Nico Schulz: Der Neustart eines Stigmatisierten
Der Neustart eines Stigmatisierten
Nach über einem Jahr ohne Verein findet Nico Schulz mit Ankaragücü einen neuen Klub. Die Suche nach einem Arbeitgeber wurde auch durch seine privaten Turbulenzen erschwert.
Nach über einem Jahr ohne Verein findet Nico Schulz mit Ankaragücü einen neuen Klub. Die Suche nach einem Arbeitgeber wurde auch durch seine privaten Turbulenzen erschwert.
Nico Schulz sitzt im blau-gelb-gestreiften Trikot von Ankaragücü an einem Schreibtisch und hält einen Kugelschreiber in der rechten Hand, neben ihm lacht Vizepräsident Levent Onuk in die Kamera.
Für Schulz geht damit die quälend lange Suche nach einem neuen Verein zu Ende, nachdem Borussia Dortmund seinen Vertrag im Sommer 2023 aufgelöst hatte.
Über ein Jahr lang hatte der 31-Jährige gehofft, noch einmal durchstarten zu können, doch seine Vergangenheit ließ ihn nicht mehr los. Sportlich ging es für den früheren Nationalspieler fast nur noch bergab, als er sich im Sommer 2019 eigentlich auf dem Höhepunkt wähnte.
Schulz wird zum DFB-Helden in Amsterdam
Über 25 Millionen Euro blätterte der BVB in diesen Tagen für den Linksverteidiger hin, um ihn aus Hoffenheim nach Dortmund zu lotsen. Im Kraichgau hatte Schulz zuvor seine wohl beste Saison gespielt und sich zum Stammspieler auf der linken Abwehrseite gemausert.
Mit einem Treffer und sechs Assists hatte Schulz auch in der Offensive einiges dazu beigetragen, dass die TSG die Saison auf Platz 9 abschloss.
Um diese Zeit herum gehörte der frühere Herthaner auch zum Kreis der Nationalmannschaft, wobei sein Last-Minute-Treffer zum 3:2-Sieg in Amsterdam gegen die Niederlande sicherlich den Höhepunkt dieser Entwicklung darstellte.
Mit Mitte 20 schien ihm zu diesem Zeitpunkt die Fußballwelt offenzustehen und der Wechsel zu einem Schwergewicht wie dem BVB fühlte sich wie der richtige Schritt auf seiner Karriereleiter an.
„Die Dinge haben sich nicht so entwickelt wie erhofft“
Doch statt endgültig durchzustarten, begann just in diesen Tagen der ungebremste Abstieg, der Schulz am Ende zu einem stigmatisierten Profi werden ließ.
Seine verheerende Bilanz in vier Jahren Dortmund trug maßgeblich dazu bei: Schulz hatte 30 Bundesligaeinsätze, dabei gelangen ihm ein Treffer und drei Torvorlagen.
„Es ist uns allen bewusst, dass sich die Dinge für Borussia Dortmund und Nico Schulz in den letzten Jahren nicht wie erhofft entwickelt haben“, sagte Sportdirektor Sebastian Kehl, nachdem man sich auf eine Vertragsauflösung geeinigt hatte. Mit einer Abfindung von 2,5 Millionen Euro soll dem scheidenden Profi die Unterschrift damals schmackhaft gemacht geworden sein.
Es war das Ende eines teuren Missverständnisses, das auch die Anhängerschaft aufatmen ließ. Denn Schulz hatte sich nicht nur auf dem Feld einen schlechten Ruf erarbeitet, sondern geriet auch abseits des Platzes in die Schlagzeilen.
Ex-Freundin verklagt Schulz
2022 hatte eine Ex-Freundin ihm gefährliche Körperverletzung und häusliche Gewalt vorgeworfen, während sie mit dem gemeinsamen Kind schwanger war.
Das Verfahren wurde im vergangenen Februar eingestellt, gleichwohl musste Schulz 150.000 Euro an gemeinnützige Organisationen spenden. Zudem hatte Schulz seiner Ex-Partnerin im Vorfeld des Prozesses Schadenersatz in nicht genannter Höhe gezahlt.
Die privaten Turbulenzen wirkten sich auch negativ auf seine sportliche Karriere aus. Im März 2024 schien er auf seiner Suche nach einem neuen Verein fündig geworden zu sein.
Der englische Zweitligist Sheffield Wednesday hatte großes Interesse an Schulz, lud ihn zum Probetraining ein. Als alles auf einen Deal hindeutete und der Traditionsverein seine Absicht bekundete, gingen Fans wegen der Gewaltvorwürfe auf die Barrikaden.
Babelsberg-Fans machen mobil gegen Schulz
„Jeden willkommen zu heißen, dem Gewalt gegen eine Frau vorgeworfen wird, normalisiert und legitimiert dieses Verhalten“, schrieb die „Sheffield Wednesday Women‘s Supporters Group“ in einem offenen Brief. Das genügte, damit der Klub einen Rückzieher machte.
Zuletzt machten Anhänger des Regionalligisten SV Babelsberg mobil, weil sich Schulz dort auf der Suche nach einem neuen Verein fit hielt.
Jetzt wagt der frühere Nationalspieler nun also den Neubeginn in der zweiten türkischen Liga. Es muss sich zeigen, ob er seine Vergangenheit dort hinter sich lassen kann.