Rosenkranz: Treffen mit Orban „gebietet Höflichkeit“
Rosenkranz
Seit Donnerstag hat Walter Rosenkranz als erster FPÖ-Politiker das Amt des Nationalratspräsidenten inne. Begleitet war seine Kür mit 61,7 Prozent im Parlament von Kritik etwa von Grünen, Israelitischer Kultusgemeinde und SOS Mitmensch. Im Fokus stand dabei etwa Rosenkranz’ Mitgliedschaft bei der deutschnationalen Burschenschaft Libertas, vorgeworfen wurde ihm mangelnde Abgrenzung zum Rechtsextremismus. Dass Rosenkranz kommende Woche Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban als ersten Staatsgast empfängt, verteidigte er.
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Im Interview mit dem ORF-Parlamentsmagazin „Hohes Haus“ schlüsselte Rosenkranz den Hergang des für Donnerstag geplanten Treffens auf: Orban nehme an einer abendlichen Diskussionsrunde in Wien teil, wo es um die Frage gehe, wie der Krieg zwischen Russland und der Ukraine beendet werden könne. „Das ist der Grund, dass er überhaupt nach Wien kommt“, so Rosenkranz.
Überhaupt sei Orbans Reise nach Wien bereits vor der konstituierenden Sitzung des Nationalrats und seiner Kür zum Präsidenten vereinbart worden, nämlich um FPÖ-Chef Herbert Kickl und andere in der Partei zu treffen. Rosenkranz verwies auf die gemeinsame Fraktion auf EU-Ebene, zu der sich die FPÖ und Orbans FIDESZ-Partei (und andere) zusammengetan haben.
„Relativ kurzfristig“ nach Rosenkranz’ Kür habe Orban dann gesagt, dass er ihn als neuen Nationalratspräsidenten „gern besuchen und kennenlernen“ wolle. Es entspreche seinem „Naturell“, aber auch seiner „Aufgabe“ als Parlamentspräsident – und „gebietet auch die Höflichkeit“, dass er ausländische Staatsgäste treffe, die ein solches Treffen wollen.
„Mit jedem reden, vor allem wenn sie Aggressoren sind“Die Frage, ob er auch Kreml-Chef Wladimir Putin empfangen würde, bezeichnete er als „sehr heikel“. Grundsätzlich sei aber sein Credo: „Man muss mit jedem reden, vor allem wenn sie Aggressoren sind.“ Voraussetzung für ein Treffen mit Putin sei allerdings – („sehr hypothetisch“), dass er die Chance sehen würde, dass das auch „nur der kleinste Beitrag sein könnte, dass dieses Morden an der Kriegsfront zwischen Russland und der Ukraine aufhört“. Wenn es darum ging, ein Glas Wein aus der Wachau zu trinken, dann nicht.
Der neu gewählte Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) ist zu Gast im Studio. Er spricht unter anderem über das geplante Treffen mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban in Wien.
Gefragt zu Julius Sylvester, einem antisemitischen Politiker und Präsidenten des Reichsrats 1911 bis 1914, den Rosenkranz als Vorbild bezeichnet und auf „viele Parallelen“ verweist, sagte Rosenkranz, dass der Antisemitismus als Parallele zwischen ihm und Sylvester „ausscheidet“. Den Antisemitismus könne man „absolut ausklammern“, das sei „eine Fehlentwicklung“ bei Sylvester gewesen. „Genauso wie es Charakterschwächen auch bei anderen Menschen geben kann, und trotzdem machen sie manche Dinge gut“, so Rosenkranz.
Mit den rechtsextremen Identitären habe er „persönlich noch nie etwas zu tun gehabt“, einzig bei einer Wahlveranstaltung in Wiener Neustadt seien einmal Identitäre anwesend gewesen, den Hinweis auf diesen Umstand habe er zur Kenntnis genommen. Zu seiner Aussage, wonach die Identitären eine „erfrischende Bewegung“ seien, sagte Rosenkranz, dass sie sich „sehr weit, zu weit nach rechts bewegt“ hätten. Den Aktionismus („auf Dächer geklettert“, "Hörsäle besetzt“) habe er damals als „erfrischend“ erachtet. Dass er Identitäre ins Parlament einlade, schoss er aus.
„Keine One-Man-Show“Wie sich das Parlament gesellschaftspolitisch entwickeln werde – etwa hinsichtlich Aktionen anlässlich des Pride Month –, sei nicht allein seine Entscheidung, so Rosenkranz. Das werde er gemeinsam mit den anderen Präsidenten und den Parlamentsklubs machen. „Einem großen Anliegen wird sich auch meine Präsidentschaft nicht verschließen können“, so Rosenkranz. Er werde „auch sagen, dass ich damit keine große Freude habe“, so Rosenkranz, aber erst in der Folge sei zu sehen, „ob’s stattfindet oder nicht“. Er sei „keiner, der eine One-Man-Show macht“, er sei ein „Teamplayer“.
Kogler „gemütlicher Steirer“Mit seinem Kollegen und seiner Kollegin im Präsidium, Peter Haubner (ÖVP) und Doris Bures (SPÖ), sei er stets „pragmatisch“ umgegangen. Auch mit den anderen Fraktionen werde das passieren. Auch etwa mit Grünen-Chef Werner Kogler und der geschäftsführenden Klubobfrau Sigrid Maurer werde man professionell zusammenarbeiten, „obwohl das, was sie geliefert haben, zumindest ordungsrufverdächtig“ gewesen sei, so Rosenkranz. Kogler habe „recht gegen ihn gewettert“, er wisse nicht, „was ihn dabei geritten hat“, so Rosenkranz. Dabei sei der Grünen-Chef ein „gemütlicher Steirer“.
Innerparteilich fiel Rosenkranz zuletzt verbal durch Loyalität auf: Selbstironisch bezeichnete er sich selbst als Parteisoldaten („Ich bin Parteisoldat“). Eine Aussage, die Kogler in dessen grundlegender Kritik an Rosenkranz einschloss.
SPÖ: Orban-Termin „unerträglich“Neue Kritik an Rosenkranz übte am Sonntag die SPÖ. Dass das erste außenpolitische Zusammentreffen des neuen Nationalratspräsidenten mit Orban stattfindet, sei „unerträglich“, meinte SPÖ-Verfassungssprecher Jörg Leichtfried in einer Aussendung. „Absolut inakzeptabel“ sei außerdem, wenn Rosenkranz keine Berührungsängste mit den Identitären habe und diesen sogar ein Exklusivinterview gebe, so Leichtfried.
Hintergrund der Kritik: Rosenkranz gab am Nationalfeiertag dem früheren Leiter der Wiener Identitären ein Interview für den unter Rechtsextremismusvorwurf stehenden Sender AUF1.
Unterdessen bestätigte das Bundeskanzleramt der APA am Sonntag, dass kein Treffen von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) mit Orban in Wien geplant sei.