Fußball-Bundesliga: Bayern gewinnt 1:0 auf St. Pauli
Immerhin verriet Jamal Musiala später, Schüsse aus der Entfernung trainieren zu würden – einem derart begabten Spieler wäre ja auch zuzutrauen, dass ihm solch eine Fähigkeit einfach zufliegt. Es war die prägende Szene eines ausgeglichenen Spiels ohne die ganz großen Höhepunkte, wie Musiala den Ball in der 22. Minute aus 30 Metern in Richtung Tor des FC St. Pauli feuerte – und mit 107 Kilometern in der Stunde traf.
Der spektakuläre siebte Saisontreffer Musialas spendierte den Bayern letztlich einen 1:0-Sieg im fünften Spiel nacheinander ohne Gegentreffer. Effizient, spektakel-frei gewann der Tabellenführer am Samstagnachmittag vor ausverkauften Haus am Millerntor bei einem Aufsteiger, der überzeugend und konzentriert verteidigte, vorne aber dem Bayern-Gehäuse bis auf ein, zwei Szenen kaum nah kam.
So blieb es Musialas Vergnügen, wie beim 1:0 am Mittwoch in der Champions League gegen Benfica Lissabon für den nächsten Erfolg der Münchner zu sorgen – auf ihn und seine Spielfreude ist Verlass: „Ich habe zuletzt alle meine Tore immer im Strafraum gemacht, deswegen habe ich im Training geübt, aus der Distanz zu schießen“, sagte Musiala. Geübt, getan – St. Paulis Torwart Nikola Vasilj hatte gegen diesen Schuss jedenfalls keine Abwehrmöglichkeit.
„Nach vorn hat einiges gefehlt“
So gewannen die Bayern am Ende in Hamburg, erarbeiteten sich ihren fünften Auswärtssieg und gehen entspannt in die Länderspielpause. Viel Musiala, wenig Bayern – während einer seine Galaform der vergangenen Wochen und Monate unterstrich, erfüllten seine Nebenleute ihre Aufgaben pflichtbewusst, ohne zu glänzen. Das hatte Trainer Vincent Kompany gefallen: „Es war ein schwieriger Moment zu spielen, weil wir erst Mittwoch im Einsatz waren. Ich finde, wir sind die ganze Zeit ruhig geblieben und haben dieses Spiel gegen einen kompakten, taktisch starken Gegner gemanagt. Wir haben gut verteidigt, aber im Spiel nach vorn hat einiges gefehlt.“
Der FC St. Pauli bleibt im heimischen Stadion ohne Tor, hatte im fünften Anlauf aber nicht enttäuscht, wobei Verteidiger Hauke Wahl richtigerweise sagte: „Knapp verloren ist auch verloren. Wir haben durchgehend stark verteidigt und hätten mehr verdient gehabt.“
Bei den Bayern kam an diesem grauen, kalten Novembernachmittag erstmals Leon Goretzka in der Startelf zum Einsatz. Dem Mittelfeldspieler war anzumerken, dass er Spielpraxis sucht; einige Fehlpässe und Stellungsfehler unterliefen ihm. Trotzdem lobte Kompany: „Leon hatte keinen einfachen Sommer, ist aber immer drangeblieben. Er hat der Mannschaft heute Frische verliehen.“
Während im Hintergrund auf dem Heiligengeistfeld der Winterdom die Menschen anzog und mit der „Geisterfabrik“ und Überschlag-Fahrgeschäften hell erleuchtet lockte, blieb die Unterhaltung auf dem Rasen überschaubar. Bayern war am Ball, St. Pauli positionierte sich in der eigenen Hälfte, wehrte konzentriert ab, verpasst bei den wenigen Ballgewinnen auf dem Weg nach vorn aber häufig den richtigen Moment oder war personell in Unterzahl.
Doch nach Eckbällen, von Eric Smith immer gefährlich hereingegeben, wirkten die Bayern selten auf der Höhe. Der Schuss von Karol Mets übers Tor war beste Chance der Hamburger (29. Minute). In der zweiten Halbzeit hatten die Bayern vieles im Griff. St. Pauli ist in dieser Saison schon zweimal zuhause ausgekontert worden (von Heidenheim und Mainz), das sollte diesmal nicht malheuren.
Langeweile machte sich Mitte der zweiten Hälfte breit. Erst in der 75. Minute kam der FCB durch Goretzka zur nächsten Annäherung; dann stand Leroy Sané zweimal kurz vor dem 2:0 – der starke Vasilj wehrte ab (75./76.). Musiala fiel so spät in der Partie nur noch durch erstaunlich abgehobene Allüren Richtung Gegner und Schiedsrichter auf.
St. Pauli ließ die vorsichtige Haltung ab der 80. Minute fahren, wie von Trainer Alexander Blessin verlangt, und es wurde noch ein, zweimal hektisch im Bayern-Strafraum. Die wiederum hätten bei zwei Kontern erhöhen können: Doch der diesmal unauffällige Harry Kane verpasste seinen zwölften Saisontreffer.
Wie zufrieden die Bayern mit dem minimalistischen Sieg, bewies der enge Jubelkreis, in dessen Inneren der spät eingewechselte Thomas Müller vor den mitgereisten Anhängern feixte. In der Pause hatten die befreundeten Fan-Lager für bewegende Moment gesorgt, als sie Plakate in die Höhe hielten, die am Jahrestag der Reichspogromnacht (9. November 1938) gegen das Vergessen aufriefen.