Orban bei Rosenkranz: Umstrittener Empfang im Parlament
Orban bei Rosenkranz
Ungarns Regierungschef Viktor Orban ist am Donnerstag von Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) im Parlament empfangen worden. Orban ist der erste Gast des frisch gewählten Nationalratspräsidenten. Der umstrittene Besuch fand im Empfangssalon statt, auch FPÖ-Chef Herbert Kickl war anwesend. Kritik kam von den Grünen und der SPÖ.
Online seit heute, 11.49 Uhr (Update: 20.48 Uhr)
Orban wurde im Hohen Haus von FPÖ-Spitzenpolitikern begrüßt: Überraschend war bei dem Treffen mit Rosenkranz auch Kickl anwesend. Er wurde von FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker – Vorsitzender der parlamentarischen Freundschaftsgruppe mit Ungarn –, EU-Delegationsleiter Harald Vilimsky und der Abgeordneten Susanne Fürst begleitet. Mitglieder anderer Parteien waren nicht dabei.
Laut Parlamentsdirektion handelt es sich bei Orbans Termin im Parlament um einen offiziellen internationalen Besuch, entsprechende Sicherheitsvorkehrungen wurden daher getroffen. Eine Visite Orbans bei Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) gab es nicht.
Rosenkranz begrüßte Orban im ParlamentLaut den Grünen wurde Orban vor einer österreichischen und einer ungarischen Fahne empfangen, die EU-Flagge soll abmontiert worden sein. „Dieses Bild spricht tausend Worte“, so die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer.
Erster Gast von RosenkranzOrban ist der erste internationale Gast des neuen Nationalratspräsidenten. Das Treffen, das laut Rosenkranz bereits vor seinem Amtsantritt ausgemacht war, sorgte bereits im Vorfeld für breite Kritik. Die FPÖ und Orbans FIDESZ gehören beide der neuen Rechtsaußen-Europafraktion Patrioten für Europa an.
„Relativ kurzfristig“ nach Rosenkranz’ Kür zum Nationalratspräsidenten habe Orban gesagt, dass er ihn im Zuge seiner neuen Rolle „gern besuchen und kennenlernen“ wolle. Es entspreche seinem „Naturell“, aber auch seiner „Aufgabe“ als Parlamentspräsident und „gebietet auch die Höflichkeit“, dass er ausländische Staatsgäste treffe, die ein solches Treffen wollen, so Rosenkranz vergangene Woche in der ORF-Sendung „Hohes Haus“.
„Wiener Erklärung“ unterzeichnetRosenkranz und Kickl zeigten sich laut einer Aussendung der Parlamentsdirektion sehr erfreut über Orbans Besuch. Nach dem Treffen in größerer Runde zogen sich Orban und Kickl im Anschluss zu einem bilateralen Gespräch zurück. Dort sei eine „Wiener Erklärung“ unterzeichnet worden, gab die FPÖ in einer Aussendung bekannt. Laut Originaltext handelt es sich bei der Erklärung um eine Zusammenfassung der wichtigsten Prinzipien von FPÖ und FIDESZ bezüglich Europa.
In dem Text wird eine Bedrohung „autochthoner Völker“ Europas durch „das Ausmaß illegaler Migration“ und den „organisierten Missbrauch des Asylrechtes“ beschrieben. Zentralismus durch die EU wird kritisiert. Außerdem lehne man Geschlechtsidentitäten „neben Frau und Mann“ ab, heißt es in dem Text.
Scharfe Kritik von den GrünenWenige Minuten bevor der ungarische Regierungschef im Parlament eintraf, übten die Grünen scharfe Kritik an dem Besuch. „Da geht es um Symbol und Signal, und dieses Signal ist fatal“, sagte Parteichef Werner Kogler bei einer Pressekonferenz. Maurer warnte vor der bisherigen Amtsführung Rosenkranz’: „Diese Alarmglocken, sie schrillen laut.“
Simone Stribl berichtet über das Programm für Viktor Orban in Wien. Ungarns Regierungschef traf Nationalratspräsidenten Walter Rosenkranz (FPÖ) und FPÖ-Chef Herbert Kickl.
„Man kann das nur unterschätzen“, sagte Kogler. „Wen lädt er ein? Einen Antidemokraten, Antieuropäer und Putin-Versteher“, sagte er bei der Pressekonferenz im „Herzstück der Demokratie“. Dass heute die europäische Fahne für das Treffen abgehängt worden sei, sei ein weiteres fatales Signal, so Maurer. „Es beweist, dass die FPÖ ihre rechtsextremen Fantasien in die Tat umsetzt, wenn sie an der Macht ist.“
SPÖ: Rosenkranz wird seiner Rolle „nicht gerecht“Scharfe Kritik an dem Besuch übte auch die SPÖ. Rosenkranz werde seiner Rolle als Nationalratspräsident „sicherlich nicht gerecht“, wenn er einen Mann empfange, der sein Land in eine „korrupte Elitenherrschaft umgebaut hat“, betonte der Parteivorsitzende und Klubobmann Andreas Babler in einer Aussendung.
ÖVP und NEOS zeigten sich über den Umstand, dass bei dem Treffen mit Orban nur FPÖ-Klubmitglieder anwesend waren, beunruhigt. „Hier stellt sich die Frage, ob andere Klubobleute auch eingeladen waren, oder ob es sich um ein exklusives Treffen der FPÖ gehandelt hat. Die Volkspartei war jedenfalls nicht eingeladen“, so ÖVP-Klubobmann August Wöginger. Er stellte auch die Frage, wer in so einem Fall für die Kosten des Besuchs aufkomme.
NEOS-Vizeklubobmann Nikolaus Scherak übte eher prinzipielle Kritik an der Vorgangsweise von Rosenkranz. „Anstatt seine Aufgabe wie vorgesehen parteiübergreifend neutral und ausgewogen anzulegen, lädt er ausschließlich den gesamten FPÖ-Klub als einzige Parlamentsfraktion zu einem Arbeitsgespräch mit Orban ein. Das entspricht diametral der Art und Weise, wie ein Nationalratspräsident agieren sollte“, so Scherak in einer Aussendung.
Protest vor ParlamentDer Besuch Orban dürfe „keinesfalls als Zustimmung zu seiner repressiven Politik verstanden werden, sondern als wichtige Gelegenheit, konkrete Maßnahmen zur Wahrung der Menschenrechte einzufordern“, sagte die Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, Shoura Hashemi. Vor dem Parlament demonstrierten die Sozialistische Jugend (SJ) sowie die SoHo, die Queer-Organisation der SPÖ, gegen den Orban-Besuch.
Orban bei PodiumsdiskussionAm Nachmittag hatte Orban einen weiteren Termin in Wien: Die Schweizer Wochenzeitung „Weltwoche“, deren Herausgeber Roger Köppel bis 2023 Nationalrat der Rechtsaußen-Partei SVP war, lud zu einer Podiumsdiskussion mit dem deutschen Ex-Kanzler Gerhard Schröder zum Thema „Frieden in Europa“ in die Sofiensäle. Moderiert wurde die ausgebuchte Veranstaltung von Köppel, der erst im Juni Orban auf dessen umstrittenem Besuch bei Russlands Präsident Wladimir Putin begleitet hatte.
Bei der Diskussion zeigte sich Orban überzeugt, dass der Krieg in der Ukraine verloren sei. Es müsste ehebaldigst einen Waffenstillstand geben. Große Hoffnungen setzt er dabei auf eine Wiederwahl von Ex-US-Präsident Donald Trump. Dieser würde laut Orban sofort diesbezügliche Verhandlungen mit Russland aufnehmen.
Weiters beklagte er die aus seiner Sicht mangelnde Friedensinitiative aus Europa. Russland spreche „die Sprache der Macht“. Das sei auch der Grund für sein Vertrauen in Trump: Für die USA sei es nicht schwer, Russland zu verstehen, weil sie ebenfalls die Sprache der Macht sprächen.