Tennis: Korda witzelt, er sei der schlechteste Athlet der Familie

Der Alleskönner Sebastian Korda startet durch – und witzelt, er sei der schlechteste Athlet in seiner Familie

Der 22-jährige Tennisprofi aus den USA erreicht am Australian Open erstmals den Viertelfinal eines Grand-Slam-Turniers. Er tritt in die Fussstapfen seiner Eltern und Schwestern, die im Sport ebenfalls in die erweiterte Weltspitze vorgestossen sind.

Eigentlich wollte er Eishockeyspieler werden, er wechselte dann aber zum Tennis. Mit 22 Jahren beginnt Sebastian Korda, sein grosses Talent auszuschöpfen.

Eigentlich wollte er Eishockeyspieler werden, er wechselte dann aber zum Tennis. Mit 22 Jahren beginnt Sebastian Korda, sein grosses Talent auszuschöpfen.

Aaron Favila / AP

Man kann nicht behaupten, die erste Woche des Männerturniers am Australian Open sei ereignislos verlaufen. Schon bevor das Turnier losging, hatten sich der Weltranglistenerste, Carlos Alcaraz, und der Publikumsliebling Nick Kyrgios (ATP 21) verletzt abgemeldet. Dann scheiterten Rafael Nadal (2), Alexander Zverev (13), Casper Ruud (3), Daniil Medwedew (8), Taylor Fritz (9), Félix Auger-Aliassime (7) und Hubert Hurkacz (11).

Vor der zweiten Turnierwoche waren von den besten zehn Gesetzten nur noch Stefanos Tsitsipas (3), Novak Djokovic (4), Andrei Rubljow (5) und Holger Rune (9) übrig. Rubljow und Rune treffen in der Nacht auf Montag im Kampf um einen Platz in den Viertelfinals aufeinander.

Novak Djokovic weiterhin angeschlagen

Die Aufmerksamkeit konzentriert sich einmal mehr auf Novak Djokovic, der in Melbourne der Spieler mit dem besten Palmarès ist. Der 35-jährige Serbe hat 9 seiner 20 Major-Titel in Down Under gewonnen. Nach sieben Turniertagen ist er heuer der einzige Grand-Slam-Sieger, der im Feld der Männer verblieben ist.

Doch Djokovic ist angeschlagen. Er war mit muskulären Problemen im linken Oberschenkel ins Turnier gestartet. Diese haben sich in den ersten drei Partien akzentuiert. Der Auftakt ins Turnier sei okay gewesen, im zweiten und dritten Spiel seien die Schmerzen aber ziemlich heftig geworden, sagte er nach dem Sieg am Samstag gegen Grigor Dimitrow.

In der Night-Session vom Montag (ab 9 Uhr MEZ) testet als Nächstes der Australier Alex de Minaur (ATP 24) den Formstand von Djokovic. Doch im Schatten all dieser kleineren und grösseren Dramen hat sich ein anderer Spieler still und heimlich ins Rampenlicht gespielt.

Sebastian Korda steht erstmals in seiner Karriere in der zweiten Woche eines Grand-Slam-Turniers. Ganz überraschend kommt sein Lauf nicht. In der Vorbereitung auf das Australian Open hatte Korda den Final des Turniers in Adelaide erreicht und war dort erst nach einem vergebenen Matchball an Djokovic gescheitert.

Korda bezwang in der Nacht auf Sonntag den polnischen Aufschlagspezialisten Hubert Hurkacz in fünf Sätzen. Doch sein eigentliches Meisterstück hatte der 22-jährige Amerikaner mit tschechischen Wurzeln in der Runde zuvor gezeigt, als er dem Vorjahresfinalisten Daniil Medwedew keine Chance liess. Das Talent von Korda ist hinlänglich bekannt. 2018 hatte er das Juniorenturnier in Melbourne gewonnen; er war damit zur Nummer 1 im Junioren-Ranking aufgestiegen.

Korda ist quasi familiär vorbelastet. Sein Vater Petr hatte den Titel am Australian Open gewonnen, genau 20 Jahre bevor sein Sohn im Juniorenturnier siegte. Und auch die Mutter, Regina Rajchrtova, nahm im Tennis an Major-Turnieren teil. Sebastians ältere Schwestern Jessica und Nelly spielen auf der LPGA-Tour professionell Golf. Die 24-jährige Nelly führte die Frauen-Weltrangliste vorübergehend an und gewann 2021 an den Olympischen Sommerspielen in Tokio die Goldmedaille.

Ein weiterer Spross der sportlichen Familie: die Golf-Olympiasiegerin Nelly Korda.

Ein weiterer Spross der sportlichen Familie: die Golf-Olympiasiegerin Nelly Korda.

Toby Melville / Reuters

Diese Ballung von Talent in der Familie führte Sebastian Korda dazu, nach seinem Sieg gegen Daniil Medwedew im Platzinterview zu sagen: «Meine Mutter war die Nummer 24 im Frauentennis, mein Vater die Nummer 2 bei den Männern. Nelly war die Nummer 1 im Ranking der Golferinnen und Jessica die Nummer 6. Also ich bin bis anhin fraglos der schlechteste Athlet in der Familie.»

Nach seiner Viertelfinalqualifikation wird sich Sebastian Korda im Ranking mindestens von Position 31 auf 25 verbessern. Und sollte er nun auch den Russen Karen Chatschanow (ATP 20) bezwingen, würde er erstmals unter die besten 20 der Weltrangliste vorstossen. Zumindest seine Mutter hätte er damit in der familieninternen Hierarchie überholt.

Seine Schwester Nelly korrigierte allfällige Missverständnisse am Wochenende am Rande eines Turniers in Florida vorsorglich. Gegenüber dem Golf Channel sagte sie, ihr Bruder sei der Talentierteste in der Familie. «Seine Hand-Augen-Koordination ist unglaublich. Ich bin sogar auf seinen Golfschwung neidisch. Er ist in allem ein Naturtalent.»

Radek Stepanek war zuerst Inspiration, nun ist er sein Coach

Korda ist Teil jener Generation um den Spanier Carlos Alcaraz, den Norweger Casper Ruud und den Dänen Holger Rune, die sich bereits letztes Jahr aufgemacht hat, die Regentschaft im Männertennis an sich zu reissen. Dass Korda etwas weniger weit ist als die beiden 19-jährigen Alcaraz und Rune, liegt möglicherweise an seinem Werdegang.

Denn bis zu seinem 10. Geburtstag spielte Korda Eishockey in einem ambitionierten Juniorenteam und träumte von einer NHL-Karriere. 2007 nahm ihn sein Vater Petr, der damals Coach des tschechischen Tennisprofis Radek Stepanek war, mit ans US Open. Und an diesem veranlasste ihn die spektakuläre Fünfsatzniederlage von Stepanek gegen den jungen Novak Djokovic, seine Träume zu überdenken. Es ist wohl kein Zufall, dass jener Radek Stepanek nun als Coach in der Box von Sebastian Korda sitzt.

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