"Damsel": Lohnt sich der Netflix-Film mit Millie Bobby Brown?
Millie Bobby Brown als Elodie in "Damsel"
© John Wilson / Netflix/ film.at
Der Actionfilm mit dem "Stranger Things"-Star ist viel durchschnittlicher und weniger feministisch, als es den Anschein hat.
von
Maike Karr
Heute, vor 6 Minuten
In unserer Rubrik "Lohnt sich das?" stellen wir euch einmal wöchentlich einen Streamingtitel (Film oder Serie), der in aller Munde ist, vor, nehmen ihn genauer unter die Lupe und stellen für euch die altbekannte Frage: "Lohnt sich das überhaupt?" Lohnt es sich, dafür Zeit zu investieren? Ein Abo abzuschließen? Oder ein Abo zu beenden?
Diesmal: "Damsel" auf Netflix
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Einen attraktiven Prinzen (Nick Robinson) zu heiraten, scheint für die pflichtbewusste junge Elodie (Millie Bobby Brown) kein allzu großes Opfer zu sein. Doch leider geht sie damit der königlichen Familie auf den Leim, die mit ihr eine alte Schuld begleichen will. Sie landet in der Höhle eines feuerspeienden Drachens, wo Köpfchen und Willenskraft gefragt sind, um zu überleben.
Millie Bobby Brown als Elodie in "Damsel"
© Bild: John Wilson/Netflix
Das Natalie Portman-Lookalike Millie Bobby Brown beweist bereits, seitdem sie 12 Jahre alt ist, dass sie nicht nur wie die Oscarpreisträgerin aussieht, sondern auch deren Starpower besitzt. Millie Bobby Brown ist eine unglaublich gute Darstellerin, die eine große Ausstrahlung besitzt. Das kann ihr niemand abstreiten.
In "Damsel" beweist die 20-Jährige nicht nur einmal mehr, dass sie ohne Probleme einen Netflix-Film im Alleingang tragen kann, sondern auch, dass sie die absolut richtige Wahl für diesen Abenteuerfilm ist. Dank "Stranger Things" und den "Godzilla"-Filmen hat sie Erfahrung im Umgang mit Monstern und macht sich hervorragend im Action-Genre. Auch in der "Enola Holmes"-Reihe von Netflix meistert sie die actionreichen Szenen mit Bravour.
All diese Erfahrung ist dieser "Damsel" anzumerken, was sehr dazu beiträgt, dass sie nicht "in distress" kommt. Man sieht ihr an, dass sie sich in dem Action-Genre pudelwohl fühlt. Millie Bobby Brown gibt eine 1A-Action-Schauspielerin ab und trägt "Damsel" wie es kaum eine andere gerade mal 20-Jährige es könnte.
Millie Bobby Brown und Brooke Carter in "Damsel"
© Bild: John Wilson/ Netflix
So wie Millie Bobby Browns Performance sorgt auch "Damsel" als Actionfilm mit einer HeldIN für große Begeisterung. Dass der rote Streaminggigant das Werk ausgerechnet am Weltfrauentag veröffentlicht hat, wird wohl weniger Zufall und mehr ein geschickter PR-Move sein. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass Netflix einer (jungen!) Frau harte Kampf- und Actionszenen zutraut. Eine Heldin in einem großen Actionfilm, we love it! Bitte gerne mehr davon!
Inwiefern der Netflix-Film jedoch als feministisch angesehen werden kann, ist jedoch leider eine andere Debatte: Zwar legt Elodie darin eine unglaubliche und bewundernswerte Entwicklung hin, die vielen jungen Frauen wichtige Lehren erteilen wird, doch ganz so überzeugend wie das feministische Meisterwerk "Poor Things" ist "Damsel" dann doch nicht. Zu (auf-)gezwungen wirkt der feministische Ansatz.
So inspirierend Elodies Entwicklung auch ist, so unkreativ und vorhersehbar ist sie auch. Auch manche visuelle Aspekte stören: Warum müssen weibliche Helden immer in so kurzen Klamotten dargestellt werden, dass es kaum mehr Raum für Interpretation lässt? (Hallo, Tomb Raider!) Auch die eng anliegenden Anzüge von Scarlett Johansson fallen einem hier ein.
Auch "Damsel" hält sich nicht damit zurück, zeitgleich mit ihrer charakterlichen Entwicklung immer mehr Haut der Heldin zu offenbaren. Ist das wirklich notwendig? Außerdem: Warum kann eine Action-Heldin nicht ihre langen Haare behalten? Klar, kurze Haare sehen taffer aus, tragen aber nichts zum Ausgang des Kampfes bei. Die "Damsel" mit langen Haaren siegen zu lassen wäre ein viel stärkeres Statement gewesen.
Millie Bobby Brown als Elodie in "Damsel"
© Bild: John Wilson/Netflix
Wie für (mittel-)große Netflix-Produktionen üblich, wartet "Damsel" mit einem berühmten Cast auf: "Love, Simon"-Fans dürfen sich über Nick Robinson als Prinz und Gemahl von Millie Bobby Brown freuen. Robin Wright ("House of Cards") schlüpft erneut in die Rolle der eiskalten, skrupellosen und durchsetzungsstarken Frau und mimt die "böse" Königin. Zu guter letzt sieht man die Oscar-Nominierte Angela Bassett als besorgte Stiefmutter von Elodie.
So schön es auch ist, diese Darsteller:innen in "Damsel" zu sehen, so selten bekommt man sie im Netflix-Film zu sehen und so verschwendet wird ihr schauspielerisches Talent. Natürlich soll sich die Story um Millie Bobby Browns Figur drehen, weshalb es nur folgerichtig ist, dass die Schauspielerin den Bildschirm dominiert. Nichtsdestotrotz muss man festhalten, dass die Nebenfiguren überhaupt nicht gut ausgearbeitet wurden und keinerlei charakterliche Tiefe aufweisen. Sie sind völlig austauschbar. Das kann auch nicht mit den schauspielerischen Versuchen der drei ausgeglichen werden.
Robin Wright als böse Königin in "Damsel"
© Bild: John Wilson/Netflix
Apropos fehlende charakterliche Tiefe: Es wird versucht, Elodies Gegnerin, dem Drachen, gegen Ende eine Hintergrund-Story und damit etwas Menschlichkeit zu verleihen. Das kommt jedoch leider (so wie vieles in dem Netflix-Film) so sehr aus dem Nichts, dass es unglaubwürdig und dahingeworfen wirkt. Abgesehen von ein paar einschüchternden Worten und ein paar Feuerspeierein stellt der Drache auch keine besonders starke Antagonistin dar, sodass doch immer wieder Langeweile aufkommt.
Dadurch ist "Damsel" trotz seiner Dramatik wenig emotional und deshalb auch wenig fesselnd. Auch (an sich) emotionale Twists werden in dem Netflix-Film mit einer solchen Schnelligkeit und einem Fehlen von Feingefühl erzählt, dass selbst diese kaum große Wirkung zeigen.
Millie Bobby Brown als Elodie in "Damsel"
© Bild: John Wilson/Netflix
"Damsel" überrascht immer wieder mit Jump-Scares und anderen kreativen Ideen, um das Publikum zu gruseln. Dadurch ist der Film nicht per se dem Abenteuergenre zuzuordnen, sondern pendelt zwischen verschiedenen Genres, was eine erfrischende Wirkung hat. Auch visuell weiß Juan Carlos Fresnadillos Werk zu begeistern. Trotz der Dunkelheit der Höhle, in dem sich der Großteil des Films abspielt, funkelt und strahlt es immer wieder über den Bildschirm – erstaunte Gesichter bei Zuschauer:innen sind hier vorprogrammiert.
Auch wenn die visuelle Abteilung bei "Damsel" hervorragende Arbeit geleistet hat, lässt das Drehbuch von Dan Mazeau, dessen größte und einzige "Erfolge" "Fast & Furious 10" und "Zorn der Titanen" sind, mehr als zu wünschen übrig Die zwei größten Probleme: Elodie selbst und diverse Logiklöcher. Zum einen wirkt Elodie trotz ihrer viel gelobten Intelligenz an vielen Stellen eher dumm als klug und lässt somit auch das Publikum blöd dastehen. Zum anderen findet "Damsel" zu einfach Lösungen und führt zu Logiklöchern, die man als Zuschauer:in leider allzu schnell bemerkt.
Unsere Meinung zum Netflix-Film in einem Satz zusammengefasst: Er erfüllt seinen Zweck. "Damsel" ist ein meist unterhaltsamer und durchweg solider Film, der dank Millie Bobby Browns größtenteils starker emotionaler und körperlicher Performance bei Weitem bei der Stange hält. Trotz einer weiblichen und starken Actionheldin und ihrer Entwicklung wird mit "Damsel" ein Film wie aus dem Lehrbuch abgeliefert und macht damit alles falsch. Deshalb müssen wir sagen: Man verpasst nichts, wenn man sich den Film nicht anschaut. "Damsel" ist den kommenden Hype nicht wert.
Nichtsdestotrotz wird "Damsel" die Netflix-Charts hochklettern und bei Zuschauer:innen alleine schon durch eines DER bekanntesten Netflix-Gesichter für Begeisterung sorgen
Wertung: 2,5 von 5 Sterne
Für Fans von: starken weiblichen Helden wie "Buffy", "Tomb Raider", "Merida" und Drachen-Serien wie "Game of Thrones" und "Merlin"
( film.at ) | Heute, vor 6 Minuten
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