„Focus“: Helga Kohler-Spiegel: Märchen entdecken
„Focus“
Kurz vor Weihnachten, in einer Zeit, in der man ohnehin in Kindheitserinnerungen schwelgt, taucht „Focus“ in die Welt der Märchen ein. Prof. Dr. Helga Kohler-Spiegel spricht über „Es war einmal – Märchen entdecken, verstehen und deuten“.
Online seit gestern, 12.47 Uhr
Helga Kohler-Spiegel studierte römisch-katholische Theologie und Pädagogik an der Universität Salzburg. Sie ist Hochschulprofessorin für Human- und Bildungswissenschaften an der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg, Psychotherapeutin und Lehrtherapeutin, Psychoanalytikerin, (Lehr)Supervisorin und Führungscoach. 2016 erhielt sie den Würdigungspreis des Vorarlberger Wissenschaftspreises. Der Vortrag wurde in der Reihe „Wissen fürs Leben“ in der Arbeiterkammer in Feldkirch aufgenommen.
Kurz vor Weihnachten, in einer Zeit, in der man ohnehin in Kindheitserinnerungen schwelgt, taucht „Focus“ ein in die Welt der Märchen. Märchen ziehen einen schnell in ihren Bann. Obwohl oder gerade weil die zeitlosen Erzählungen eine Welt des Schwarz-Weiß-Denkens eröffnen. Die Guten sind dort schön und eben gut, die Bösen fürchterlich hässlich und böse. Was sonst?! Als Kind bot uns diese klar eingeteilte Märchenwelt eine wichtige Orientierung.
Der Theologin und Pädagogin Helga Kohler-Spiegel geht es vor allem um Volksmärchen, wie sie überall auf der Welt erzählt wurden. Volksmärchen, die im deutschsprachigen Raum vor allem durch die berühmte Sammlung der Gebrüder Jacob und Wilhelm Grimm aus dem frühen 19. Jahrhundert bekannt sind.
Märchen bewirken laut Forschung Positives: Laut einer Studie von Renate Keller stärken Märchen die psychische Widerstandsfähigkeit des Menschen. Vor allem das positive Ende stützt immer wieder die Zuversicht und die Schutzfaktoren. Ein weitere Studie von die Doris Spindelberger vor 2023 zeigt, dass Märchen Kindern helfen schwierige Erfahrungen zu verarbeiten.
Zugang zu seinem UnterbewusstseinGenerell helfen Märchen, das Leben und die Welt vielleicht etwas besser zu verstehen. Die Psychoanalytikerin Helga Kohler-Spiegel zeigt zudem auf, dass Märchen bestens dazu geeignet sind, im Sinne Sigmund Freuds einen Zugang zu seinem Unterbewusstsein zu finden. Die sogenannte freie Assoziation ist laut Kohler-Spiegel der Königsweg, um diesem Unbewussten etwas näher zu kommen, in Träumen und eben auch in Märchen.
Es ermöglicht uns in den Bildern neben dem inhaltlichen Aspekt auch die individuelle Deutung aufzunehmen. Das Märchen schildert so notwendige Prozesse der Selbstwerdung, der Selbstfindung.Obwohl Volksmärchen einst unter Erwachsenen weitererzählt wurden, haben sie eine pädagogische Funktion für Kinder entwickelt, aber auch für Erwachsene, wie Frau Professor Helga Kohler Spiegel ausführt.
Hoffnungsgeschichten und MutgeschichtenDie Heldin, der Held, findet im Märchen ihre/seine Lösung, dass es dann wieder gut ist. Es fördert die Identitätsentwicklung und das Finden von dem, was ich wirklich bin.
„Focus“ – Themen fürs Leben bei ORF Radio Vorarlberg, 21. Dezember 2024, 13.00 bis 14.00 Uhr
Märchen sind Vertrauensgeschichten, Hoffnungsgeschichten und Mutgeschichten. Das gute Ende macht nämlich immer wieder sichtbar, dass etwas gelingen kann. Es kann gelingen, das eigene Wesen zu entwickeln. Es kann möglich sein, zuhause anzukommen oder in der Hochzeit. Das sind die seligen Bilder am Ende der Märchen, in denen der Mensch glücklich ist.