Müllkartell: Sieben Mio. Euro Strafe für Saubermacher

10 Tage vor
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Müllkartell

Über Jahrzehnte sollen sich Müllentsorgungsbetriebe in Österreich abgesprochen haben – die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat dieses Müllkartell aufgedeckt. Den steirischen Branchenriesen Sauermacher AG erwartet nun eine Geldstrafe von mehr als 7 Mio. Euro und der Kronzeugenstatus.

Online seit heute, 7.11 Uhr (Update: 12.04 Uhr)

Als erstes Unternehmen wird die Saubermacher AG aus Feldkirchen im Süden von Graz zahlen – mehr dazu in Millionenstrafe für Saubermacher (news.ORF.at).

Die Firma habe umfangreich kooperiert, daher habe die Behörde eine verminderte Strafe beim Kartellgericht beantragt – in diesem Fall etwas mehr als sieben Millionen Euro, sagt BWB-Chefin Natalie Harsdorf gegenüber dem ORF Ö1-Journal: „Saubermacher hat hier wirklich sorgfältig und vorbildlich zusammengearbeitet. Daher haben wir, obwohl sie nicht der erste Kronzeuge sind, dennoch ein gemindertes Bußgeld beantragt.“

Illegale Absprachen rund um Abfallsammlung

Zumindest 20 Jahre lang, von Sommer 2002 weg, haben mehrere Abfallentsorger in Österreich gegen Wettbewerbsregeln verstoßen. Aufgeflogen sind die Kartellrechtsverletzungen im Zuge von zwei großangelegten Razzien im gesamten Bundesgebiet. An die 20 Unternehmen waren betroffen. Mithilfe von tausenden Seiten und einer Unmenge an Dateien konnte die BWB die illegalen Geschäftsmodelle belegen.

„Es ging hier um Preisabsprachen, Marktaufstellungen, der Austausch von Informationen in Bezug auf öffentliche und private Ausschreibungen. Im Fokus steht hier die Abfallsammlung. Hier habe man über viele Jahre sich ausgetauscht, obwohl man eigentlich Wettbewerber ist. Dem sind wir dann auf die Spur gekommen und haben das jetzt zu Gericht gebracht“, heißt es von der Bundeswettbewerbsbehörde.

Ermittlungen gehen weiter

Potentiell Geschädigte sind Gemeinden, Haushalte sowie Betriebe. Die Geldbuße gegen die Saubermacher AG dürfte aber nur der Anfang sein – weitere Strafanträge würden folgen, so Behördenleiterin Natalie Harsdorf: „Mir ist wichtig, dass wir hier zügig ermitteln und auch die Unternehmen dann letztlich vor Gericht bringen und Klarheit schaffen, damit auch in diesem Sektor tatsächlich Compliance greift und es zu einem Umdenken kommt. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren. Daher bringen wir jetzt ein Verfahren nach dem anderen, sozusagen an das Gericht.“

Nach BWB-Angaben haben die meisten Firmen mit der Behörde zusammengearbeitet. Straffrei geht jedoch nur die FCC Austria Abfall Service in Niederösterreich: Sie hat im Februar als erstes Unternehmen volle Immunität im Rahmen des Kronzeugenprogramms erhalten.

Saubermacher betont Kooperation

Saubermacher selbst spricht von „rund 80 Einzelfällen“ in dem genannten Zeitraum, „die kartellrechtlich wie auch nach unserem Werte- und Ethiksystem nicht akzeptabel sind“. Man habe diese Fälle gemeinsam mit der BWB „identifiziert“, so das Unternehmen, das zugleich darauf hinweist, dass es zwischen 2002 und 2021 österreichweit insgesamt eine Million Aufträge abgewickelt habe. Keine Angaben wurden dazu gemacht, welches Auftragsvolumen die Einzelfälle in Relation zu den anderen Aufträgen hatten.

Opposition pocht auf Transparenz und Prüfung

Im Zusammenhang mit dem Müllkartell drängen die steirischen Grünen nun die Landesregierung auf mehr Transparenz und rasche Entschädigungen für die geschädigten Gemeinden und Bürger. Die Freiheitlichen wiederum rufen Gemeinden dazu auf, potentielle negative Auswirkungen der Kartellbildung auf Gemeindefinanzen zu prüfen – rechtliche Schritte der Gemeinden gegen die jeweiligen Unternehmen seien nicht ausgeschlossen, so die FPÖ.

Die Grazer KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr sah sich in Warnungen bestätigt: „Die nun bekannt gewordenen Preisabsprachen machen es notwendig, dass auch die Stadt Graz überprüft, ob für sie ein finanzieller Schaden entstanden ist. Diese Vorgänge zeigen, dass wir mit unseren Warnungen, öffentliche Aufgaben an private Anbieter abzugeben, richtig gelegen sind. Die Abfallentsorgung ist ein riesiges Geschäft, das mit großer Verantwortung verbunden ist.“

Der Markt für Abfallwirtschaft umfasst in Österreich rund 300 Unternehmen, neben einigen überregional agierenden Konzernen sind das viele kleinere Unternehmen. Für die Firmen ist der vermeintliche Müll ein Milliardengeschäft: Die Branche macht pro Jahr einen Umsatz von mehr als fünf Mrd. Euro. Davon kommen die sechs größten Unternehmen gemeinsam auf einen Umsatz von ungefähr zwei Mrd. Euro.

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