Zwei Tote in Indien: Was ist das Nipah-Virus? Fragen und Antworten

16 Sep 2023

Erneuter Ausbruch in Indien

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Medizinisches Personal testet eine Zeige auf das Nipah-Virus.

Nipah-Virus Indien Pandemie - Figure 1
Foto RND

© Quelle: Shijith. K/AP/dpa

Nachdem zwei Menschen in Indien am Nipah-Virus verstorben sind, drängen sich Vergleiche zu Sars-CoV‑2 auf. Fachleute sehen derzeit keine Gefahr für eine neue Pandemie. Doch ungefährlich ist das Virus nicht. Was Sie wissen müssen.

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Nachdem zwei Menschen in Indien am Nipah-Virus verstorben sind, hat die Regierung einen lokalen Lockdown ausgerufen: Im südindischen Bundesstaat Kerala wurden Schulen und Büros geschlossen. Von größeren Versammlungen im betroffenen Distrikt Kozhikode wird ebenfalls abgeraten.

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Die Bilder von vermummten Menschen in weißen Schutzanzügen wecken dunkle Erinnerungen an den Ausbruch von Sars-CoV‑2 im Jahr 2020. Nach ersten Einschätzungen von Fachleuten besteht international allerdings keine große Gefahr, dass sich das Nipah-Virus verbreitet. Trotzdem ist der Erreger nicht ungefährlich. Wie das Nipah-Virus übertragen wird und was die Fälle in Indien für Reisende bedeuten – ein Überblick.

Was Sie über das Nipah-Virus wissen solltenWas ist das Nipah-Virus und wie wird es übertragen?Handelt es sich um einen neuen Erreger?Wo ist das Virus verbreitet?Welche Symptome treten beim Nipah-Virus auf?Wie werden Infizierte behandelt?Wie ansteckend ist das Virus?Wie wird das Virus eingedämmt?Könnte sich das Virus nach Deutschland oder in andere Länder ausbreiten?Was müssen Reisende beachten?Zoonosen werden immer wahrscheinlicherWas ist das Nipah-Virus und wie wird es übertragen?

Das Nipah-Virus ist ein sogenanntes zoonotisches Virus. Das heißt, dass es von Tieren auf Menschen übertragen wird – meist von Schweinen oder Flughunden. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist auch eine Übertragung durch kontaminierte Lebensmittel oder direkt von Mensch zu Mensch möglich. Allerdings ist dafür ein enger Kontakt mit Körperflüssigkeiten und ‑ausscheidungen nötig.

Nipah-Virus Indien Pandemie - Figure 2
Foto RND

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Handelt es sich um einen neuen Erreger?

Nein, das Nipah-Virus ist nicht neuartig, sondern seit seinem ersten Ausbruch in den Jahren 1998 und 1999 bekannt. Damals infizierten sich Schweinebauern in Malaysia mit dem Erreger. Das Virus ist nach dem Ort benannt, an dem es erstmalig auftrat: Kampung Teluk Nipah auf der malaysischen Insel Pangkor.

Wo ist das Virus verbreitet?

Bisher brach das Nipah-Virus in Teilen Asiens aus. Neben Malaysia trat das Virus auch in Singapur, Bangladesch sowie bereits 2018 in der aktuell betroffenen Region Indiens auf. Durch gezielte Schutz­maßnahmen konnte ein größerer Ausbruch der Krankheit jeweils verhindert werden.

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Auch in anderen Ländern besteht ein Infektionsrisiko: Dort wurde das Virus laut WHO bereits in mehreren Fledermausarten nachgewiesen. Das ist in Kambodscha, Ghana, Indonesien, Madagaskar sowie Thailand und auf den Philippinen der Fall.

Welche Symptome treten beim Nipah-Virus auf?

Das Nipah-Virus führt bei infizierten Menschen zu einer Bandbreite von Gesundheitsproblemen. Es kann symptomlose Infektionen bis akute Atemwegserkrankungen und letztlich tödliche Gehirnentzündungen auslösen. Symptome wie Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen, Erbrechen oder Halsschmerzen treten auf. Schwindel, Schläfrigkeit, Bewusstseinsstörungen oder neurologische Anzeichen deuten laut WHO auf eine akute Enzephalitis (Gehirnentzündung) hin.

Nipah-Virus Indien Pandemie - Figure 3
Foto RND

Auch bei Tieren wie Schweinen kann das Virus schwere Krankheiten verursachen. Meist werden ganze Herden mit kontaminierten Tieren getötet, was zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten für Landwirte führt.

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Wie werden Infizierte behandelt?

Medikamente oder Impfstoffe, die speziell gegen die Infektion mit dem Nipah-Virus wirken, gibt es bislang nicht. Deshalb können aktuell nur die Symptome behandelt werden. An einem Impfstoff wird allerdings geforscht. Laut WHO liegt die Sterberate bei 40 bis 75 Prozent. Das bedeutet: In bis zu drei von vier Fällen sterben Menschen an einer Infektion mit dem Erreger. Wer eine Gehirnentzündung überlebt, erholt sich meist vollständig – bei 20 Prozent der Patientinnen und Patienten halten neurologische Störungen jedoch an.

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Wie ansteckend ist das Virus?

Die Inkubationszeit, also der Zeitraum von der Infektion bis zum Auftreten der Symptome, wird auf vier bis 14 Tage geschätzt. Doch es gibt auch Berichte über eine Inkubationszeit von bis zu 45 Tagen, wie die WHO schreibt. Dass sich Menschen bei anderen Menschen anstecken, ist meist nur bei engem Kontakt mit Körperflüssigkeiten und ‑ausscheidungen möglich.

Wie wird das Virus eingedämmt?

Kommt es zu einem Ausbruch, werden meist die betroffenen Tiere beziehungsweise Menschen unter Quarantäne gestellt. Infizierte Tiere werden gekeult und ihre Kadaver kontrolliert vergraben oder verbrannt. Häufig werden Dattelpalmen abends angeritzt, um deren Sirup über Nacht in Gefäßen aufzufangen. Auch Flughunde trinken diesen und können ihn durch ihren Urin verunreinigen. Knabbern infizierte Flughunde außerdem Obst an, das später Menschen essen, kann es ebenfalls zu Infektionen kommen.

Nipah-Virus Indien Pandemie - Figure 4
Foto RND

Um das zu vermeiden, rät die WHO dazu, gesammelten Dattelpalmensaft abzukochen und Früchte vor dem Verzehr zu waschen oder schälen. Zeigen Früchte Anzeichen von Bissen von Flughunden, sollten diese entsorgt werden. Außerdem verweist die WHO auf weitere Hygienemaßnahmen: das Tragen von Handschuhen beim Umgang mit potenziell infizierten Tieren sowie regelmäßiges Händewaschen.

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Könnte sich das Virus nach Deutschland oder in andere Länder ausbreiten?

„Es ist extrem unwahrscheinlich, dass das Nipah-Virus sich in Europa und damit auch in Deutschland ausbreitet“, sagte die Virologin Isabella Eckerle dem Westdeutschen Rundfunk (WDR). Auch wenn Nipah-Ausbrüche selten sind, führt die WHO das Virus als gefährlichen Krankheitserreger. Er könnte ähnlich wie andere Viren einen potenziellen Auslöser von Epidemien oder Pandemien darstellen.

Was müssen Reisende beachten?

Auch für Reisende sieht Virologin Eckerle ein geringes Risiko, wie sie auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) bekannt gab. Es handele sich um kein leicht übertragbares Virus. Wer in der betroffenen Region unterwegs ist, sollte allerdings keinen Palmsaft trinken.

Zoonosen: Werden Krankheiten immer öfter von Tieren auf den Menschen übertragen?

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Zoonosen werden immer wahrscheinlicher

Auch wenn es Zoonosen schon immer gegeben hat, befürchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass sie in Zukunft noch häufiger auftreten könnten: Dafür sind unter anderem die Haltung von Nutztieren auf engem Raum, vermehrte Reisen, der internationale Warenverkehr sowie der Klimawandel verantwortlich. Viele Erreger vermehren sich bei wärmerem und feuchterem Wetter besser. Außerdem verschieben sich durch die Erd­erwärmung die Lebensräume von Wildtieren – wie die von einigen Fledermausarten beispielsweise.

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