Radikaler Schnitt bei Schalke: Wilmots und Geraerts weg
Gelsenkirchen · Das 3:5 der Schalker gegen Darmstadt nach 3:0-Führung hat drastische Konsequenzen. Der Club trennt sich von Trainer Karel Geraerts und Sportdirektor Marc Wilmots. Vorerst übernimmt ein Interimscoach.
Krise auf Schalke spitzt sich zu: Geraerts will kämpfen
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Am Ende ging es dann ganz schnell. Der FC Schalke 04 hat nach dem Fehlstart in die neue Zweitliga-Saison einen radikalen Schnitt vollzogen und sich von Sportdirektor Marc Wilmots und Trainer Karel Geraerts getrennt. Das teilte der Traditionsclub am Vormittag nach der denkwürdigen 3:5-Heimniederlage gegen den SV Darmstadt 98 mit. Die Gelsenkirchener sind mit vier Punkten aus sechs Partien - vier Niederlagen bei nur einem Sieg und einem Remis - mehr als enttäuschend in die Saison gestartet.
Der 42-jährige Belgier Geraerts hatte im Oktober 2023 den Posten übernommen. Club-Ikone Wilmots (55) unterschrieb erst Anfang des Jahres einen langfristigen Vertrag und war mit großen Ambitionen gestartet.
„Die Entscheidung des Vorstands, den Weg mit Karel Geraerts nicht fortzusetzen, beruht nicht allein auf den ausbleibenden Resultaten und der Niederlage gegen Darmstadt, sondern vielmehr auf der negativen Gesamtentwicklung der vergangenen Wochen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Matthias Tillmann.
Schalke trennte sich neben dem Trainer auch von Sportchef Marc Wilmots.
Foto: Tim Rehbein/dpaSuche nach neuem Trainer und Sportdirektor läuft
U23-Coach Jakob Fimpel, der am Morgen das Auslaufen leitete, übernimmt als Übergangslösung bis zur Länderspielpause Anfang Oktober. „Die Zeit, die wir so erhalten, werden wir nutzen, um den neuen Trainer auszuwählen. Noch heute werden wir mit konkreten Gesprächen beginnen“, erklärt Tillmann.
Das Aus von Wilmots kam durchaus überraschender als das seines belgischen Landsmanns, dessen Assistent Tim Smolders ebenfalls freigestellt wurde. „In den vergangenen Wochen mussten wir feststellen, dass es unterschiedliche Ansichten darüber gab, wie und in welche Richtung wir den Fußball auf Schalke entwickeln wollen“, sagte Tillmann.
Eine gemeinsame Linie sei aus Sicht des Vorstands allerdings „elementar wichtig“. Bis auf Weiteres übernehme Kaderplaner Ben Manga die sportliche Gesamtverantwortung. Bei der Suche nach einem Wilmots-Nachfolger wolle man sich in den kommenden Wochen „verschiedene Profile“ anschauen.
„Die ausgewählte Person muss sich mit unserem eingeschlagenen Weg - junge Spieler zu fördern und zu entwickeln - voll identifizieren, um gemeinsam alles für den Erfolg von Schalke 04 zu tun“, erklärte Tillmann.
Wackelige Defensive
Nach der Niederlage gegen Darmstadt am Freitagabend hatte sich Geraerts noch kämpferisch gegeben. „Ich gebe nicht auf“, sagte er. „Ich gehe immer weiter.“ Spätestens das verrückte 3:5 nach einer 3:0-Führung war der Vereinsführung dann aber zu viel. Am Samstagmorgen verließ Geraerts mit mehreren gepackten Taschen die Schalker Geschäftsstelle.
Der 42-Jährige hat es nicht geschafft, nach dem großen Umbruch des Sommers ein ausreichend schlagkräftiges Team zu formen. Vor allem in der Defensive präsentierte sich Schalke immer wieder anfällig und leistete sich teils gravierende Fehler. 16 Gegentore sprechen für sich.
Nach der 0:2-Niederlage beim Karlsruher SC am 5. Spieltag hatte Wilmots Geraerts noch das Vertrauen ausgesprochen. Nun wurde der Druck zu groß - und auch für die Schalker Club-Ikone kam das Aus.
Meinungsverschiedenheiten mit dem Kaderplaner
Neben den sportlichen Defiziten hatten zuletzt Meinungsverschiedenheiten zwischen Geraerts und Manga für Unruhe beim Revierclub gesorgt. Manga hatte festgestellt, dass Geraerts nicht auf die von ihm verpflichteten Spieler baue. Geraerts reagierte mit Trotz und Unverständnis.
Der Coach war erst im vergangenen Oktober zum FC Schalke 04 gekommen. Als Bundesliga-Absteiger steckte der Revierclub lange im Abstiegskampf der 2. Liga, rettete sich letztendlich jedoch. Mit viel neuem Personal und jungen, talentierten Spielern wollten sich die Gelsenkirchener in dieser Saison stabilisieren. Zumindest mit Geraerts gelang das nicht.
Schalkes Kapitän Kenan Karaman suchte derweil die Schuld nach der Darmstadt-Pleite beim Team und nicht beim geschassten Coach. „Ich denke, dass der Trainer uns gut auf das Spiel vorbereitet hat“, sagte der 30-Jährige. Ein konditionelles Problem durch schlechtes Training sieht der Offensivmann nicht.
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