Südafrika: Oscar Pistorius soll auf Bewährung freigelassen werden

Fast elf Jahre nach dem Mord an seiner Freundin Reeva Steenkamp darf Oscar Pistorius das Gefängnis verlassen. Ein Ausschuss für Strafvollzugsüberwachung und Bewährung  in Südafrika gewährte dem früheren Spitzensportler am Freitag eine vorzeitige Entlassung auf Bewährung, nachdem er neun Jahre hinter Gittern verbracht hatte. Am 5. Januar 2024 dürfe er die Haft beenden, hieß es am Freitag nach einer Anhörung im Atteridgeville-Gefängnis in Pretoria. Damit geht auch ein Justizdrama zu Ende, das ein Medienspektakel ausgelöst und die internationale Öffentlichkeit ein Jahrzehnt lang immer wieder in Bann gehalten hatte.

Claudia Bröll

Politische Korrespondentin für Afrika mit Sitz in Kapstadt.

Die Frage, wann Pistorius eine vorzeitige Entlassung beantragen durfte, hatte zuletzt auch das höchste Gericht des Landes beschäftigt. Schon im März hatte er einen Antrag gestellt, den die Behörde jedoch abgelehnt hatte. Zur Begründung hieß es, Pistorius habe zu der Zeit noch nicht die benötigte Hälfte der Haftzeit abgeleistet. Im Oktober entschied dann das Verfassungsgericht, die Voraussetzungen seien doch gegeben gewesen. Pistorius habe „spätestens am 21. März 2023 die Hälfte seiner Strafe“ verbüßt.

Wann begann die Haftstrafe?

Umstritten ist gewesen, welcher Starttermin für die Berechnung seiner Haftstraße relevant ist. Im Oktober 2014 hatte ihn ein Gericht in Pretoria zuerst wegen fahrlässiger Tötung zu fünf Jahren verurteilt. Das Urteil löste Proteste aus, die Staatsanwaltschaft ging in Berufung. Ein Jahr später kippte das Oberste Berufungsgericht das Urteil und erklärte ihn der „bedingt vorsätzlichen“ Tötung für schuldig. Daraufhin setzte das Gericht in Pretoria eine Strafe von sechs Jahren fest. Auch dagegen gab es Einspruch. Im November 2017 schließlich bezeichnete das Oberste Berufungsgericht die vorige Strafe als „schockierend milde“. Es gebe keinen Grund, weshalb Pistorius die vorgeschriebene Mindeststrafe für eine solche Tat von 15 Jahren erspart bleiben solle. Die Zeit, die er bisher im Gefängnis verbracht hat, wurde angerechnet, so dass sich eine Strafe von 13 Jahren und fünf Monaten ergab.

Der heute 37 Jahre alte Pistorius hatte als „schnellster Mann ohne Beine“ Geschichte geschrieben. Im Babyalter mussten ihm wegen einer Krankheit beide Unterschenkel amputiert werden. Später gewann er als „Blade Runner“ mit Prothesen Medaillen und setzte Rekorde. Für viele wurde er zu einem Idol und zu einer Inspiration,  sich auch von den größten Widrigkeiten im Leben nicht bremsen zu lassen. Am Valentinstag 2013 dann nahm die vielfach verfilmte Geschichte des Oscar Pistorius eine dramatische Wende, als er nachts in seinem Haus viermal durch eine geschlossene Toilettentür schoss und seine damals 29 Jahre alte Freundin Reeva dahinter tötete. Er selbst sagte, er habe einen Einbrecher hinter der Tür vermutet und in Panik gehandelt. Der Richter in der letzten Instanz wiederum argumentierte, Pistorius habe vernünftigerweise wissen müssen, dass er die Person in einem so kleinen Raum hinter der Tür tötete.

Reevas Mutter, June Steenkamp, hatte am Donnerstag über ihre Anwältin mitteilen lassen, nicht zu der Anhörung zu erscheinen. In einer Erklärung, die bei der Anhörung verlesen wurde, hieß es, sie werde sich nicht gegen eine Freilassung auf Bewährung stellen, auch wenn sie immer noch nicht daran glaube, dass Pistorius ihre Tochter für einen Einbrecher gehalten habe. Sie sei überzeugt, dass Reevas Vater, Barry Steenkamp, im September an einem „gebrochenen Herzen“ gestorben sei. „Kein Elternteil sollte ein Kind beerdigen müssen, und schon gar nicht unter den Umständen, die beim Tod von Reeva herrschten“. Ihre Tochter habe eine „riesige Lücke“ hinterlassen, die niemals von jemand anderem gefüllt werden könne. 

Der Ausschuss setzte am Freitag eine Bewährungszeit bis 2029 fest. In dieser Zeit müsse Pistorius an Therapien teilnehmen und Sozialarbeit leisten.

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