Shōgun: Anjin - Review der Pilotepisode des Remakes zum ...

27 Feb 2024
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Stand: 27.02.2024, 18:00 Uhr

Von: Reinhard Prahl

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John Blackthorne aka Cosmo Jarvis in einem aus der Serie „Shogun“. © Disney+/Hulu

Mit „Shōgun“ bringt Disney+ in Zusammenarbeit mit Justin Marks, Tom Winchester und Hiroyuki Sanada das Remake eines Kultklassikers auf die Bildschirme, das sich weitestgehend an das Original hält und mit einem hohen Produktionsstandard sowie einem grandiosen Cosmo Jarvis in der Hauptrolle aufwartet. Warum wir eine klare Empfehlung aussprechen, lest Ihr im Review zur Pilotfolge.

Shogun - Figure 1
Foto serienjunkies.de

Spoilerwarnung - diese Meldung kann Hinweise auf die Fortführung der Handlung enthalten!

Das passiert in der ersten Folge der Serie „Shōgun“

Wir schreiben das Jahr 1600 in Shogun: Von fünf holländischen Schiffen, die aufbrachen, um die portugiesisch-spanische Herrschaft auf den asiatischen Meeren zu brechen treibt nur noch die Erasmus des britischen Navigators Major John Blackthorne (Cosmo Jarvis) mit zerrissenen Segeln durch das tosende Meer. Dank einer glücklichen Fügung landen die letzten zwölf Überlebenden an der japanischen Küste in einem Dorf, doch statt Reichtum und Ehre erwarteten sie dort gut ausgebildete Samurai, die dem mächtigen Fürsten Yoshi Toranaga (Hiroyuki Sanada) unterstehen.

Der sieht sich allerdings einer politischen Intrige epischen Ausmaßes gegenüber, die er nur überlebt, wenn er klug taktiert. Da kommt ihm das gestrandete Schiff mit seinen 20 Kanonen und hunderten Musketen gerade recht, denn zahlenmäßig ist seine Armee der seiner Widersacher weit unterlegen. So wird John zunächst zu einem Spielball der Politik, verdient sich aber mit der Zeit den Respekt Toranagas und wird zu einem Samurai und mächtigen Verbündeten.

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Hier schon mal der deutsche Trailer zur Serie „Shōgun“:

Nur noch ein Remake?

In einer Zeit voller Remakes, Reboots, Sequels und Prequels verwundert es eigentlich nicht, dass auch ein Kultklassiker wie „Shōgun“ von 1980 irgendwann ins Visier eines Drehbuchautors und Produzenten geriet. In Anbetracht vieler mittelmäßiger und sogar schlechter Adaptionen (Ausnahmen wie Percy Jackson and the Olympians bestätigen die Regel) war die Sorge darüber, was aus dem ebenso spannenden wie hochwertig produzierten Original werden würde, entsprechend groß.

Sich einen anderen Schauspieler als Richard Chamberlain in der Rolle des John Blackthorne vorzustellen und den leider bereits 1997 verstorbenen Toshirō Mifune nicht als Lord Yoshi Toranaga zu sehen: All das erschien vor allem Altfans beinahe unvorstellbar. Und doch ist es Serienerfinder und Showrunner Justin Marks gelungen, dem altehrwürdigen Klassiker einerseits Ehre zu erweisen und andererseits genau da zu modernisieren, wo es nötig war.

Denn so gut und zeitlos das von James Clavell und Eric Bercovici geschriebene und von Jerry London inszenierte Meisterwerk auch ist, so hat es doch mittlerweile 44 Jahre auf dem Buckel und konnte daher an den richtigen Stellen einen dramaturgischen und audiovisuellen Neuanstrich durchaus vertragen. Und der ist Marks auf großartige Weise gelungen. Die Geschichte hält sich ausgehend von der Pilotfolge abgesehen von ein, zwei kleinen Ausnahmen weitestgehend an seinen Vorgänger, kommt aber vornehmlich in den einleitenden Szenen auf dem Schiff dreckiger und realistischerer daher. Auch das Anstranden an der Küste Japans sowie die anschließende Konfiszierung der Erasmus fühlen sich neu und frischer an.

Shogun - Figure 2
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Dicht am Original

Damit hat es sich dann aber auch schon mit den inhaltlichen Anpassungen, die allerdings auch Sinn ergeben, weil sie die Show sanft an die modernen Sehgewohnheiten anpassen. Die nächsten Szenen der rund 70 Minuten lange Episode werden von den drei Schlüsselsequenzen beherrscht, die die Miniserie 1980 zu einem ungewöhnlich harten TV-Erlebnis machten. Sowohl die Köpfung eines Untergebenen des eingangs erwähnten Küstendorfes durch den dortigen Samurai-Verwalter als auch die Folter eines Mannschaftsmitglieds sowie die berühmte „Pinkelszene“ hielten erfreulicherweise Einzug in das Remake. Damit ruft die Neuauflage nicht nur Erinnerungen wach, sondern betont auch die (für europäische Verhältnisse) Fremdartigkeit der japanischen Kultur im frühen 17. Jahrhundert.

Die Darstellerriege

John Blackthorne aka Cosmo Jarvis in „Shōgun“ © Disney+/Hulu

Die Schauspielenden erweisen sich dabei als hervorragende Wahl. Der seit 2009 als Darsteller aktive Cosmo Jarvis ist zwar kein ganz Unbekannter, der große Durchbruch blieb ihm aber bisher verwehrt. Das könnte sich mit seinem starken Auftritt, der in den Grundzügen durchaus an den von Richard Chamberlain angelehnt ist, nun ändern. Jarvis verleiht seiner Figur die richtige Mischung aus Neugier, Trotz, Courage, Verständnis, Klugheit und manchmal auch Naivität, die wahrscheinlich auch das historische Vorbild William Adams auszeichnete und ihn zum wohl ersten europäischen Samurai überhaupt machten.

Hiroyuki Sanada ist indes schon längst auch in den USA und Europa ein Star. Er glänzte schon in den leider viel zu früh abgesetzten Serien Extant und Helix und sorgte später in The Last Ship, Westworld, „Mortal Kombat“ und „John Wick: Chapter 4“ für Lobeshymnen seitens Kritiker und Fans. In „Shōgun“ verkörpert er den wesentlich älteren Lord Yoshi Toranaga und verleiht dem Charakter Ehrgefühl, eine gewisse Weisheit, Kraft und Mut.

Als dritter im Bunde der Pilotfolge darf natürlich auch der spanische Navigator im Dienste Portugals namens Vasco Rodrigues nicht fehlen. Spielte John Rhys-Davies die Figur schon als verschlagenen aber sympathischen Haudegen, so legt sein Nachfolger Nestor Carbonell noch eine Schippe drauf. Er ist Blackthorne gegenüber misstrauisch, mag ihn aber und wünscht ihm nicht den Tod. Dennoch ist die Distanz zwischen ihm und seinem englischen Kollegen spürbar größer als im Original, was wiederum der Glaubwürdigkeit zugutekommt.

Dialoge in Japanisch

Hiroyuki Sanada als Yoshi Toranaga in „Shōgun“ © Disney+/Hulu

Neben den starken Figurenzeichnungen nimmt die 2024er-Auflage noch ein weiteres Stilmittel des Klassikers auf. Das Drehbuch streut viele Dialoge in Japanisch in die Geschichte ein, wodurch das Publikum sozusagen hautnah nachempfinden kann, wie sich Blackthorne in dieser völlig fremden Welt zurechtfinden muss. Anfangs versteht er kein Wort und kann sich nur an der Gestik und Mimik der ihn umgebenden Personen orientieren. So lernt er, wie man den Adligen und Feudalherren Respekt zollt und was man im Japan des frühen 17. Jahrhunderts unter Höflichkeit versteht. Die Dialoge fallen dabei ebenso kurzweilig und unterhaltsam aus, wie die visuelle Umsetzung, die mit tollen Bildern und einer üppigen Ausstattung glänzt.

Anders als das ZDF 1980 hat sich der Streamingdienst Disney+ übrigens dafür entschieden, die japanischen Dialoge zwar ebenfalls nicht zu synchronisieren, dafür aber deutsch zu untertiteln. In Anbetracht der Tatsache, dass diese häufiger als im Original zu hören sind, erweist sich das als eine gute Idee. Konnte man den Inhalt der Gespräche zwischen den Samurai, Höflingen und Fürsten damals nämlich noch aus dem Kontext erschließen, ist dies nun nicht mehr unbedingt möglich. Anzumerken wäre in Sachen Dialogführung noch, dass Justin Marks und Rachel Kondo keineswegs auf aus der Kultserie bekannte Schimpfwörter wie etwa „Japse“ verzichten.

Dies hätte auch keinen Sinn ergeben, weil so das allgegenwärtige Überlegenheitsgefühl der Seefahrer und Händler der japanischen Kultur gegenüber unter den Tisch gefallen wäre. In der letzten Szene lernt Blackthorne jedoch auf beeindruckende Weise, dass weder London noch Madrid oder Lissabon der Nabel und die Wiege der Hochkultur sind...

Fazit

Justin Marks hat mit seiner Version von „Shōgun“ alles richtig gemacht. Der Drehbuchautor spart es sich, unangemessen an der Geschichte herumzuwerkeln, bleibt der Tonalität des Originals treu und modernisiert im angemessenen Rahmen - nämlich nur dort, wo es notwendig ist. Das Ensemble beweist eine einnehmende Spielfreude, die Geschichte kommt ohne Längen aus und die Ausstattung ist hochklassig. Hinzu gesellen sich gute Spezialeffekte, die im VFX-Bereich zudem möglichst sparsam eingesetzt werden. On top passen die Drehorte in Kanada und Japan und der Score ist einfühlsam und orientiert sich an japanischen Klängen. Was will man mehr?

Wir vergeben daher fünf von fünf Punkten.

Hier noch der Originaltrailer zur Serie „Shōgun“:

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