Ancelotti bleibt in Sachen Zukunft gelassen – 2014 bei Real ...
Trotz Gerüchte über Aus in Madrid
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Trotz der anhaltenden Gerüchte über sein Aus bei Real Madrid und der zuletzt zwei heftigen Niederlagen gegen den FC Barcelona (0:4) und Ex-Klub AC Milan (1:3) sieht Carlo Ancelotti sein Ende bei den Königlichen und im Fußball noch nicht gekommen. „Ich würde aufhören, wenn Real mich entlassen würde“, sagte er lachend im Interview mit „France Football“. „Ich weiß nicht, was mich dazu bringen würde, aufzuhören. Meine Familie? Nein. Meine Frau will, dass ich weitermache.“
In LaLiga hat Real bei einem absolvierten Spiel weniger bereits neun Punkte Rückstand auf Tabellenführer Barça. In der Champions League stehen die Königlichen mit sechs Zählern aus vier Partien auf Rang 18. Die direkte Qualifikation der besten acht Mannschaften fürs Achtelfinale ist in Gefahr – und selbst das Minimalziel von Platz 24 und die Fortsetzung des Wettbewerbs in der K.-o.-Runde ist für den Titelverteidiger plötzlich nicht mehr so ganz sicher. Ancelotti hat mit Real aber weiter große Pläne.
„Bevor ich aufhöre, würde ich gerne noch eine Champions League gewinnen. Und danach noch eine weitere“, sagte der noch bis 2026 gebundene Italiener grinsend. „Jeder Trainer möchte die Spitze erreichen. Aber Real zu trainieren ist wirklich … Dieser Verein ist etwas Besonderes, er ist der beste der Welt, wegen seiner Geschichte, seiner Umgebung, seiner Atmosphäre, seiner Fans. Und so war es das Ziel, eines Tages an dieser Stelle zu stehen.“
Laut der „Sport Bild“ soll eine vorzeitige Ablösung Ancelottis im kommenden Sommer jedoch schon feststehen. Real-Chef Florentino Pérez wolle ihn durch Xabi Alonso von Bayer Leverkusen ersetzen. Der Ex-Profi der Blancos gilt seit mehr als einem Jahr als wahrscheinlichster Nachfolger Ancelottis, würde aber – ebenfalls mit einem Vertrag bis 2026 ausgestattet – eine Ablöse kosten. Eine Rückkehr des auch gehandelten Zinédine Zidane sei laut „Mundo Deportivo“ hingegen ausgeschlossen. Sollte Ancelotti sogar im Laufe der Saison gehen müssen, könnten der „Marca“ zufolge mit Raúl oder Santiago Solari zwei vereinsinterne Lösungen interimistisch übernehmen.
Ancelotti sieht Entlassungen als „Teil des Berufs“. „Beim ersten Mal in Parma war ich sehr wütend. Aber nach und nach habe ich verstanden, dass das zum Job gehört. Wenn die Beziehung zum Verein nicht gut ist, musst du aufhören. Meine Versicherung sind meine Ergebnisse. Aber es ist auch der Verein. Er muss dich schützen. Wenn du diesen Schutz nicht hast, ist mein Job kompliziert. Wenn diese Beziehung, aus welchem Grund auch immer, nicht gut läuft, ist es besser, aufzuhören. Das habe ich in Neapel getan. Sie waren nicht glücklich, sie hatten ein wenig Vertrauen verloren. Innerhalb von zwei Tagen haben wir gestoppt“, erklärte der Real-Coach.
Er selbst sei trotz seiner langjährigen Erfahrung immer noch bei jedem Spiel voller Bedenken. „Ich versuche, meinen Spielern so viel Vertrauen wie möglich zu zeigen, das ist wichtig, um die Spiele bestmöglich vorzubereiten, aber innerlich bin ich voller Zweifel“, gestand Ancelotti, der Neuzugang Kylian Mbappé (25) in Schutz nahm, dem eine fehlende Verbindung zum Rest des Teams nachgesagt wird. „Er ist hier angekommen und hat sich sofort gut in die Mannschaft und seine Teamkollegen integriert und eine gute Beziehung zu ihnen aufgebaut. Er kam mit einer perfekten Einstellung.“
Ancelotti: Habe 2014 bei Real Madrid meinen schlimmsten Fehler gemachtGenerell hadert Ancelotti mit der neuen Spielergeneration. „Es ist ein anderer Stil, eine andere Art, das Leben zu sehen. Es ist viel schwieriger für sie. Sie haben viel mehr Verantwortung, spielen viel mehr. Der Druck, den sie haben, ist nicht mit dem von früher zu vergleichen“, erklärte er. „Und es gibt noch eine andere Krankheit, nämlich die Abhängigkeit von ihren Handys. Ich muss dagegen ankämpfen. Einmal habe ich aus Spaß gesagt: ‚Ich habe es satt, eure Handys in der Kabine zu sehen. Von jetzt an wird es keine mehr geben. Wenn ihr zum Training kommt, lasst ihr es liegen.‘ Die Spieler fragten mich: ‚Machen Sie Witze?‘ ‚Nein, ich meine es sehr ernst. Ab morgen wird es so sein.‘ Und ich ging. Nach dem Training kam der Spielerrat in mein Büro: ‚Das können Sie nicht machen. Das ist verrückt, das kann nicht passieren!‘ Stellen Sie sich das mal vor …“
Rückblickend würde Ancelotti gerne eine Sache während seiner ersten Amtszeit bei Real anders machen. „Es ist unmöglich, in 30 Jahren nur gute Entscheidungen zu treffen. Zum Beispiel habe ich hier in Madrid nach meinem ersten Jahr eine schlechte Entscheidung getroffen. Ich war kurz davor, meinen Vertrag zu verlängern, der Verein wollte mich halten, aber ich habe bei meinem Gehalt zu viel Druck gemacht und sie haben aufgehört. Das war ein Fehler, der schlimmste, den ich je gemacht habe. Aber ich habe dadurch gelernt“, sagte der 65-Jährige, der anschließend am Ende seiner zweiten Saison im Mai 2015 entlassen wurde.
Nach wie vor verspürt Ancelotti aber viel Lust auf seinen Job, auch wenn er sich erste Gedanken über das Karriereende macht. „Ich habe vor 48 Jahren angefangen. Also fange ich an, über den Tag nachzudenken, an dem es aufhören könnte“, gab er zu. „Was ich sicher weiß, ist, dass der Tag, an dem ich in den Ruhestand gehe, ein fantastischer Tag sein wird. Ich habe noch so viel zu machen und zu sehen. Ich würde zum Beispiel gerne nach Argentinien, auf die Malediven oder nach Australien reisen. Ich habe fünf Kinder, meinen Sohn (Co-Trainer Davide; d. Red.) hier. Vielleicht kann er eine Mannschaft trainieren. Ich jedenfalls werde ihn verfolgen und ihn unter Druck setzen: ‚Was machst du da?‘“ Ein lachender Ancelotti bemerkte: „Der Tag, an dem ich aufhöre, wird nicht traurig sein.“