Tischtennis: Polcanova drückt auch Heim-EM Stempel auf

10 Stunden vor
Polcanova

Tischtennis

Tischtennis-Ass Sofia Polcanova hat den zweiten Individual-Europameisterschaften in Folge ihren Stempel aufgedrückt. Zwei Titel bei einmal Bronze hatte sie 2022 in München geholt, bei den Titelkämpfen 2024 in Linz wurde es mit Einzel-Gold erneut der wichtigste Titel, dazu gab es jeweils Silber im Doppel (mit der Rumänin Bernadette Szöcs) und im Mixed (mit Robert Gardos). Die 30-Jährige ist damit wieder Europas Nummer eins.

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Ihr Weg dahin war nicht einfach. In Chisinau in Moldawien erlebte sie ihre ersten Tischtennisjahre. Im Keller einer Schule trainierte sie unter alles andere als guten Bedingungen mit ihrem Vater. Reisen zu Trainingscamps waren beschwerlich, Polcanova biss sich aber diszipliniert durch. Im Alter von 14 Jahren erfolgte schließlich der entscheidende Schritt nach Österreich und zu Linz AG Froschberg, wo sie sich weiterentwickelte. 2010 erfolgte dann die Einbürgerung.

Als Österreicherin heimste die damals 20-jährige 2014 in Lissabon u. a. an der Seite von Liu Jia mit Team-EM-Silber ihren ersten großen internationalen Erfolg ein. Erstmals Individual-EM-Medaillen eroberte Polcanova 2018 in Alicante – und das mit Silber im Mixed (mit Stefan Fegerl) und im Doppel sowie Bronze im Einzel gleich dreifach. Ein solches Triple ist ihr nun bereits dreimal gelungen, insgesamt hält die Oberösterreicherin bei bereits zehn EM-Medaillen.

Polcanova holt zum EM-Abschluss Gold

Sophia Polcanova konnte endlich ihren Titel bei der Tischtennis-EM in Linz feiern. Nachdem sie zuvor zweimal Silber im Mixed mit Robert Gardos und im Doppel mit der Rumänin Bernadette Szöcs gewonnen hatte, sicherte sie sich im Einzel-Finale gegen Szöcs die Goldmedaille.

ÖTTV-Rekorde nicht außer Reichweite

Damit ist sie zwar noch weit von den 18 von Österreichs Rekordhalter Werner Schlager entfernt, in der Wertigkeit der Podestplätze ist Polcanova nun aber schon ganz knapp an der Topposition im Österreichischen Tischtennisverband (ÖTTV). Diese hält noch Gardos. Beide haben dreimal Gold, Gardos aber sechs Silberne und damit eine mehr als Polcanova. Polcanova hat allerdings noch um einiges mehr an Zeit zur Aufbesserung als der 45-jährige Gardos.

16 Matches in vier Tagen

„Ich kann noch immer nicht glauben, dass ich das geschafft habe“, meinte Polcanova über die Ausbeute in Linz. 16 Matches hatte sie bei ihrem Erfolgslauf innerhalb von 96 Stunden zu bestreiten. „Ich habe vor der Belastung richtig Angst gehabt. Vier Matches am Tag habe ich nicht mehr gehabt, seit ich U21 gespielt habe“, erinnerte sich die Linkshänderin. „Aber ich habe mir gedacht: einfach durchbeißen.“

Diese Einstellung war schon mehrmals Erfolgsrezept, heuer auch schon bei den Olympischen Spielen in Paris. Mit dem Einzug ins Viertelfinale und damit dem fünften Platz stellte Polcanova einen neuen ÖTTV-Frauen-Rekord auf. Nach dem Paris-Trip wurde sie von einer Bronchitis – und auch Rückenbeschwerden – zurückgeworfen. Körperlich brachte sie sich bis zum EM-Auftakt wieder in Form, spielerisch beeindruckte sie von Match zu Match, und mental gelang es ihr immer wieder, sich auf die Aufgaben einzustimmen.

Versprechen an toten Vater gehalten

„Ich habe mir vor eineinhalb Jahren dieses Ziel gesetzt. Bei allen Tiefen und Höhen, die ich schon erlebt habe, ist das wirklich sehr schön“, sagte Polcanova. Am Sonntag vor EM-Beginn sei sie auf dem Linzer Barbara-Friedhof gewesen, wo ihr 2015 verstorbener Vater begraben ist. „Ich habe mit ihm besprochen, dass ich kämpfen werde, egal was passiert. Dass ich nicht aufgeben werde. Das habe ich jetzt gemacht. Das Ergebnis ist ein Wahnsinn, ich habe das Versprechen gehalten. Es geht einfach immer um meinen Papa.“

Der habe ihr derart geholfen und war so prägend für sie, dass Polcanova nach dem Triumph tränenreich gen Himmel blickte. Ihr Mann Peter sei es nun, der ihr Halt und Unterstützung gebe. Ihn hat sie nur sechs Tage vor dem Tod des Vaters kennengelernt. „Es war wie ein Zeichen, und es schließt sich hier wirklich der Kreis. Ich liebe meinen Mann über alles. Er hat mich in der EM-Woche auf Händen getragen, damit ich alles bestens machen kann.“

Polcanova nach EM-Gold: „Ich bin dankbar“

Sofia Polcanova hat das Finale im Frauen-Einzel der Tischtennis-EM für sich entschieden. Im ORF-Interview bedankte sich die frischgebackene Europameisterin bei allen, die ihr auf ihrem Weg geholfen haben.

„Ich brauche jetzt eine Woche Urlaub, eine Woche Schlaf durchgehend", kündigte Polcanova eine Erholungspause an. „Jetzt werde ich sicher einmal feiern. Ich werde das eine Woche genießen und verstehen, und dann wieder von vorne anfangen." Für Dezember ist dann ein längerer Hawaii-Urlaub geplant. Der wird ihr auch ausreichend Zeit geben, um auf das Jahr 2024 zurückzublicken. „Es ist mein bestes Jahr, und nicht nur darauf bin ich stolz. Ich war auch das ganze Jahr stabil. Dafür bin ich auch meinem Team vom Olympiazentrum dankbar.“

Nach dem Karriereende von Liu Jia liegt es auch an Polcanova, Nachwuchstalente wie Nina Skerbinz im ÖTTV-Team zu führen. Sie kümmert sich aber auch in anderer Form um die Tischtenniszukunft. In Chisinau gibt es eine über sie initiierte Akademie, in der auch Wladimir Ursu trainiert. Der Ex-Landsmann Polcanovas hat in Linz mit dem Österreicher Maciej Kolodziejczyk EM-Bronze im Doppel geholt.

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