Jedes Jahr bemüht sich Hollywood darum, uns neue, frische Weihnachtsfilme zu servieren, die unsere Herzen erweichen sollen und hoffentlich einige Dekaden später als absolute Klassiker angesehen werden. Die Vorgaben dafür sind seit langem festgelegt. Der Film muss witzig sein und eine rührende Botschaft über Nächstenliebe vermitteln. Erfolgreich ist das nur noch selten. Schließlich gibt es bereits einen ganzen Präsentkorb an tollen Weihnachtsfilmen, die diese Kriterien erfüllen. Schöne Bescherung mit Chevy Chase und der Familie Griswold, Kevin - Allein Zu Haus oder der Animationsfilm Klaus, um auch ein aktuelleres Beispiel zu nennen. An diesen Veteranen der Besinnlichkeit haben sich schon einige ihre Zuckerstangen verbogen.
Das hindert aber natürlich niemanden daran zu versuchen den nächsten Hit rauszuhauen. Und so schmeißt Warner Bros. Entertainment dieses Jahr einen Film namens Red One - Alarmstufe Weihnachten ins Rennen. Dieser wirkt nicht nur so, als wäre er im Kino fehl am Platz, sondern beantwortet auch noch im Wesentlichen die Frage, wie Olympus Has Fallen als Weihnachtsfilm aussehen würde. Die hat zwar nie jemand gestellt, wir wissen es jetzt aber trotzdem.
Am Nordpol herrscht ein großes Tohuwabohu, denn der Weihnachtsmann (J.K. Simmons) wurde von der Weihnachtshexe Gryla (Kiernan Shipka) entführt. Und das, kurz vor dem heiß ersehnten Weihnachtsmorgen. Damit das frohe Fest nicht ins Wasser fällt, begibt sich Santas oberster Sicherheitschef Callum Drift (Dwayne Johnson) zusammen mit dem ruppigen Söldner Jack O'Malley (Chris Evans), der indirekt für den Schlamassel verantwortlich ist, auf Rettungsmission rund um die Welt. Dabei begegnen sie vielen mystischen Kreaturen und lernen noch eine dicke Lektion über Verantwortung. Das klingt sogar solide, wenn dieser Trip denn auch Spaß machen würde.
Wer lacht, verliertDas Wichtigste an einer Komödie ist wohl, dass sie lustig ist. Logisch. Red One wäre das vielleicht vor zehn Jahren gewesen. Die ganze Agenten Aufmachung a la Men in Black trifft auf White House Down, wirkt abgegriffen und etwas billig. Nicht zuletzt, weil ein Teil der Nordpol Population aus hässlichen CGI-Tieren und Elfen besteht. Oneliner, die ins Leere laufen, Situationen die zu lange stehen bleiben und teils schmerzhafte Dialoge wie: “Sag jetzt: Lass uns Weihnachten retten”, “Sowas sag ich nicht”, “Sag es”, “Nein”, “Wir bleiben so lange hier stehen, bis du es sagst” machen es zudem fast unmöglich diesen Film zu mögen. Der einzige Moment, an dem wir ansatzweise geschmunzelt haben, involviert ein Huhn namens Ellen. Eher traurig statt magisch.
Insgesamt wirkt der Film so, als hätte jemand Story, Figuren und Locations mit einem D20 ausgewürfelt, was Sinn ergibt, denn Drehbuchautor Chris Morgan hat etliche Fast & Furious-Filme geschrieben. So verschlägt es die Rettungstruppe zum Beispiel nach Aruba und Deutschland, wo sie völlig wahllos auf aggressive Schneemänner, Höllenhunde oder Krampus persönlich treffen. Und dann kommt die Action ins Spiel.
Prinzipiell ist an der nicht viel auszusetzen. Callum Drift benutzt ab und an ein Gadget, das Spielzeug zum Leben erweckt und ihn selbst schrumpfen oder wachsen lässt, was ein wenig für Abwechslung sorgt, aber ruhig hätte weitergesponnen werden dürfen. Generell sind diese Szenen aber zu rar gesät. Ein bisschen mehr davon hätte womöglich peinliche Situationen wie die leichte Verliebtheit von Chris Evans in Wonder Woman ersetzen können, die nur eingebaut wurde, weil er als Captain America bekannt ist. Versteht ihr? Hammer.
Wo versteckt sich Lucy Liu?Ironischerweise ist der Cast dieses seichten Abenteuers beachtlich. J.K. Simmons entspricht so ziemlich der Wunschvorstellung eines Weihnachtsmannes. Leider spielt er nach seiner eigenen Entführung nur minimal eine Rolle, genau wie die bezaubernde Lucy Liu, die als Direktorin des Büros für mystische Angelegenheiten fungiert und primär Anweisungen gibt, bevor sie beim großen Finale endlich auch mal ein paar Schurken verprügeln darf. Hätte sie anstelle von Dwayne Johnson zwei Stunden lang Monsterhintern getreten, wäre das mit Sicherheit der interessantere Film geworden.
The Rock strahlt nämlich die Glaubwürdigkeit eines Politikers aus. So angestrengt übertrieben cool wie in Red One haben wir ihn lange nicht gesehen. Er ist ohnehin nicht der beste Schauspieler, aber wenn er mit traurigen Augen dem Weihnachtsmann erzählt, dass er das innere Kind der Erwachsenen vermisst, weil die Welt voller Boshaftigkeit ist, glaubt ihm niemand auch nur eine Silbe. Und das ist eine ziemliche Katastrophe für einen Charakter, der den ganzen Film tragen soll.
Chris Evans gibt den verschrobenen Söldner da schon überzeugender, doch allzu viel ist aus dieser Rolle nicht rauszuholen. Sein größter Trope ist es, verdutzt aus der Wäsche zu gucken. Auch die Antagonistin Gryla wäre in ihrer wahren Oger-Gestalt viel überzeugender, als die hübsche mittzwanziger Blondine in Form von Kiernan Shipka, die von ihren Bodybuilder-Söhnen verstörenderweise mit Mama angesprochen wird.