"Grausames Verbrechen des russischen Staates": Reaktionen auf ...

16 Feb 2024

Die Todesmeldung von Alexej Nawalny am Freitag sorgte international für Schock. Der Politikwissenschaftler Gerhard Mangott sprach im PULS 24-Interview von einem "grausamen Verbrechen des russischen Staates". Die österreichische Politikspitze zeigte sich in den sozialen Medien bestürzt.

Nawalny Tod - Figure 1
Foto PULS 24

Der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny ist tot. Das teilte die Gefängnisverwaltung am Freitag mit. Der Kreml habe "keine Informationen über die Todesursache", hieß es. 

Politikwissenschaftler Gerhard Mangott spricht in einem ersten Gespräch mit PULS 24 von einer "entsetzlichen Nachricht" und einem "grausamen Verbrechen des russischen Staates". Russland habe ihn durch die miserablen Bedingungen bei seiner Inhaftierung "in den Tod getrieben", erklärt er.

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Nawalny, der bereits zum 27. Mal für eine Dauer von 15 Tagen in Einzelhaft gebracht worden sei, habe die medizinische Versorgung nicht bekommen, die er gebraucht hätte, und wurde oft "schlafgefoltert". "Dass dieser Mann das ganz offensichtlich nicht mehr aushalten konnte, das ist nicht verwunderlich", so Mangott. Mit dem Tod Nawalnys sei "jede Hoffnung" auf eine liberale Front gegen die Regierung von Putin "auf lange Sicht zerschlagen". "Es ist ein trauriger Höhepunkt der Repression in Russland", betont der Experte.

Todesursache unklar

Nawalnys Presssprecher kann den Tod des Oppositionellen bislang nicht bestätigen. Sein Anwalt werde nun zu ihm reisen, wie es laut der russischen Nachrichtenagentur heißt. Ob man die Todesursache restlos klären kann, glaubt Mangott nicht. Vor zwei Tagen soll noch "alles in Ordnung gewesen sein", so seine Pressesprecherin. Für Mangott tut sich aufgrund dessen die Frage auf: "Woran ist er gestorben?" 

Schon im Jahr 2020 habe das Regime von Putin einen Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok auf Nawalny verübt. Er überlebte und kehrte 2021 nach Russland zurück, wo er umgehend festgenommen wurde. 

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AFP

Alexej Nawalny Mitte Jänner im Straflager im hohen Norden Sibiriens. Ein Video zeigt ihn bei einer Anhörung zu Beschwerden über seine Haftbedingungen.

Putin habe "paranoide Angst"

Erst kürzlich wurde der 47-Jährige nach Sibirien gebracht. Nawalny selbst meinte, Putin machte das, um ihn vor der Präsidentschaftswahl im März 2024 zu isolieren. Putin habe "paranoide Angst", sagt Mangott. Nawalny sei in Russland eine polarisierende Person, es gebe Bürger:innen, die ihn sehr schätzen. Jedoch sei Nawalny "keine Gefahr" für die Wahlen, Putin würde ohnehin "wieder gewinnen", fügt er an. 

Internationale Entrüstung 

Erste internationale Reaktionen auf den Tod Nawalnys fielen scharf aus. EU-Ratspräsident Charles Michel würdigte den Verstorbenen als "Kämpfer für die Werte von Freiheit und Demokratie".

Der Gefängnistod des Oppositionsführers "erinnert uns an die Realität des Regimes von Wladimir Putin", teilte der französische Außenminister Stéphane Séjourné mit. Der Widerstand gegen das Unterdrückungsregime Putins habe Nawalny das Leben gekostet.

Der lettische Präsident Edgars Rinkevics sagte, dass Nawalny "vom Kreml brutal ermordet" wurde. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zeigte sich "zutiefst betrübt und beunruhigt" und forderte umfassende Aufklärung.

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Die deutsche Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger bezeichnete ihn als "Verbrechen". Indem sich Nawalny Russlands Präsident Wladimir Putin "entgegenstellte und für Freiheit und Menschenrechte kämpfte, hat er großen Mut bewiesen", erklärte die FDP-Politikerin am Freitag im Online-Dienst X (vormals Twitter). "Dafür musste er mit seinem Leben bezahlen. Heute ist ein schwarzer Tag. Meine Gedanken sind bei seiner Familie." Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach bezeichnete Nawalny als "Helden".

Österreichische Spitzenpolitik fordert Aufklärung 

Auch ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg meldete sich zum Tod Nawalnys zu Wort: "Russland verliert mit Alexei Nawalny eine furchtlose und mutige Stimme im Kampf gegen die Korruption und einen Verfechter eines offeneren und demokratischeren Russlands", schreibt er am Freitag. Sein Tod kurz vor den russischen Präsidentschaftswahlen erinnere daran, wie "unfrei und undemokratisch" Russland sei.

"Ich fordere eine vollumfängliche, unabhängige Untersuchung der Umstände seines Todes. Mein zutiefst empfundenes Mitgefühl gilt seiner Familie und seinen Mitstreitern", so Schallenberg weiter. 

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"Was für ein Terrorstaat, was für eine unmenschliches, unterdrückerisches Regime! Den Giftanschlag hat Navalny überlebt, sein Mut und aufrechter Gang bei seiner Rückkehr nach Russland bleiben unvergessen", schrieb auch Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger auf X (vormals Twitter). 

https://twitter.com/BMeinl/status/1758454771172700323?s=20

 EU-Ratspräsident Charles Michel machte das "russische Regime" für den Tod Nawalnys verantwortlich. Er würdigte den Verstorbenen als "Kämpfer für die Werte von Freiheit und Demokratie".

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zeigte sich "tief betroffen und beunruhigt" über die Berichte zum Tod des russischen Regierungsgegners. "Wir müssen alle Fakten klären", sagte er in München. Russland müsse alle Fragen zu den Todesumständen klären. 

Russischer Friedensnobelpreisträger spricht von "Mord"

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte ebenfalls sein Entsetzen. "Wir wissen aber nun auch ganz genau, spätestens, was das für ein Regime ist", sagte der SPD-Politiker am Freitag in Berlin. 

Es sei "offensichtlich, dass Nawalny von Putin getötet wurde", sagte auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Rande seines Besuchs in Berlin. "Putin ist es egal, wer stirbt. Es geht ihm nur um Machterhalt", sagte Selenskyj.

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Auch Deutschlands Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) tut ihrer Bestürzung kund. "Er wurde Opfer der repressiven Staatsgewalt Russlands", sagt sie. 

Der russische Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow bezeichnete den Tod Nawalnys als "Mord". Er sei der Ansicht, dass die Haftbedingungen zu Nawalnys Ableben geführt hätten, sagt der Jounalist zur Nachrichtenagentur Reuters.

"Sein Mut und seine Unerschrockenheit, sich diesem grausamen Regime zu widersetzen und sein Kampf für Freiheit und Demokratie werden bleiben", schreibt Grünen-Vizekanzler Werner Kogler auf X (vormals Twitter).

https://twitter.com/WKogler/status/1758473669569835379?s=20

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Alexej Nawalny gilt als großer Kritiker der Regierung von Putin. Der 47-Jährige hat eine jahrelange Haft in einer Strafkolonie verbüßt. Verurteilt wurde Nawalny unter anderem wegen Extremismus, er hat den Vorwurf stets bestritten. Seine politische Bewegung wurde verboten, enge Mitarbeiter wurden inhaftiert oder flohen ins Ausland.

Im vergangenen Dezember war der als politischer Gefangener eingestufte Politiker über mehrere Wochen verschwunden. Im Nachhinein erwies sich, dass die Justiz ihn aus dem europäischen Teil Russlands in ein Straflager im hohen Norden Sibiriens verlegt hatte. Nawalny vermutet, dass er dort vor der Präsidentenwahl im März möglichst isoliert werden soll.

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