Stoltenberg pocht zu NATO-Jubiläum auf Geschlossenheit

Nato

news/APA/Donnerstag, 04.04.24, 12:26:46

Die NATO hat am Donnerstag ihr 75-jähriges Bestehen gefeiert. Bei einer Zeremonie im Hauptquartier in Brüssel mahnte Generalsekretär Jens Stoltenberg den Zusammenhalt zwischen Nordamerika und Europa ein. "Zwei Weltkriege, der Kalte Krieg und jede Herausforderung, mit der wir seitdem konfrontiert waren, haben uns gelehrt, dass wir einander brauchen", sagte der Norweger vor den versammelten Außenministern der 32 Bündnisstaaten.

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Europa brauche Nordamerika für seine Sicherheit, so Stoltenberg. Gleichzeitig brauche Nordamerika aber auch Europa. „Die europäischen Verbündeten verfügen über erstklassige Streitkräfte, umfangreiche Geheimdienstnetzwerke und einen einzigartigen diplomatischen Einfluss, die Amerikas Macht vervielfachen“, erklärte Stoltenberg. Durch die NATO hätten die Vereinigten Staaten mehr Freunde und mehr Verbündete als jede andere Großmacht. „Gemeinsam sind wir stärker und sicherer“, sagte Stoltenberg. Zugleich sei aber eine gerechte Lastenverteilung unerlässlich.

Mit seinen Aussagen richtete sich Stoltenberg vermutlich vor allem an den früheren US-Präsidenten Donald Trump, der bei der US-Wahl im November wieder für die Republikaner antreten wird, und dessen Partei. Trump hatte in seiner Amtszeit von 2017 bis 2021 immer wieder Kritik an der NATO geübt und zeitweise sogar mit einem Austritt der USA aus dem Bündnis gedroht. Zuletzt machte er zudem im Wahlkampf deutlich, dass er Bündnispartnern mit seiner Ansicht nach zu geringen Verteidigungsausgaben im Fall eines russischen Angriffs keine amerikanische Unterstützung gewähren würde. In einem Interview sagte er, man dürfe nicht vergessen, dass die NATO wichtiger für Europa sei als für die USA, denn es liege ein Ozean, „ein schöner, großer, herrlicher Ozean“ zwischen den USA und „einigen Problemen“ in Europa.

Anlässlich des NATO-Jubiläums meldete sich auch Aggressor Russland mit Kriegsrhetorik zu Wort. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte am Donnerstag, dass die Beziehungen zur NATO bereits auf dem Niveau einer direkten Konfrontation seien. Das Militärbündnis sei bereits in den Ukraine-Konflikt involviert, und die NATO breite sich weiter in die Richtung der russischen Grenze aus, sagte Peskow. Zuvor hatte Vize-Außenminister Alexander Gruschko betont, dass Russland nicht die Absicht habe, einen militärischen Konflikt mit der NATO oder ihren Mitgliedsstaaten zu beginnen. Die Beziehungen zwischen Russland und der NATO verschlechterten sich „vorhersehbar und absichtlich“, so Gruschko. Sämtliche Kanäle zum Dialog seien auf einem kritischen Nullniveau angekommen.

Nach der Feier fand eine Arbeitssitzung mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba statt. Dieser bekräftigte in Brüssel seine Forderung nach der Lieferung von mehr Flugabwehrsystemen. „Ich möchte die Feier nicht verderben, aber natürlich wird mein Hauptaugenmerk heute auf Patriots liegen“, sagte Kuleba. Das Patriot-Flugabwehrsystem sei deshalb so wichtig, weil es das einzige System sei, das ballistische Raketen abfangen könne. Kulebas Angaben zufolge hat es allein im März 94 russische Angriffe mit ballistischen Raketen auf die Ukraine gegeben.

Die NATO-Außenminister wollten am Donnerstag auch mit Vertretern der Indopazifik-Partnerstaaten Australien, Japan, Neuseeland und Südkorea beraten. Bereits am Mittwoch hatten die Außenminister der NATO-Staaten ohne Gäste unter anderem über die weitere Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine gesprochen. Wieder lettische Außenminister Kristjanis Karinš sagte, erwärmen sich die NATO-Staaten für den Vorschlag Stoltenbergs, einen mit 100 Milliarden Euro dotierten Fünf-Jahres-Fonds für die Ukraine aufzulegen.

Der britische Verteidigungsminister Grant Shapps rief anlässlich den Jubiläums zu einer Stärkung des Bündnisses auf. „Wir sind von einer Nachkriegs- zu einer Vorkriegswelt übergegangen“, schrieb er in einem Gastbeitrag für die britische Zeitung „Telegraph“. „Russland bedroht unsere Nachbarn. China ist zunehmend aggressiv. Iran nutzt seine Stellvertreter, um regionales Unheil vom Nahen Osten bis zur Meerenge am Jemen anzurichten“, hieß es in seinem Gastbeitrag. „Und Nordkorea rasselt kontinuierlich mit dem nuklearen Säbel. Diese bösartigen Mächte verbünden sich zunehmend und unsere Demokratie steht in ihrem Fadenkreuz.“ Daher müsse mehr zur Unterstützung der Ukraine getan, aber auch der europäische Verteidigungssektor ausgebaut werden. „Wir können es uns nicht erlauben, russisches Roulette mit unserer Zukunft zu spielen“, so Shapps.

Die NATO war am 4. April 1949 in Washington in Reaktion auf die als bedrohlich wahrgenommene Politik der kommunistischen Sowjetunion gegründet worden. Im Kalten Krieg sollte das Verteidigungsbündnis der östlichen Militärmacht ein abschreckendes Gegengewicht entgegensetzen und zu Frieden und Sicherheit beitragen. Nach dem Zerfall der Sowjetunion Anfang der 90er-Jahre nahm die Allianz dann zeitweise die Rolle einer Art Weltpolizei ein. So griff sie unter anderem in die Konflikte in Bosnien-Herzegowina, im Kosovo und in Libyen ein. Seit dem Beginn des Ukraine-Konflikts liegt der Schwerpunkt der NATO wieder auf Abschreckung und Verteidigung gegen Russland.

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