Der Konzern entdeckt das größte Gasvorkommen in Österreich seit 40 Jahren und forciert die Produktion in Europa. Was bedeutet das für die Energiewende? Brauchen wir überhaupt so viel Gas?
Wien. Die sinkenden Öl- und Gaspreise haben den Gewinn der heimischen OMV im ersten Halbjahr kräftig nach unten gezogen. Aber die schwachen Zahlen waren an diesem Freitag nur Makulatur. Denn der Energieriese überraschte mit dem größten Gasfund auf österreichischem Boden seit 40 Jahren. Im niederösterreichischen Wittau sollen rund 28 Millionen Fass Öläquivalent an Erdgas unter der Erde schlummern, die zuletzt sinkende Inlandsproduktion könnte dadurch ab 2025 schlagartig um 50 Prozent gesteigert werden. Zehn Kilometer Pipeline fehlen noch, dann kann die Förderung im Prinzip starten.
Dieser Fund alleine sollte nicht überbewertet werden, deckt er doch nur den österreichischen Gasbedarf eines halben Jahres ab. Aber nach einem Jahr, in dem die fatale Abhängigkeit des Landes von russischem Erdgas in den Schlagzeilen dauerpräsent war und die teilstaatliche OMV für ihre Liebe zu Moskau und mangelnde Versorgungssicherheit des Landes auch von der Politik hart kritisiert wurde, kann OMV-Chef Alfred Stern nun kurz durchatmen. „Wir haben in den letzten 1,5 Jahren viel Arbeit hineingesteckt, um unsere Lieferquellen für Gas zu diversifizieren“, zeigte er sich erleichtert.
Lange Liste an Gas-ProjektenTatsächlich ist Wittau nur der letzte Punkt in einer langen Liste an neuen Gasprojekten in Europa, die der Konzern in den vergangenen Monaten fixiert hat. Im Juni fiel etwa die finale Entscheidung, zwei Milliarden Euro in das Erdgas-Projekt Neptun Deep im Schwarzen Meer zu investieren. Mit einem geschätzten Volumen von rund hundert Milliarden Kubikmetern (140 Mio. Fass Öläquivalent) ist es eines der größten Gasfelder des Kontinents. Rumänien würde zum größten Produzenten der EU, und erstes Gas wäre schon 2027 verfügbar. Auch in Norwegen, konkret im Berling-Feld, investiert die OMV gemeinsam mit Partnern 900 Millionen Euro in die Ausweitung der Produktion. 45 Millionen Fass will das Unternehmen dort ab 2028 aus der Erde holen. Ebenfalls am Freitag gab das Unternehmen einen langfristigen Liefervertrag über Flüssiggasmengen (LNG) mit BP bekannt. Bis zu einer Tonne LNG (8,8 Mio. Fass Öläquivalent) sollen ab 2026 jedes Jahr geliefert werden. „Wir sind in einer Position, dass wir unsere Lieferverpflichtungen auch dann erfüllen können, wenn russische Lieferungen ausbleiben“, sagt Stern.
Nur, die russischen Lieferungen bleiben nicht aus.