DHDL: Janna Ensthaler investiert – was steckt hinter der ...
Besitz ist ein veraltetes Konzept, glauben Kristina und Manuel Heinemann von Nomadi. Ihre Mietplattform pitchen sie heute Abend bei „Die Höhle der Löwen“.
RTL / Bernd-Michael Maurer
Eltern-Sein wird teurer. Gerade Babys und Kleinkinder kosten nach einer Studie der IFH Köln und der BBE-Handelsberatung aus dem Jahr 2023 immer mehr Geld. In der Altersgruppe null bis zwei Jahre sind es durchschnittlich 1122 Euro, die Eltern jährlich aufwenden. Dabei wirkt der eine Trend, dass Preise für Buggys, Gitterbett und Co. steigen, dem anderen Trend, dass Geburten sinken, nicht gerade entgegen.
Trotzdem gehen Experten davon aus, dass der Markt für Kinder- und Babyausstattung bis 2027 um rund 1,5 Prozent jährlich wachsen wird. Der Grund: Ein verhältnismäßig krisensicherer Markt. Aufwind könnte der vor allem Secondhand oder Miet- und Leihkonzepten geben. Das denken auch Kristina und Manuel Heinemann, das Gründer-Duo von Nomadi, einer eben solchen Leihplattform für Babyzubehör.
Die Heinemanns pitchen ihre Mietplattform heute Abend in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“. 400.000 Euro verlangen sie im Gegenzug für 15 Prozent der Firmenanteile. Das würde einer Unternehmensbewertung von rund 2,6 Millionen Euro entsprechen. Ob es zu einem Deal kommt, seht ihr heute Abend. Im Gespräch mit Gründerszene erzählt Kristina Heinemann, wie das Geschäftsmodell funktioniert und was die größten Herausforderungen beim Aufbau ihres Startups waren.
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Nomadi steht für kleine Nomaden, die mit leichtem Gepäck unterwegs sind. Gemeint sind Kinder. Es steht aber auch für wechselnde Lebenssituationen und weiterwandernde Produkte. Nomadi ist eine Mietplattform für Kinder- und Babyprodukte. Von Stapelsteinen über Federwiegen bis hin zum Fahrrad ist für Kinder von null bis sechs Jahren auf der Plattform alles dabei. Plattform-Nutzer können aus knapp 300 Produkten in den Kategorien Möbel, Unterwegs und Spielen die Passenden auswählen. Die Mietdauer startet bei einem Monat und kann flexibel verlängert werden. Je länger die Mietdauer, desto günstiger der monatliche Preis. Eine Babytrage kostet auf der Nomadi-Plattform beispielsweise 29 Euro im Monat. Bei einer Mindest-Mietdauer von zwölf Monaten reduziert sich der monatliche Mietpreis auf neun Euro.
Alle Produkte, die es auf der Plattform zu mieten gibt, sind neu oder neuwertig, heißt es. Nach Ablauf der Ausleihe können Nutzer das Produkt entweder kostenlos zurücksenden, die Mietdauer verlängern oder das Produkt kaufen. Wenn sich Nutzer dafür entscheiden, ein Produkt zurückzusenden, wertet das Startup den Artikel auf, um ihn danach als „neuwertig“ auf der Plattform zur weiteren Vermietung angeboten. Zurückgesendete Produkte, die nicht den Nomadi-Anforderungen für eine weitere Vermietung entsprechen, werden als „preloved“ im Nomadi-Outlet zum Kauf oder zur Miete angeboten. Wenn Nutzer ein Produkt nach Ablauf der Mietdauer kaufen wollen, zahlen sie den Handelspreis abzüglich der bereits geleisteten Mietzahlungen.
Das Ehepaar hinter NomadiHinter Nomadi steht das Ehepaar Heinemann. Kristina und Manuel, Eltern von drei Kindern, haben das Startup 2020 in Berlin gegründet. Seit 2021 ist die Mietplattform live. Kristina Heinemann tritt als Chief Sustainability Officer (CSO) von Nomadi auf. Ihr Mann ist CEO. Nomadi haben sie aus Eigeninteresse gegründet, so Kristina Heinemann. Als sie Eltern wurden, hätten sie bemerkt, dass ein flexibler Zugang zu hochwertigen Kinder- und Babyprodukten fehle. Die Gründerin erklärt, dass bei Eltern eine oder mehrere von vier Ressourcen knapp seien: Zeit, Geld, Platz und Nerven. Die Mietplattform solle helfen, Eltern im Alltag zu entlasten. Denn Kinderprodukte könnten sich schnell wie Ballast anfühlen, führt sie weiter aus. Sie und ihr Mann seien Sharing-Economy-Enthusiasten und hätten immer schon versucht, minimalistisch zu leben. Daher würden sie selbst verschiedene flexible Mietlösungen in Anspruch nehmen, beispielsweise für Elektrogeräte und Mobilitäts-Produkte, sagt sie. Eine Mietlösung für Kinder- und Babyprodukte schien für sie daher naheliegend.
Die studierten Betriebswirte kaufen die Produkte in größeren Mengen von registrierten Händlern. Die Warenvorfinanzierung sei die größte Herausforderung für ihr Startup gewesen, verrät die Gründerin. Heute würden sie die Waren über die Bank vorfinanzieren lassen. Die Produkte würden entweder in einem der Nomadi-Warenlager aufbewahrt oder direkt vom Händler zum Kunden geschickt. Innerhalb von sieben bis zehn Tagen würden die Produkte dem Kunden zugänglich gemacht, so die Gründerin. Aktuell habe Nomadi etwa 10.000 Kunden und 3.000 aktive Mieten. Die durchschnittliche Mietdauer liege bei sechs Monaten und etwa 15 bis 20 Prozent der Kunden würden die Produkte nach abgelaufener Leihfrist kaufen, so Kristina Heinemann.
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Auch andere Unternehmen setzen auf den „Mieten statt Kaufen“-Trend für Kinderprodukte. Sebastian Reichelt und Timon Beutel haben das Münchner Startup Stroll Me gegründet. Eingestiegen sind sie 2020 mit Kinderwägen, inzwischen führt das Subscription-Startup über 200 Produkte. Fahrradanhänger, Kinderfahrräder und sogar Bauspielzeug verschickt Stroll Me aus einer Lagerhalle bei Regensburg. 90 Prozent ihrer Produkte sei üblicherweise vermietet, sagte CEO Sebastian Reichelt Ende des vergangenen Jahres im Gespräch mit Gründerszene. 2022 haben die beiden Gründer eine zweite Plattform gelauncht, auf der die Stroll-Me-Produkte gebraucht, aber aufbereitet angeboten werden: Kiddly ist quasi das Refurbed der Kinderprodukte, und eine hundertprozentige Tochterfirma von Stroll Me. Man schaffe damit eine Plattform für eine „ganz neue Produktkategorie“, so Reichelt, die in puncto Kinder-Waren noch so gut wie nicht bespielt werde.
Auch über das Berliner Technik-Mietportal Grover können Kunden Kinder- und Babyausstattung erwerben. Allerdings nur Technikgeräte wie Babyphones, Babynahrungs-Zubereiter oder elektrische Wipp-Stühle. Ein weiteres Unternehmen, das auf die Vermietung von Babyprodukten setzt, ist zudem Storky. Das Münchner Startup bietet ein Mietmodell für Babymöbel und Accessoires an. Laut Website steht das Unternehmen kurz vor dem Launch.
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Die Heinemanns hoffen auf Unterstützung der Investoren, um ihr Unternehmen zu skalieren, und suchen jemanden, der richtig „Feuer mitbringt“. Feuer würde er zwar mitbringen, aber den Aufbau einer Mietplattform traut er sich nicht zu, sagt Familienunternehmer Tillman Schulz. Auch Ralf Dümmel, Chef von DS-Produkte, versteht das Geschäftsmodell nicht wirklich, obwohl er es „extrem durchdacht“ findet, erklärt er seinen Ausstieg. Orthomol-Chef Nils Glagau und Unternehmerin Tijen Onaran folgen. Glagau sieht sich nicht in der Position „Türen zu öffnen“ für das Nomadi-Ehepaar. Onaran bemängelt die „elitäre Diskussion“ rund ums Thema Besitz. Sie könne das mit ihrem Engagement nicht vereinen und steigt aus.
Die einzige verbleibende Investorin ist Janna Ensthaler, Gründerin von Glossybox. Ihr Bauchgefühl sagt ihr, dass sie gut mit den Heinemanns zusammenarbeiten könnte. Doch statt der geforderten 15 Prozent möchte sie 25 Prozent für ihr Investment von 400.000 Euro. Das würde die Bewertung des Unternehmens auf 1,6 Millionen Euro senken. Nach kurzer Überlegung bieten die Gründer 400.000 Euro für 20 Prozent. Ensthaler bleibt hart. „Ich gebe da so viel mit rein, ihr seid so am Anfang“, sagt sie. „Ich muss auf den 25 Prozent beharren“.
Für Kristina Heinemann ist damit die Schmerzgrenze überschritten, doch die Erfahrung und Kompetenz von Ensthaler überzeugen sie schließlich. Das Gründer-Duo nimmt das Angebot an. Nach der TV-Aufzeichnung hat der Deal tatsächlich stattgefunden, wie Gründerszene aus dem Umfeld der Investorin im Nachgang zur Show erfahren hat. „Wir freuen uns sehr über den erfolgreichen Abschluss des gemeinsamen DHDL-Deals mit Janna Ensthaler und die bisherige tolle Unterstützung. Wir blicken zuversichtlich auf die kommenden gemeinsamen Schritte in unserer Zusammenarbeit. Ebenso freuen wir uns, Carsten Puschmann (Scale Now Ventures GmbH & Co. KG) als weiteren Angel-Investor und Gesellschafter bei nomadi willkommen zu heißen“, heißt es von den Nomadi-Gründern.
Seit der TV-Aufnahme hätten sie ihr Unternehmen „professionalisiert“, so die Gründerin. Mit der Unterstützung von Ensthaler wollen sie ihr Team vergrößern, vor allem im Bereich eCommerce und Vertrieb. Außerdem soll das Produktportfolio erweitert werden. Die gesamte Familie wollen sie in den Blick nehmen und mithilfe von Produkten für die Freizeitgestaltung und Mobilität den Alltag von Familien erleichtern. Dachzelte und Lastenräder würden demnächst ins Sortiment aufgenommen, heißt es.