Ökonom Schulmeister teilt vor Gedenktag antisemitische Postings
Ökonom Stephan Schulmeister ist kein Unbekannter. Der 77-Jährige war von 1972 bis 2012 beim WIFO tätig. Sein Buch "Der Weg zur Prosperität" hat ihm unter anderem 2018 den "Bruno-Kreisky-Preise für das politische Buch" eingebracht. Als Kritiker des "Neoliberalismus" wird Schulmeister insbesondere im wirtschaftspolitisch linken Spektrum geschätzt.
So postete die SPÖ kurz vor der Wahl auf sämtlichen Social-Media-Kanälen ein Video, in dem Schulmeister das Wirtschaftsprogramm von Parteichef Andreas Babler ausdrücklich lobt. Auch in SPÖ-Medium Kontrast wurde breit über seine Analyse berichtet. Kurzum: Schulmeister ist kein Mitglied der SPÖ, gehörte nicht in Bablers Expertenrat, gilt aber gemeinhin als SPÖ-nahe.
Gegenüber der Presse wies die Bundespartei am Sonntag eine Verbindung Schulmeisters zur SPÖ zurück. Dass sie das tun musste, hatte einen unangenehmen Grund: Schulmeister, der bereits vergangenen Herbst harte Kritik an Israels Kriegsführung im Gaza äußerte, erreichte in den vergangenen Tagen quasi die nächste Eskalationsstufe.
Kurz vor dem 7. Oktober, also dem Gedenktag des Hamas-Angriffs auf Israel vor einem Jahr, begann Schulmeister im Minutentakt antiisraelische und antisemitische Postings zu teilen. Etwa ein Meme des rechtsextremen Verschwörungstheoretikers Jake Shields, das einen weinenden Juden zeigt. Die Beschriftung, in Bezug auf den 7. Oktober: "Nachdem wir ihr Land gestohlen und ihre Kinder getötet haben, leisteten sie Widerstand. Verdammte Terroristen."
Ein weiteres Posting, das Schulmeister teilte, unterstellt Israel, im Nahen Osten eine ähnliche Strategie wie einst die Nationalsozialisten in Europa zu verfolgen. "Unterstelle der anderen Seite, wessen du dich selbst schuldig gemacht hast", steht auf einem Foto von Joseph Goebbels.
Dazwischen verbreitete der Ökonom die Verschwörungstheorie, dass Israels aktuelle Regierung um Premier Benjamin Netanjahu ein Großisrael anstrebe, das auch Gebietsansprüche auf Teile des Libanons, Ägyptens oder Syriens erhebt. Auch altbekannte Postings mit Fake News – wie einer vermeintlich auf offener Straße erschossenen Palästinenserin – fanden Eingang in Schulmeisters Nachrichten-Feed.
Wenig überraschend fielen die Reaktionen sehr heftig aus. Anhänger Schulmeisters vermuteten zuerst, dessen Account sei gehackt worden. Bin Guttmann, Vorstandsmitglied des Jewish World Congress, bezeichnete ihn wie viele andere als "Antisemiten". Daniel Kosak, Pressesprecher von Bundeskanzler Karl Nehammer meinte, Schulmeisters Postings seien "wirklich schwer zu ertragen" und "antisemitischer Dreck".
Schulmeister entschuldigte sich lediglich für das Teilen des Goebbels-Fotos. Er rechtfertigte sich am Sonntag noch einmal in einer "persönlichen Erklärung" auf X. Er versuche die Konflikte im Nahen Osten eben "als systemisch" zu begreifen und die Geschichte mit den Augen Palästinas seit 1897 zu sehen. "Macht und Ohnmacht" würden immer ungleicher verteilt, urteilte Schulmeister. Und in solchen Fälle drohe eben "die Gefahr ganz großer Verbrechen" - wie etwa dem Holocaust.
"Allen wünsch' ich einen bedächtigen Sonntag, den Besitzern der Wahrheit und den Zweiflern auch", schrieb Schulmeister. Danach teilte er wieder Analysen, die Israel einen "Genozid" im Gaza-Streifen vorwerfen und das Vorgehen von Israels Armee mit dem Holocaust vergleichen.