Die ersten Schnipsel mit der Textzeile „Geh ins Gymi, werde skinny“ kursierten schon in Sozialen Medien, nun ist das ganze Lied da. Und bestätigt die Befürchtungen: Hier wird nichts ironisch gebrochen.
Einmal hat Shirin David, die erfolgreichste deutsche Rapperin, Thomas Gottschalk vorgeführt. Er hätte ihr „die Feministin nicht angesehen“, sagte er. „Weil ich gut aussehe?“, fragte sie und stellte klar: „Als Feministin können wir gut aussehen, wir können klug sein und eloquent und wunderschön zugleich. Das eine schließt das andere nicht aus.“ Ihre neue Single samt Video, „Bauch Beine Po“ sieht indes gar nicht feministisch aus, auch nicht auf den zweiten Blick. Ein paar Schnipsel des Liedes kursierten bereits vorab, vor allem eine Zeile aus dem Refrain: „Geh ins Gymi, werde skinny, mach daraus eine Show. Wir sind pretty im Bikini, das ist Bauch, Beine, Po “, rappt die 29-jährige. Nun ist das ganze Video da und die Befürchtungen haben sich bestätigt: Die Aufforderung, Sport zu treiben, um dünn zu werden und Blicke auf sich zu ziehen, werden nicht ironisch gebrochen.
„Du willst ein‘n Body? Dann musst du pushen. Bist du ein Hottie? Werden sie gucken“, heißt es im Lied. Von Pilates ist da die Rede, vom Fitnessstudio. Über sich selbst rappt sie: „Ich bin schlau, aber blond und supermegahot, These bitches could never, glaub mir, ich kann“ – was man durchaus als leidiges Konkurrenzdenken unter Frauen lesen kann. Im Video dazu turnt sie im Stile von Jennifer Lopez aus den Neunzigern im hautengen Bodysuit, erst trocken, dann nass. Die starken Farben auf Augenliedern und Mund erinnern an Pamela Anderson in ihrer „Baywatch“-Phase, inzwischen macht sie Schlagzeilen, weil sie sich nicht mehr schminkt.
Die Kommentare auf Youtube für „Bauch Beine Po“: ausschließlich positiv. Immer verdächtig, irgendwas hat doch immer jemand auszusetzen. Anders auf Instagram: Dort gibt es ein paar kritische Kommentare. Man dachte, die „Germany‘s Next Topmodel“-Ära sei vorbei, schreibt einer. „Bodyshaming“ nennen Lied und Video andere. „Die Message ist das, was du dir selbst daraus ziehen möchtest“, schreibt Shirin selbst laut FM4 dazu. „Nicht alles ist ein Statement, nicht alles ist politisch und nicht alles ist auf dich selbst bezogen.“ Sie werde kritisiert, weil sie eine Frau sei, argumentiert sie demzufolge.
Ist das so? Darf sie ihren „hotten“, trainierten Körper nicht feiern, nur weil er dem Schönheitsideal entspricht? Natürlich darf sie. Man darf sich aber von einem Star, der sich als Feministin sieht, auch wünschen, dass er anderen Körpernormen Platz gibt – was David weder im Text noch im Video tut. Denn ihr Song macht etwas mit seinen Hörern, auch mit jenen, die das Lied feiern: Viele, viele Poster bekunden die Absicht, ins Fitnessstudio zu gehen, nicht unbedingt, um gesünder, sondern vor allem, um auch so „hot“ zu werden. Body positivity sieht anders aus.