„Alptraum“: Junge Mutter zeigt Unterschiede in der Erziehung von ...

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Stand: 05.10.2024, 12:26 Uhr

Von: Pia Seitler

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Ein TikTok über die Erziehungsart der Millennials geht viral und trifft einen wunden Punkt. In den Kommentaren sprechen tausende Mütter über „bedürfnisorientierte Erziehung“.

Millennials - Figure 1
Foto Frankfurter Rundschau

„Sei vorsichtig“, sagt eine Oma zu ihrem Enkelkind auf der Rutsche. Die Mutter mischt sich ein: „Wir sagen nicht mehr: Sei vorsichtig. Wir sagen: Was ist dein Plan?“. Die Szene ist aus einem TikTok-Video, indem eine junge Mutter die Unterschiede zwischen der Erziehung von Millennials und Boomern zeigt.

Nächste Szene: Kinderzimmer. Die Oma sagt: „Stop. Hör auf, deine Schwester zu schlagen“. Auch das soll sie laut der Millennial-Mutter nicht mehr tun, sondern das Kind bitten, liebevoll (engl. gentle) zu sein. Oma, soll die Kinder nicht hetzen und sie soll bitte auch nicht mehr sagen: „Pass auf“.

Das TikTok-Video von Taylor Wolfe haben bis zum 2. Oktober über neun Millionen Nutzerinnen und Nutzer angeschaut. Es scheint einen Nerv zu treffen, auch wenn einiges wohl bewusst humoristisch auf die Spitze getrieben wurde.

Millennial-Mütter auf TikTok diskutieren über ihren Erziehungsstil

In den Kommentaren unter den TikToks tauschen sich tausende Millennial-Mütter aus, besonders eine Sache thematisieren sie: „Gentle Parenting“ (auf dt. oft „bedürfnisorientierte Erziehung“ oder „sanftes Erziehen“). Bei diesem Erziehungsstil führen Eltern ihre Kinder „liebevoll“ durch Situationen und ihre Gefühle ohne Schimpfen und Strafen. Vor allem auf TikTok und Instagram finden sich Videos dazu.

In den Kommentaren erkennen sich viele Nutzer in der Millennial-Mutter des TikToks wieder. Sie wollen „sanft“ und „liebevoll“ erziehen, beschreiben aber auch, wie „hart“ es ist und, dass ihre Freundlichkeit ein Limit habe. Doch es gibt auch viel Kritik: „Ich habe in der Kinderbetreuung gearbeitet, und Eltern, die bedürfnisorientierte Erziehung anwenden, sind ein Albtraum“, schreibt eine Nutzerin. Eine andere stimmt zu: „Ich arbeite in einer Schule und diese bedürfnisorientierte Erziehung ist das Problem“.

„Ich glaube, wir haben es mit der bedürfnisorientierten Erziehung manchmal übertrieben“, schreibt eine Nutzerin. Andere gehen noch weiter: Sie finden die Erziehungsmethode „lächerlich“, schreiben, sie seien im „Team Oma“ und schon „erschöpft“ vom bloßen Zuschauen.

Auf TikTok und Instagram tauschen sich viele Eltern über ihre Erziehungsstile aus. © Depositphotos/ImagoErzieherin erklärt die unterschiedlichen Erziehungsstile von Boomern und Millennials

Die Mütter, die unter dem TikTok kommentieren, gehören überwiegend zur Generation der Millennials. Katharina Hübner ist Erzieherin, Familienberaterin und selbst Millennial-Mutter. In Kursen und auf ihrem Instagram-Kanal spricht sie über bindungsorientierte Erziehung und wie Eltern einen Wutanfall ihres Kindes im Supermarkt begleiten können.

„Unsere Großeltern, die Nachkriegsgeneration, haben autoritär erzogen – keine Gefühle, keine Tränen“, sagt Hübner BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA. Die Eltern der Millennials seien bereits weniger streng gewesen. Junge Eltern von heute versuchen nicht nur, ohne Prügel zu erziehen, sondern wollen einen liebevollen Umgang mit ihren Kindern etablieren, erklärt die Erzieherin.

Worum es bei der bindungs- und bedürfnisorientierten Erziehung von Millennials gehen sollte

„Es geht nicht darum, jedem Konflikt aus dem Weg zu gehen und der Harmonie wegen Kindern jegliche Wünsche zu erfüllen“, sagt Hübner. Es gehe auch um die Bedürfnisse der Eltern. „Es ist sinnlos zu versuchen, sein Kind in den Schlaf zu wiegen, wenn man selbst total wütend und frustriert ist“. Eltern müssten anders aufgestellt sein und ihre eigenen Emotionen verstehen lernen.

Statt dem Kind anzudrohen, ohne es nach Hause zu gehen, wenn es auf dem Spielplatz oder beim Einkaufen einen Wutanfall bekommt, sei ein ruhiges Gespräch der richtige Weg: „Ich nehme deine Gefühle wahr und deine Wut darf sein. Ich zeige dir jetzt Wege, wie du mit Wut und Frust umgehen kannst“, sagt Hübner BuzzFeed News Deutschland.

Taylor Wolfe reagierte indes auf einige der Kommentare unter ihrem TikTok. Bei einem Kommentar einer Millennial-Mutter, die schrieb, sie selbst verhalte sich wie ein Boomer, schrieb Wolfe: „Ich bin beides“.

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