe RAF zu verhindern.
Österreichs Krimiautorinnen zeigen, dass Frauen mit mehr Wassern gewaschen sind als nur mit Eau de Victime. Theresa Prammer lässt ihr ungleiches Duo, Ex-Polizist Edgar Brehm und Schauspielschülerin Toni Lorenz, in „Falsche Masken“ im Fall der Schauspielerin Julia Didier ermitteln, die im Fernsehen den Mord an ihrem Mann gestanden hat. Brehm und Lorenz tauchen tief in die Welt des Theaters ein, wo das Drama nicht auf die Bühne beschränkt ist. Prammers komplexe Handlungsebenen greifen mühelos ineinander, ihre Hauptfiguren wachsen den Leserinnen schnell ans Herz. Sehr spannend, gut geschrieben.
In Österreich schaut man tendenziell lieber zurück als nach vorn, woraus sich wohl die hohe Dichte und Qualität an historischen Krimis erklärt. Autorin Alex Beer zeigt in „Die weiße Stunde“ Wien im April 1923: eine Stadt zwischen unbewältigter Vergangenheit und drängender Moderne, wirtschaftlichem Elend und politischen Spannungen. Mittendrin Kriminalinspektor August Emmerich von der Abteilung Leib und Leben, der unter Druck steht, eine brutale Mordserie an Frauen aufzuklären. Alex Beer bietet feine Krimi-Kost nach bewährtem Rezept, gewürzt mit vielen historischen Fakten.
Thomas Stipsits: „Allerheiligen-Fiasko“, Carl-Ueberreuter-Verlag, 176 Seiten, 18,50 Euro
Thomas Raab: „Der Metzger gräbt um“, Haymon-Verlag, 280 Seiten, 18,50 Euro
Robert Preis: „Die rauen Nächte von Graz“, Emons-Verlag, 238 Seiten, 14,95 Euro
Theresa Prammer: „Falsche Masken“, Haymon-Verlag, 407 Seiten, 18,50 Euro
Andreas Gruber: „Todesspur“, Goldmann-Verlag, 620 Seiten, 13,95 Euro
Alex Beer: „Die weiße Stunde“, Limes-Verlag, 365 Seiten, 23,50 Euro