RKI-Protokolle: Vergiftete Corona-Nachlese

RKI-Protokolle

Lothar Wieler (rechts), damals Leiter des Robert-Koch-Instituts, und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am 17. April 2020 während einer der Corona-Pressekonferenzen in Berlin. Bild: EPA

Nicht die Klärung, was denn nun richtig gewesen wäre, spricht für eine Enquete-Kommission zur Corona-Politik. Sie könnte vielmehr verhindern, dass weiterhin Corona-Süppchen gekocht werden.

Es hat nicht lange gedauert, dass die Veröffentlichung von Corona-Protokollen des Robert-Koch-Instituts aus den Jahren 2020 und 2021 nicht etwa zu der behaupteten Transparenz, sondern binnen Stunden zu neuen Verschwörungstheorien geführt hat. War es Merkel, die im März 2020 genehmigen musste, was das Institut bekannt geben wollte?

Nein, es war nicht sie, aber das Institut, das unter Aufsicht des Bundes steht, wird allein schon wegen der Schwärzung von Namen als Büttel der Regierung hingestellt. Seine Empfehlungen und Einschätzungen werden auf die Goldwaage gelegt, als ginge es darum, die Kämpfe von damals noch einmal zu kämpfen und rückwirkend recht zu behalten. Dahinter steckt nicht nur, mit Verlaub, Klugscheißerei, sondern auch die alte ideologische Gefechtslage.

Schon wieder: Lockerung gegen Lockdown

Wie damals stehen sich auch in der Nachlese „Lockerung“ und „Lockdown“ gegenüber, ein Gegensatz, der sich später im Streit um die Impfpflicht fortsetzte. Falsch ist die Darstellung, dabei hätten sich autoritäre Grundrechtsschleifer und libertäre Corona-Leugner gegenübergestanden. Der politische Alltag war nicht von solchen Extremen geprägt, sondern vom fortwährenden Ringen um das richtige Maß.

Manche übertriebene Corona-Maßnahme lässt sich heute leicht ausmachen, allerdings ohne Gewähr, dass sie beim nächsten Mal nicht ganz anders bewertet würde. Eine Übertreibung ist schon wieder en vogue: Alles wäre viel besser gelaufen, wenn Berlin den zentralen Takt vorgegeben hätte. Das gehört zu den wiederkehrenden Legenden, die wohl tatsächlich erst durch die nächste Pandemie widerlegt werden können.

Nicht die Klärung, was denn nun richtig gewesen wäre, spricht für eine Enquetekommission. Sie könnte vielmehr verhindern, dass weiterhin Corona-Süppchen gekocht werden. Sie könnte auch zur Erkenntnis beitragen, dass weder die Nachfahren von Robert Koch noch irgendein Politiker unfehlbare Wesen sind. Die Hoffnung, ihnen daraus einen Strick drehen zu können, wird sich nicht erfüllen. Der Albtraum ist vorbei, das zählt.

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