Chronik: Kontroverse um Kindesabnahmen in Kärnten

23 Jul 2024
ORF kärnten

Chronik

Eine Kindesabnahme im Raum Völkermarkt wirft Fragen auf. Wie die „Kleine Zeitung“ berichtete, wurde Ende Juni einer Mutter die neunjährige Tochter ohne Vorwarnung abgenommen, da Gefahr im Verzug und Verdacht auf sexuellen Missbrauch bestand. Der Missbrauchsverdacht wurde zwar Stunden später revidiert, das Kind blieb dennoch in einem Krisenzentrum.

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In dem Krisenzentrum soll das Kind von zwei Burschen sexuell belästigt worden sein. Mitte Juli wurde das Mädchen wieder seiner Mutter übergeben. In Kärnten fanden im Vorjahr 45 Kindesabnahmen wegen Gefahr-in-Verzug statt. Diese werden jedoch nicht plötzlich und aus heiterem Himmel durchgeführt und sind oft notwendig, erklärte Astrid Liebhauser, die Kärntner Kinder- und Jugendanwältin.

Kindesabnahme „nie leichtfertig getroffen“

Die Kinder- und Jugendanwältin betonte, dass die Entscheidung, ein Kind aus seiner Familie zu nehmen und in eine Fremdbetreuung zu bringen, einer der schwersten ist und nicht leichtfertig getroffen wird. „Das überlegt man sich wirklich sehr genau und manchmal auch öfter, ob der Zeitpunkt jetzt da ist. Grundsätzlich handelt die Kinderjugendhilfe unter der Prämisse ‚Kindeswohl vorrangig‘ und ‚alles zum Schutz der Kinder‘ und manchmal ist es einfach notwendig, dass Kinder zumindest zeitweise nicht in ihrer Familie bleiben können.“

Zum konkreten Fall könne Astrid Liebhauser nichts sagen. Jedoch werden im internationalen Vergleich in Österreich verhältnismäßig viele Kinder und Jugendliche fremd betreut. Das heißt, sie leben entweder in sozialpädagogischen Einrichtungen mit Wohngruppen oder bei Pflegefamilien.

Hohe Unterbringungsrate in Kärnten

In Kärnten werden laut Sozialabteilung des Landes aktuell 668 Kinder und Jugendliche in Einrichtungen sowie 260 in Pflegefamilien betreut. „Ja, wir haben eine international gesehen recht hohe Unterbringungsrate. Es wird auch damit zu tun haben, dass wir dementsprechend auch weniger ambulante Unterstützungshilfen haben“, sagte Liebhauser. Das könne auch damit zu tun haben, dass es weniger ambulante Unterstützungshilfen gibt.

Es gebe zu wenig Mittel für ambulante Unterstützung, sagte Liebhauser. Zudem beobachtet die Kinder- und Jugendanwältin einen Mangel an Fachpersonen, „die diese schwierige und herausfordernde Arbeit leisten können“.

„Sparstift am falschen Platz“

Ambulante Unterstützung kostet Geld, sagte Liebhauser: „Da möchte ich auch darauf hinweisen, dass gerade dieser Bereich ein aus meiner Sicht am wenigsten geeigneter ist, der dem Sparstift zum Opfer fallen sollte.“ Von der Kinder- und Jugendanwaltschaft steht eine Vertrauensperson zur Verfügung, die regelmäßig Einrichtungen besucht, in denen Kinder untergebracht sind.

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