Formel 1 Ungarn-Rennen: Oscar Piastri siegt mit Teamorder ...

McLaren holt in Ungarn einen Doppelsieg, macht den sich aber unmöglich schwer. Lando Norris muss Oscar Piastri Sieg zurückgeben. Dahinter crashen Max Verstappen und Lewis Hamilton.

Oscar Piastri - Figure 1
Foto Motorsport-Magazin.com

Markus Steinrisser21.07.2024, 16:53 UhrRennbericht

Markus Steinrisser

Formel 1 Ressort

Seit 2018 im F1-Team. Der Mann fürs Textliche. Nichts ist schöner als Action auf- und abseits der Strecke, fusioniert zum großen Feature.MEHR

Oscar Piastri legte am Start den Grundstein für den Ungarn-Sieg, Foto: LAT Images

Der Ungarn-GP 2024 erlebte eine hochdramatische Schlussphase. Sowohl im Kampf um den Sieg zwischen den beiden McLaren, als auch im berühmten Kampf der alten Formel-1-Streithähne Lewis Hamilton und Max Verstappen. Das kulminiert in einem zur Teamorder gezwungenen Lando Norris, der Oscar Piastri den ersten Sieg übergeben muss. Und in einem erneuten Crash.

Der Sieger: Piastri hatte sich beim Start in Führung gesetzt und lange das Rennen kontrolliert, ehe McLaren aus Sorge vor Mercedes Norris beim letzten Stopp einen Undercut schenkte. Damit bekam Norris die Führung auf dem Silbertablett. Über 20 Runden verhandelte daraufhin sein Renningenieur mit ihm, ehe Norris sich der Team-Anweisung fügte und die Reihung wiederherstellte. Piastri holt seinen ersten Sieg, Norris macht es zum Doppelsieg.

Das Podium: Verstappen fluchte erst auf die Red-Bull-Strategie, die ihm von Platz 3 auf Platz 5 zurückwarf. Beim Versuch, Hamilton spät P3 noch einmal abzunehmen, kollidierten die beiden in der ersten Kurve. Hamilton rettete das Podium, Charles Leclerc krallte sich P4. Für Verstappen blieb nur Platz 5 übrig.

Das restliche Ergebnis: Carlos Sainz konnte den waidwunden Red Bull nicht mehr abfangen und wurde Sechster. Sergio Perez und George Russell holten sich mit Comeback-Fahrten nach schlechten Qualifying-Leistungen die Plätze sieben und acht. Yuki Tsunoda trug mit einer Einstopp-Strategie einen neunten Platz vor Lance Stroll ins Ziel.

Die Highlights vom Formel-1-Rennen in UngarnMcLaren schafft sich ein völlig unnötiges Teamorder-DramaOscar Piastri holt ersten Sieg der Formel-1-KarriereVerstappen und Hamilton kollidieren einmal mehrSergio Perez mit solidem Comeback-RennenYuki Tsunoda & Racing Bulls mit Einstopp-MeisterleistungAggressive Strategie für Nico Hülkenberg geht nicht auf Formel 1 - WM-Stand 2024: Red Bull & Verstappen verlieren Boden auf McLaren

Die WM-Tabelle: Erstmals seit langem schrumpfen die Red-Bull-Führungen in beiden Wertungen. Verstappen führt aber weiterhin klar vor Norris. Red Bull allerdings hat nur mehr 51 Punkte Vorsprung auf McLaren, die gleich 27 Punkte gewonnen haben. Hamilton springt von Platz 8 auf Platz 6. Alle anderen Positionen bleiben unverändert.

Formel 1 2024: Gesamtwertung Fahrer und Teams

Vor dem Start: Die Sommerhitze war zurück, der Asphalt kletterte bei leichter Bewölkung nahe der 50-Grad-Marke. Norris meldete auf den Sichtungsrunden ein komisches Gefühl des Gaspedals. Auf dem Grid wurde der Gaspedal-Dämpfer getauscht. Beide Aston Martin, Alex Albon und Kevin Magnussen starteten auf Soft. Sergio Perez, George Russell und Pierre Gasly wählten Hard. Der Rest vertraute auf Medium.

Start in Ungarn: 3 Autos in einer Kurve! Piastri führt, Ärger um Verstappen

Die erste Kurve wurde schon turbulent. Norris konnte trotz gutem Start nicht verhindern, dass sich Piastri in der ersten Kurve innen danebensetzte. Zugleich versuchte es Verstappen außen, der Platz wurde knapp. Während Piastri die Führung übernahm, wich der Red Bull schließlich in die Auslaufzone aus, stieg aufs Gas und ließ damit Norris hinter sich. Der konnte gerade noch ausgangs Kurve 2 sich noch den dritten Platz von einem gut gestarteten Hamilton zurückholen.

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Zu dritt bog die Spitzengruppe in die erste Kurve ein, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Sofort begann Funk-Politik. Norris forderte den Platz von Verstappen zurück, der fühlte sich abgedrängt. Als die Rennleitung schließlich eine Untersuchung begann, gab Verstappen auf Anraten des Teams in Runde 4 den zweiten Platz an Norris zurück. Diese Episode verschaffte Piastri eine Führung von zweieinhalb Sekunden.

Hamilton und ein ebenfalls gut gestarteter Charles Leclerc hielten während dieser Rennphase erst einmal Anschluss. Carlos Sainz war nicht gut weggekommen, war sogar kurz bis hinter Fernando Alonso zurückgefallen. In Runde 3 konnte er sich den sechsten Platz zurückholen, hatte aber den Anschluss an das Spitzen-Quintett verloren. Alonso konnte das Tempo nicht gehen und fiel sofort zurück.

Red Bull steigt nicht auf frühe McLaren-Stopps ein

Lewis Hamilton eröffnete in Runde 17 die Spitzen-Stopps, und trieb damit in den beiden darauffolgenden Runden beide McLaren an die Box. Nicht darauf ein stieg Verstappen, der sonst seinen dritten Platz an den Hamilton-Undercut zu verlieren drohte. Stattdessen setzte Red Bull - trotz lautstarker Beschwerden von Verstappen über die Balance - auf eine Alternativ-Strategie mit verlängertem ersten Stint. Auch beide Ferrari verlängerten.

Erst in Runde 22 stoppten Verstappen und Sainz, Leclerc überhaupt erst in Runde 24. Der Red Bull fiel damit sechs Sekunden hinter Hamilton auf P4 zurück. Der Rekordweltmeister brannte ein paar schnellste Runden in den Asphalt, bezahlte aber bald den Preis dafür. Nach 10 Runden begann er rapide von den McLaren und in die Fänge von Verstappen und Leclerc abzurutschen.

In Runde 35 versuchte Verstappen eine erste Attacke gegen einen sich in der ersten Kurve verbremsenden Hamilton, aber dann rutschte auch der Red Bull in der zweiten Kurve weit und konnte das Manöver nicht durchbringen. Hamilton wehrte erst einen Stopp-Vorschlag in Runde 39 ab - "Das ist ein langer Weg auf dem verdammten Reifen" - ehe er sich in Runde 41 fügte. Mit ihm kam Leclerc.

Verstappen blieb wieder draußen und war stocksauer: "Es ist beeindruckend, wie wir den Undercut erlauben und das Rennen komplett ruinieren." Erst in Runde 50 stoppte er zum zweiten Mal, war jetzt 6 Sekunden hinter Leclerc nur mehr Fünfter.

McLaren schielt auf Hamilton - und sorgt für Teamorder-Chaos

McLaren war inzwischen vorne weggefahren. Doch man ließ sich nun von Hamilton treiben. Statt wie üblich den Führenden holte McLaren Norris in Runde 46 zuerst rein. Er blieb über 4 Sekunden vor Hamilton. Die ernstere Konsequenz: Piastri kam erst zwei Runden später. Durch diesen Team-Entscheid verlor er die Führung. Doch nun wurde Norris am Funk angewiesen, die "Reihung vor dem Stopp bei Gelegenheit wiederherzustellen."

Norris reagierte genervt: "Dann hättet ihr ihn früher stoppen sollen, oder?" Die Box versuchte ihn daraufhin mit immer umfangreicheren Anweisungen zum Reifensparen einzubremsen. Doch die Lücke wuchs, statt zu schrumpfen. "Erinnere dich an jedes einzelne Sonntagmorgen-Meeting, das wir je hatten", wurde der Ton zehn Runden vor Schluss schon fast flehentlich. Norris war beschränkt empfänglich: "Sagt ihm, er soll aufholen." Erst in Runde 68 - nach langem Flehen des Teams - nahm Norris auf der Zielgeraden raus und überließ Piastri den Sieg.

Verstappen eskaliert am Funk und crasht mit Hamilton!

Teaminternes Drama gab es auch bei Red Bull. Verstappen machte Jagd auf Leclerc, und war am Funk für Kritik seines Reifenmanagements nicht mehr empfänglich: "Ihr habt mir diese verdammte Strategie gegeben! Ich versuche zu retten, was noch übrig ist!" In Runde 57 eroberte er in Kurve 1 den vierten Platz von Leclerc zurück.

Das Podium war noch drin. In Runde 62 drückte Hamilton den Red Bull aber bei der ersten Attacke in Kurve 3 erst einmal raus. Verstappen wollte es daraufhin in Kurve 1 wissen, mit stehenden Reifen rutschte er aber geradeaus und wurde von Hamiltons rechtem Vorderrad ausgehebelt. Beide konnten weiterfahren, wenn auch Verstappen wieder P4 an Leclerc verlor. Beide beschuldigten sich am Funk gegenseitig.

Hamilton brachte den dritten Platz ins Ziel, Leclerc hielt bis zum Schluss Verstappen erfolgreich auf Abstand. Die beiden Streithähne müssen nach dem Rennen noch zu den Stewards. Sainz hätte beinahe Verstappen noch abgefangen, blieb aber auf dem sechsten Rang.

Sergio Perez und George Russell beendeten recht einsam ihre Comeback-Fahrten auf den Plätzen 7 und 8. Beide hatten per Overcut das Verfolgerfeld am Start umschifft, ehe Red Bull Perez - der nach schlechtem Start hinter Russell zurückgefallen war - per Undercut beim zweiten Stopp an Russell wieder vorbeibrachte.

Aggressives Strategie-Match wegen Hülkenberg & Tsunoda im Hinterfeld

Das Verfolgerfeld wurde in den ersten 10 Runden komplett durcheinandergewürfelt. Alex Albon und Kevin Magnussen sprangen mit guten Starts in die Top-10. Nico Hülkenberg allerdings stoppte bereits in Runde 3 zum ersten Mal, und exekutierte damit einen gigantischen Undercut. Hülkenbergs direkten Konkurrenten begannen ab Runde 7 zu stoppen und fielen der Reihe nach hinter den Haas zurück.

Gar nicht auf diese Undercut-Welle ein stieg Tsunoda. Der zog seinen ersten Stint bis Runde 30, ehe er auf Hard wechselte. Zu dem Zeitpunkt waren Fahrer wie Hülkenberg und Albon schon zwei Mal an der Box. Hintenraus wurde bald klar: Tsunoda setzte auf eine Einstopp-Strategie. Dadurch wurde es ein Rennen zwischen ihm und den Aston Martins um die letzten beiden Punkteränge.

Stroll, der frischere Reifen hatte, durfte kurz vor Schluss noch an Alonso vorbei auf P10. Tsunoda aber rettete 7 Zehntel Vorsprung auf Stroll ins Ziel. Alonso wurde Elfter. Für Daniel Ricciardo und Nico Hülkenberg zahlten sich Undercuts beim zweiten respektive ersten Stopp nicht aus, sie holten die Plätze 12 und 13. Alex Albon, Kevin Magnussen, Valtteri Bottas, Logan Sargeant, Esteban Ocon und Zhou Guanyu komplettierten das Ergebnis. Pierre Gasly musste zur Halbzeit mit Defekt aufgeben.

© Motorsport-Magazin

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