Jannik Sinner ist erstmals in seiner Karriere die Nummer eins der Tenniswelt – und sorgt für einen Meilenstein für ganz Italien. Warum der aktuelle Höhenflug des Südtirolers möglich wurde.
Erst 22, aber schon die Nummer eins der Tennis-Welt: Jannik Sinner wird ab Montag mit einem besonderen Gefühl den Blick auf die ATP-Rangliste werfen. Als 29. Spieler wird er die Wertung anführen, einem Italiener ist dieses Kunststück zuvor noch nie gelungen. „Die Nummer eins vor deinem Namen zu sehen, ist super“, betonte der Südtiroler nach seinem Halbfinaleinzug bei den French Open am Dienstag. Mit harter Arbeit hat sich Sinner den Weg an die Spitze geebnet.
„Ich habe viel investiert in den Sport, viel trainiert, das ist das beste Resultat, das du haben kannst“, verlautete Sinner. Es habe sich der Traum eines jeden Tennisspielers erfüllt. „Das bedeutet mir natürlich sehr viel.“ Doch auch für Italien hat der Triumph eine große Bedeutung. Vergangenes Jahr hatte Sinner Österreichs Nachbarland bereits zum Titel im Davis Cup geführt, nun sorgt er für noch größere Schlagzeilen. „Es ist großartig für Italien.“ Er sei froh, Teil dieses Meilensteins zu sein. Der habe auch große Auswirkungen. „Mehr und mehr Menschen in Italien beginnen mit Tennis. Das ist großartig und die wichtigste Entwicklung.“
Steiler AufstiegSeine eigene Entwicklung hat 2020 mit dem ersten ATP-Titel in Sofia begonnen, 2021 triumphierte er dort neuerlich sowie auch in Adelaide, Washington und Antwerpen. 2022 durfte er nur in Umag den Pokal stemmen, 2023 folgte mit Montreal der erste Gewinn bei einem Masters-1000-Turnier, zudem war er in Montpellier, Peking und auch in der Wiener Stadthalle erfolgreich. 2024 wird vorerst als großes Highlight-Jahr in Sinners Geschichte eingehen. Bei den Australian Open war er erstmals bei einem Major nicht zu schlagen, in Miami gab es einen weiteren 1000er-Titel und auch in Rotterdam ging der Siegerscheck an den Südtiroler.
Gut möglich ist, dass er am Wochenende in Roland Garros seinen zweiten Major-Triumph feiern wird. Und das an einem Ort, an dem er vor der aktuellen Auflage das Viertelfinale bei seinem Debüt 2020 als bestes Ergebnis stehen hatte. Wichtig war, dass er seine Hüftprobleme, die einen Start zuletzt in Rom unmöglich gemacht hatten, rechtzeitig vor dem Turnierstart in den Griff bekommen hat.
Bedeutung der TrainerGroßen Anteil am Höhenflug haben Sinners Trainer. Bis zum Februar 2022 wurde der 13-fache ATP-Turniersieger vom italienischen Starcoach Riccardo Piatti betreut. Der Wechsel zum weniger bekannten Simone Vagnozzi und die ein halbes Jahr später folgende zusätzliche Zusammenarbeit mit dem erfahrenen Darren Cahill haben sich als kluger Schachzug erwiesen.
Der Australier hatte zuvor u.a. auch schon Lleyton Hewitt, Andre Agassi oder Simona Halep sehr erfolgreich gecoacht. „Er hat enorm viel Erfahrung, hat verschiedene Spieler an die Spitze der Weltrangliste geführt. Er weiß genau, wie man sich an jeden Spieler anpassen muss, das ist eine unglaubliche Qualität“, lobte Sinner seinen Coach, der vor allem für die richtige mentale Einstellung sorgt. Die Trainer-Kombination mit Vagnozzi, der für die Technik und Taktik verantwortlich ist, sei richtig gut. „Sie sind verschieden, arbeiten aber sehr gut zusammen. Sie sind demütig und respektieren einander. Ich bin glücklich, beide an meiner Seite zu haben.“
Bodenständig, Ski-begeistertDer ehemals vielversprechende Nachwuchs-Skirennfahrer, der heute noch gerne wandert und auf Ski steht, um der hektischen Tennis-Welt zu entfliehen, ist ein Musterbeispiel, was mit kluger Planung, Akribie und seriöser Arbeit – neben ganz viel Talent – möglich ist. Die Bodenständigkeit des Sohnes eines Kochs und einer Kellnerin, die im Sextental im äußersten Nordosten von Südtirol eine Pension betreiben, dürfte dafür sorgen, dass Sinner nicht abhebt und weiter eine große Zukunft vor sich hat. „Noch wichtiger als der Erfolg ist, dass man weiterarbeitet und die Fehler analysiert“, sagte Sinner. (APA)