Papst Franziskus fordert mehr Respekt für Frauen in Papua ...

8 Sep 2024

reportage

Frauen in Papua-Neuguinea "Du musst stark sein, um es zu schaffen"

Stand: 07.09.2024 19:41 Uhr

Papst Franziskus - Figure 1
Foto tagesschau.de

Auf seiner Asien-Pazifik-Reise hat Papst Franziskus auch in Papua-Neuguinea zu Gast. Dort forderte der Pontifex mehr Respekt für Frauen. Denn die leiden unter den starren Traditionen des Landes, geringen Aufstiegschancen - und sind oft sexueller Gewalt ausgesetzt.

Die Caritas-Schule in Port Moresby, kurz bevor der Papst hier eintreffen soll. Die Schülerinnen proben noch einmal die Lieder, die sie gleich singen werden. Kinder und Jugendliche aus ganz Papua-Neuguinea gehen hier zur Schule, wohnen teilweise im angrenzenden Internat.

Manche sind ehemalige Straßenkinder, andere kommen aus eher wohlhabenden Familien, erzählt Pearl. Sie besucht die elfte Klasse der Technischen Schule hier, liebt den Unterricht. Und hat einen großen Traum: Sie will Ingenieurin werden und nach Australien gehen. Für eine Frau hier in Papua-Neuguinea kein einfaches Ziel, das weiß auch sie. "Es ist sehr schwierig, wir haben hier in Papua-Neuguinea sehr starre Traditionen. Aber jetzt ändern sich die Zeiten, Frauen werden immer unabhängiger."

Zwangsheirat und Hexenverfolgung

Aber noch haben Frauen hier viel schlechtere Startchancen als Männer: In wichtigen Posten sind sie völlig unterrepräsentiert, in der Politik spielen sie kaum eine Rolle. Körperliche Gewalt gegen Frauen ist sehr häufig, in einigen Gegenden des Landes kommt es immer noch zu Zwangsverheiratungen und Hexenverfolgungen.

Und so fordert auch der Papst bei einem Treffen mit Regierungsvertretern in Papua-Neuguinea mehr Respekt für Frauen: Es seien die Frauen, die ein Land vorantreiben, so Franziskus.

"Du musst stark sein, um es zu schaffen"

Eine, die es geschafft hat, sich in dieser männerdominierten Welt durchzusetzen, ist Annett. Sie ist Direktorin einer katholischen Schule für Jungen am Stadtrand von Port Moresby - die erste Frau, die diese Schule leitet, erzählt sie. Das erste Jahr hatte sie es sehr schwer, akzeptiert zu werden.

"Du musst für dich einstehen und du musst stark sein, um es zu schaffen. Was typisch für Papua-Neuguinea ist, hier musst du stark sein, bei dem, was du tust. Wenn du anfängst zu denken: Ich bin eine Frau, dann bringt dich das nicht weiter in deiner Karriere", sagt Annett. Sie aber komme aus einer matrilinearen Gesellschaft, das heißt, das Land gehört den Frauen und wird von Mutter zu Tochter vererbt. "Wir treffen die Entscheidungen und die Männer verkünden sie. Weil ich aus dieser Gesellschaft komme, ist es für mich vielleicht einfacher, in einer Jungenschule zu arbeiten", so Annett.

"Lebenssituation hat sich verschlechtert"

Annett gehört dem Tolai-Volk an, kommt ursprünglich aus der Provinz East New Britain. Papua-Neuguinea sei eben nicht eindimensional, nicht nur frauenfeindlich, schlecht oder gefährlich, sagt sie und lächelt. Bei Hunderten Inseln und über 800 Sprachen auch gar nicht so überraschend. Dass sie ihr Land voller Gegensätze, voller scheinbarer Widersprüche liebt, merkt man ihr an. Aber auch sie sagt: Die Lebenssituation der Menschen hat sich in den letzten Jahren verschlechtert.

"Sie können ihre Grundbedürfnisse nicht erfüllen. Sie können ihre Rechnungen nicht bezahlen, sie können ihre Kinder nicht in die Schule schicken, nicht einmal eine Mahlzeit pro Tag für ihre Kinder beschaffen", sagt Annett. "Sie können keine Bustickets bezahlen. Es gibt diese Menschen." Und einige gerieten dann auf die schiefe Bahn, sagt sie. Sie glaubten dann, der einfachste Weg, an Geld zu kommen, sei, Menschen zu bestehlen oder auszurauben.

Alkohol, Drogen und Kriminalität

Die Kriminalität ist nicht nur in der Hauptstadt Port Moresby hoch - sondern auch in anderen Teilen des Landes. Dazu kommen immer wieder Stammeskriege im Hochland Papua-Neuguineas - wunderschöne Gegenden, sagt Annett, die lange im Hochland Lehrerin war. Sie kann dem Papst nur zustimmen, als er beim Treffen mit den Regierungsvertretern an das Verantwortungsgefühl aller appelliert, damit die Gewaltspirale endlich durchbrochen wird.

Und versucht selbst, an ihrer Schule die Lebenssituation ihrer Schüler zu verbessern: "Einige haben kein Geld, andere lassen sich zu Drogen oder Alkoholmissbrauch verleiten oder Mobbing - wegen der Umgebung, in der sie leben", sagt Annett. Manche hätten nicht jeden Tag etwas zu essen, sie kämpften damit. Und deshalb böten sie an ihrer Schule Frühstück an.

Die katholische Kirche unterstütze sie, sagt sie, ebenso wie eine Partnerschule aus Australien. Aber trotzdem: "Unterrichten ist nicht leicht an einer Schule, an der selbst die Schulbücher fehlen: In manchen Fächern müssen sich zehn Schüler ein einziges Buch teilen."

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