Mythisch, gewaltig, umstritten: Schweizer Milo Rau wird Wiener ...

Tiroler Tageszeitung Online

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„Bereitschaft zu Skandal und Austausch“

Milo Rau wurde gestern als designierter Intendant vorgestellt.

© APA

Von Joachim Leitner

Samstag, 28.01.2023, 05:34

Der Schweizer Regisseur und Theaterleiter Milo Rau wird Intendant der Wiener Festwochen. Er verspricht „Bereitschaft zu Skandal und Austausch“.

Wien – Der Schweizer Theatermacher Milo Rau wird neuer Intendant der Wiener Festwochen. Das gab Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) gestern bekannt. Rau wird im Juli die Nachfolge von Christophe Slagmuylder antreten. Sein Vertrag läuft vorerst für fünf Jahre. Slagmuylder wird neuer Leiter des Kulturzentrums Bozar in Brüssel. Einige seiner Vorhaben für 2024 wird Rau nun übernehmen. „Das ist etwas, was mich beruhigt“, sagte der designierte Festivalchef gestern – „aber es bleiben große Baustellen“.

Seine Visionen für die Festwochen will Rau in einem „Wiener Manifest“ zusammenfassen. Vergleichbares hat er auch gemacht, als er 2018 als neuer Leiter des NTGent antrat. Damals dachte er ein „Stadttheater der Zukunft“ an, das unter anderem Mehrsprachigkeit, die Zusammenarbeit mit Nicht-Profis und das Verlassen der Theaterblase vorsah. In Wien habe er „Bereitschaft zum Skandal und Austausch“, so Rau gestern.

Im Bewerbungsprozess setzte sich der 46-Jährige in der letzten Runde gegen fünf weitere KandidatInnen durch – darunter eine Frau und ein Duo. Insgesamt hat die Findungskommission 36 Bewerbungen gesichtet. Letztlich wählte Kaup-Hasler aus einem ungereihten Zweiervorschlag.

Er sei vor etwa eineinhalb Monaten telefonisch eingeladen worden, sich für die Intendanz zu bewerben, sagte Rau. Seither habe er sich intensiv mit Wien und dem Festival beschäftigt – und sei auf weitere „10.000 Debatten“ vorbereitet.

Er könne es kaum erwarten, an die Tradition der Wiener Festwochen anzuknüpfen, so Rau, der „ein mythisches, gewaltiges, umstrittenes Theater-Fest“ in Aussicht stellte.

Konkrete Zielvereinbarungen gebe es nicht, erklärte Stadträtin Kaup-Hasler auf Nachfrage. In jedem Fall sollen die Festwochen wieder eine breite Öffentlichkeit erreichen, sagte sie. 2022 wurden rund 30.000 Karten verkauft. Die Gesamtauslastung lag bei etwa 83 Prozent. In Slagmyulders erster Saison 2019 betrug die Auslastung noch 87 Prozent. Auch die Jahre davor waren unruhig: 2017 verabschiedete sich Festwochen-Intendant Markus Hinterhäuser zu den Salzburger Festspielen. Sein Nachfolger Thomas Zierhofer-Kin wollte Hoch- und Popkultur verschmelzen – und warf nach zwei glücklosen Spielzeiten das Handtuch. Auch Christophe Slagmuylder verabschiedet sich nun vorzeitig.

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