Orbán und Le Pen gründen neue rechte EU-Fraktion "Patrioten für ...

9 Jul 2024
Orban

Eine neue rechtspopulistische Fraktion, die „Patrioten für Europa“, wurde am Montag (8. Juli) im EU-Parlament gegründet. Sie geht zum größten Teil aus der ehemaligen Gruppe Identität und Demokratie (ID) auf und hat genügend weitere rechte Abgeordnete vereint, um die drittgrößte Fraktion zu werden.

Am 30. Juni gaben der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, die österreichische rechtspopulistische FPÖ und die ANO, die frühere liberale Partei des ehemaligen tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babiš, ihre Absicht zur Gründung der Fraktion bekannt. Diese sollte sich aus „patriotischen und souveränen Parteien“ zusammensetzen, die die Rolle der Mitgliedstaaten stärken und Brüssels Einfluss verringern wollen.

Die Verhandlungen über die neue Fraktion dauerten etwa eine Woche. Sie wurden am Montag abgeschlossen, was zugleich das Ende der ID-Fraktion bedeutete.

Die neue Fraktion, die sich aus 13 nationalen Parteien zusammensetzt, will den EU-Staaten mehr Souveränität zurückgeben und strengere Maßnahmen gegen illegale Migration durchsetzen.

„Wir wollen die Europäische Union umgestalten, wir wollen, dass Asyl nicht missbraucht wird und wir wollen Frieden vor unserer Haustür“, sagte Harald Vilimsky (FPÖ) auf der Pressekonferenz.

In dem von den drei Gründungsparteien unterzeichneten Grundsatzprogramm sprachen sie sich auch gegen den Green Deal der EU aus. In Bezug auf den Einmarsch Russlands in die Ukraine bekräftigten sie ihr Engagement für Dialog und Frieden.

Jean-Paul Garraud, der die französische Delegation bei der Gründungspressekonferenz vertrat, erklärte, die Fraktion werde „gegen die Hegemonie der Europäischen Kommission und der Mehrheit des Europäischen Parlaments arbeiten, die nun ins Wanken geraten ist.“ Damit spielte er auf die Tatsache an, dass die neu gegründete Fraktion mit 84 Abgeordneten nun die drittgrößte ist.

„Diese 84 Abgeordneten sind nur die erste Schicht, es werden mehr werden, viele wollen ein Gegengewicht zum EU-Wahnsinn sein“, fügte Vilimsky hinzu.

Die Tatsache, dass Marine Le Pens Rassemblement National sich Orbán in dieser neuen Fraktion angeschlossen hat, besiegelte das Schicksal ihrer eigenen Fraktion, der ID. Ihr Schützling und gescheiterter Kandidat für das Amt des französischen Premierministers, Jordan Bardella, wurde zum Vorsitzenden der Patrioten-Fraktion gewählt – unter anderem, weil die Franzosen mit 30 Abgeordneten die größte Delegation stellen.

Andrej Babiš, Vorsitzender der ANO, rechnet ebenfalls mit einer weiteren Expansion der Fraktion. „Viele Abgeordnete der EVP oder der EKR teilen unsere Ansicht zur illegalen Migration“, sagte er auf einer separaten Pressekonferenz in Tschechien.

Die ANO wurde dafür kritisiert, dass sie sich mit Parteien verbündet habe, die offen prorussische Positionen vertreten. Laut Karel Havlíček, dem stellvertretenden Vorsitzenden der ANO-Bewegung, sei die Partei jedoch nicht auf der Suche nach Verbündeten gewesen, die die gleiche Meinung in Bezug auf Russland verträten. „Wir haben nach Verbündeten gesucht, die die gleiche Auffassung von der Funktionsweise der Union haben.“

Die Meinung der ANO zum Konflikt in der Ukraine, einschließlich der Kritik an der russischen Aggression, habe sich nicht geändert, fügte er hinzu. Er verurteilte den heutigen Luftangriff auf die Ukraine, der unter anderem ein Kinderkrankenhaus zum Ziel hatte.

Eine schnelle Expansion

In der vergangenen Woche haben mehrere ID-Parteien ihre Absicht bekundet, sich den Patrioten anzuschließen. Damit ist klar, dass die ID wahrscheinlich nicht über genügend nationale Delegationen verfügen wird, um weiterhin als Fraktion im Europäischen Parlament vertreten zu sein.

Die Erklärung der „Patrioten für Europa“ wurde zunächst von Orbán, dessen Fidesz-Partei nach ihrem Austritt aus der Europäischen Volkspartei 2021 den größten Teil der letzten Legislaturperiode als unabhängige Partei verbracht hat, unterzeichnet. Die österreichische FPÖ, ein ehemaliges Mitglied der ID-Fraktion, und die tschechische ANO, die am 21. Juni aus der liberalen Renew-Fraktion ausgetreten ist, gehören ebenfalls zu den Unterzeichnern.

Die drei Parteien erfüllten bereits eine der Anforderungen, mehr als 23 Abgeordnete zu versammeln, um eine neue Fraktion zu bilden. Sie benötigten jedoch mindestens sieben verschiedene nationale Delegationen, um die Fraktionsbildung zu vervollständigen.

Kurz nach dieser Ankündigung erklärte die portugiesische Chega! ihre Absicht, die ID zu verlassen und mit der neuen Gruppierung zusammenzuarbeiten.

Am Freitag schlossen sich die spanische Vox, die von der rechtskonservativen EKR wechselte, und die rechtspopulistische niederländische PVV von Geert Wilders (ID) den Patrioten an. Es folgten die dänische Volkspartei und die belgische Partei Vlaams Belang, die beide früher ebenfalls der ID angehörten.

Marine Le Pen und ihr Rassemblement National, die führende Partei der ID-Fraktion, warteten bis zum Ende der französischen Parlamentswahlen am 7. Juli, um ihre Entscheidung, ebenfalls beizutreten, bekannt zu geben.

Die Neuaufmachung der ID-Fraktion steht nun unter der gemeinsamen Führung von Orbán und Le Pen. Sie soll die Absicht vermitteln, rechtspopulistische Parteien mit Regierungserfahrung oder ernsthaftem Regierungspotenzial zu vereinen.

Einige kleine Parteien, wie die neu gegründete griechische ultranationalistische Stimme der Vernunft, die nicht im griechischen Parlament vertreten ist, haben ebenfalls ihren Platz in der neuen Fraktion gefunden. Das andere Beispiel ist die umstrittene tschechische Koalition Eid und Autofahrer. Diese neue Koalition hat sich bei den Europawahlen zwei Mandate gesichert und ist seither auf der Suche nach einer politischen Fraktion.

Die AfD, die kurz vor den Europawahlen von der ID-Fraktion ausgeschlossen wurde, wird diesem Bündnis nicht angehören. Es besteht immer noch die Möglichkeit, dass die Partei im Laufe dieser Woche versuchen wird, ihre eigene Fraktion zu gründen.

[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic]

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