Der Mittwoch im Überblick: Von Geldfritzen und Goldspritzen
Wer sich in diesen Tagen in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft umhört, bekommt oft den geballten Unmut zu spüren. Vom Ende einer Wohlstandsepoche ist da die Rede, von drohender Deindustrialisierung und fehlgeleiteter Politik. Der Staat, so der Vorwurf, drangsaliere die Unternehmen mit immer neuen Vorschriften. Wer sich dann auf den Weg macht, diesem Vorwurf nachzugehen, landet in Eschborn bei Frankfurt, genauer: beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz Bafa.
Das Bafa und sein Leiter Torsten Safarik ist die wichtigste Behörde für die deutsche Wirtschaft. Die in Beton und Planstellen (1200) gegossene Regulierungsambition des Staates. Hier wird (fast) alles verwaltet und kontrolliert: Umweltstandards, E-Auto-Förderung, Exporte, Bilanzen, Russland-Sanktionen – und jetzt überwacht das Bafa auch noch das neue Lieferkettengesetz (mit 101 Planstellen am Standort Borna/Sachsen). Behördenchef Safarik sieht sich als "Krisenlöser", mein Kollege Martin Noé nennt ihn den "fast Allmächtigen". In seinem lesenswerten Inside-Report erklärt er, wie die neue Superbehörde arbeitet . Leitfrage: Droht die totale Überwachung?
Der Arm des Gesetzes: Bafa-Chef Torsten Safarik bewilligte 2022 rund 14 Milliarden Euro Fördergelder – und kontrolliert engmaschig
Foto: Marlena Waldthausen für manager magaziunDer Multimilliardär Klaus-Michael Kühne ist in Hamburg geboren und nicht nur als HSV-Investor wohlbekannt. Immer wieder mischt sich der Wahl-Schweizer in die Angelegenheiten der Stadt und ihrer Mächtigen ein. Nicht selten kritisch. Jetzt will er gern den darbenden Hamburger Hafen retten – und die Mehrheit an der HHLA übernehmen. Das aktuelle Management erscheint ihm eher unfähig. Und es "würde gut passen", um die Cash-Milliarden auf seinen Konten zu investieren.
Die deutsche Wirtschaft insgesamt wird in diesem Jahr wohl stärker schrumpfen als bislang gedacht. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) sagt nun ein Minus von 0,5 Prozent voraus. "Das alte industrielle Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr", sagt IfW-Präsident Moritz Schularick. (das erklärt vielleicht auch den Unmut, siehe oben)
Und auch das noch: Angelockt von den massiven Subventionen wird Daimler Truck, der weltgrößte Lkw-Hersteller, seine geplante Zellfabrik nicht in Deutschland, sondern in den USA aufbauen. Dazu verbündet sich CEO Martin Daum mit dem Rivalen Paccar, dem Antriebshersteller Cummins und einem Partner aus China.
Margrethe Vestager, als EU-Wettbewerbskommissarin seit fast zehn Jahren Europas personifizierter Industrieschreck, nimmt vorübergehend unbezahlten Urlaub. Die Dänin bewirbt sich auf den Chefposten bei der Europäischen Investitionsbank (EIB), ihre Rolle in Brüssel übernimmt vorerst Justizkommissar Didier Reynders.
Tammo Andersch, Deutschlands Topsanierer, will sich auch noch mal in neuer Rolle beweisen. Er schmeißt sich mit einem Start-up ins Gewühl , wie mein Kollege Sven Clausen herausgefunden hat.
Kaan Bludau, renommierter Headhunter, hat mit meiner Kollegin Maren Jensen über die aktuelle Lage bei der Talentjagd gesprochen. Welche Qualifikationen heute gefragt sind, welche Rolle Linkedin bei der Suche spielt und wo die Grenzen von KI liegen.
Meine Empfehlung für den Abend:Starpotenzial: Novo Nordisk-Vorständin Camilla Sylvest
Foto:Carsten Snejbjerg / Bloomberg / Getty Images
Der wertvollste Konzern Europas war lange der französische Luxusgigant LVMH von Multimilliardär Bernard Arnault – in dieser Woche übernahm ein ehemals grauer Pharmahersteller aus Bagsvaerd, einem Vorort von Kopenhagen, die Position. Novo Nordisk, mit rund 430 Milliarden Dollar bewertet, beflügelt die Fantasie der Investoren. Grund ist die Abnehmspritze Wegovy, deren Segment Analysten in den kommenden Jahren dreistellige Milliardenumsätze bei höchst lukrativen Margen voraussagen. Mein Kollege Tim Spark hat sich das Geschäftsmodell dahinter angeschaut und beschreibt: die neue Goldformel der Pharmaindustrie.
Genießen Sie Ihren goldenen Sommerabend!
Beste GrüßeIhr Lukas Heiny
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