Gekommen, um zu bleiben: Olivia Rodrigo mit neuem Album „Guts ...

Olivia Rodrigo

Von Barbara Unterthurner

Dienstag, 12.09.2023, 08:00

US-Sängerin Olivia Rodrigo legt nach ihrem Erfolgsdebüt eine LP nach. „Guts“ ist 40 Minuten Teenie-Sein, es macht Spaß und weckt Zweifel.

Innsbruck – Heute noch einmal Teenie sein? Viele Mittelalte würden dankend ablehnen. Irgendwie tauschen würden gern auch etliche der Jungen selbst. Pandemie, Teuerung und Klimakrise nagen an der Unbeschwertheit der so-called „besten Jahre des Lebens“, die einst einmal auch in der Musik so gern besungen wurden. „Ich habe es satt, 17 zu sein“, schrie Olivia Rodrigo 2021 in „Brutal“ auch Österreichs drittem Covid-Lockdown nach. Damit sprach sie vor allem jenen HörerInnen aus den Herzen, die ebenso gerade nach ihrem „teenage dream“ suchten. All jene, die Rodrigo damals schon feierten, haben jetzt Grund dazu, es wieder zu tun. Das zweite Album des US-Popstars ist da.

Nischenprogramm blieb Rodrigo 2021, die wie Miley Cyrus vom Disney-Serienstar zum Popsuperstar mutierte, mit ihrem Debüt „Sour“ also definitiv nicht. Nicht nur „Brutal“, auch „Good 4 U“ oder „Drivers License“ hefteten sich als Dauerbrenner im Radioprogramm und den Streamingcharts fest. Für letztere Hit-Single gab es 2022 den Grammy. Als Zusatz zu den zwei Trophäen, die sie schon eingesteckt hatte.

????️ Video | Olivia Rodrigo – „Vampire“

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Kann „Guts“ das noch toppen? Das zweite Album könnte zumindest gleichziehen. Schließlich hat „Guts“ all das, was „Sour“ schon hatte: Schneid (deutsch für „Guts“), Powerballaden, eine große Liebe, eine verflossene Liebe und all die Zweifel drumherum – auch jene, die das eigene Sein und Aussehen betreffen. Geliefert werden sie in simplen Zeilen. Keine inhaltlichen Layer. Alles kommt, wie es kommt.

Gut also, dass sich 40 Minuten Teenie-Sein, Rodrigo selbst ist inzwischen 20, auch für Erwachsene vertraut anfühlt und nach Spaß anhört – zumindest wenn man nicht allzu genau auf den Text hört. Die Gitarren krachen fröhlich, feine Popmelodien schlängeln sich dazwischen, vorbei an klirrend klaren Chören und dumpfem Röhren. Bubblegum-Pop war einmal. Mit Rodrigo geht stabiler High-School-Rock steil.

Gleich zu Beginn des Albums stellt sich Rodrigo als „All-American Bitch“ vor, mit all dem, was man sich so wünschen würde: „I’m grateful all the time / I’m sexy and I’m kind / I’m pretty when I cry“ hämmert sich ein Chor ins Finale. Brav? Denkste! Dieses „Ich weiß schon, was es tun muss“. Auch mal in vollem Bewusstsein in einen Schlamassel rennen, „ ...Bad Idea Right“ heißt hier also den Ex daten, obwohl das Ganze so over ist. Und wenn’s nicht klappt, Rache nehmen: Die erste Ballade der nach hinten etwas ausfransenden 12-Songs-LP folgt mit „Vampire“, in dem die große Liebe lautstark als fieser Blutsauger entlarvt wird.

Einige Songs später wird in „Love is Embarrassing“ dann überhaupt mit der Liebe abgerechnet. Zeit also, sich selbst zu finden. Schluss mit „social suicide“ (in „Ballad of a Homeschooled Girl“) und rein in „Pretty Isn’t Pretty“. Ja, ein bisschen (oder eben viel) Empowerment gehört zu einer guten Pop-Platte heutzutage doch dazu.

„Guts“ stellt klar: Olivia Rodrigo ist gekommen, um zu bleiben. Ist das schon ein eigener Stil? Ja. Ist das schon die Stimme einer Generation? Vielleicht. Vielleicht nicht. Vorsichtshalber mal hinzuhören ist gar keine so schlechte Idee.

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Geffen Records/Interscope.

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