210 Plätze listet die Weltrangliste des Fußballverbandes Fifa auf, angeführt wird sie von Argentinien, Österreich rangiert auf Platz 23, und ganz am Ende, bei Nummer 210, steht San Marino. Die Nationalmannschaft der ältesten Republik der Welt – das 61 Quadratkilometer große Territorium erhielt 1600 vom Herzog von Urbino eine Verfassung, deren Grundzüge noch gültig sind – ist so etwa wie ein fußballerisches Synonym für haushohe Niederlagen. Für die höchste war das gnadenlose Deutschland verantwortlich, ein 0:13 in der EM-Qualifikation 2006.
Höhepunkt der Fußballhistorie des fünftkleinsten Staates der Welt, nur Vatikanstadt, Monaco und Nauru und Tuvalu in der Südsee sind kleiner, war eine 1:0-Führung gegen England im Jahr 1993, als den san-marinesischen Kickern tatsächlich nach nur acht Sekunden ein Tor gelang. Am Ende verloren sie 1:7.
Im SiegesrauschDoch seit Montagabend werden die Geschichtsbücher des 33.000-Einwohner-Landes, umringt von Italien, neu geschrieben. San Marino gewann das Nations-League-Spiel in Liechtenstein mit 3:1 und steigt damit als Gruppensieger von der untersten Liga D in die Liga C auf. Die Rekorde purzelten nur so in Vaduz: San Marino feierte im 101. Anlauf zum ersten Mal einen Auswärtssieg. Bisher war ein 1:1 gegen Lettland in Riga (2001) und ein 1:1 auf der Karibikinsel St. Lucia (2022), das erste Länderspiel außerhalb Europas, das höchste der Gefühle in der Fremde gewesen. Weitere Bestmarken aus Liechtenstein: San Marino schoss erstmals drei Tore in einem Spiel und drehte eine Partie nach Rückstand. Rund 50 mitgereiste Fans haben es vor Ort miterlebt.
San Marinos Nicola Nanni. Imago
Liechtenstein, immerhin Nummer 200 der Fifa-Wertung, ist ein dankbarer Gegner. Alle san-marinesischen Siege, es sind nun drei in 211 Länderspielen, gelangen gegen das Fürstentum: am 28. April 2004 in einem Testspiel (1:0), am 5. September 2024 in der Nations League (1:0) und nun auch im Rückspiel (3:1). Der Höhenflug hat mit Teamchef Roberto Cevoli, ein ehemaliger Serie-A-Verteidiger (FC Modena) zu tun, der die Auswahl verjüngte. Seine „Stars“ wie Vaduz-Torschütze Nicola Nanni spielen in der dritten italienischen Liga. Auch die 2018 eingeführte Nations League beschert San Marino nun Gegner, die einigermaßen auf Augenhöhe sind, eine willkommene Abwechslung zu den EM- und WM-Qualifikationen. Dort gab es auch zwei Duelle gegen Österreich, 1998/99 in der EM-Quali, 0:7 in Graz und 1:4 in San Marino, das einzige Tor fiel spät per Elfmeter. Ivica Vastic traf insgesamt vier Mal.
Doch die aktuelle sportliche Sternstunde, 2021 in Tokio gewann Alessandra Perilli im Trapschießen die erste Olympiamedaille des Landes und heuer wurde San Marino von der Tour de France durchfahren, könnte andauern. Theoretisch können die Fußballer dank ihres Nations-League-Gruppensiegs im Playoff für die WM 2026 in USA/Kanada/Mexiko landen. Denn vier Startplätze gehen an die vier besten Gruppensieger der Nations League. Haben aus dieser Riege genug Teams ihr WM-Ticket über ihre WM-Qualifikationsgruppen gelöst (Auftakt im März 2025), würde irgendwann San Marino zum Zug kommen.
Angriff auf AnguillaDas Schlusslicht der Fußballwelt bleibt San Marino vorerst dennoch, das dürfte sich auch nicht ändern, wenn am 28. November die neue Fifa-Rangliste erscheint. Nun aber wurde zumindest schon einmal eindrucksvoll zum Angriff auf Anguilla, die amerikanischen Jungfern- und die Turks- und Caicosinseln geblasen. (joe)