Mittelständler muss sparen: Warum Miele 2700 Stellen streicht

Der Hausgerätehersteller Miele hat einen drastischen Sparkurs angekündigt. Bis zum Jahr 2026 soll ein zusätzlicher jährlicher Finanzspielraum im Volumen von 500 Millionen Euro geschaffen werden, kündigte die Miele-Geschäftsleitung am Dienstagabend an, nachdem zuvor die Belegschaft über die Maßnahmen informiert wurde. Die Beschäftigten sind mit herben Einschnitten konfrontiert.

Weltweit werden 2700 Arbeitsplätze entfallen oder von Verlagerung betroffen sein. Das ist mehr als ein Zehntel der Gesamtbelegschaft: zuletzt hatte Miele rund 23.000 Arbeitsplätze. „Das sind schwerwiegende Schritte. Uns ist bewusst, dass es viele Kolleginnen und Kollegen hart treffen wird“, heißt es in einem Schreiben der Miele-Führung an die Belegschaft. Allein in den vergangenen vier Jahren waren rund 3000 neue Stellen geschaffen worden, allerdings nicht nur für den Aufbau zusätzlicher Kapazitäten aufgrund der stark gestiegenen Nachfrage, sondern schwerpunktmäßig zur Digitalisierung der Produkte, der Produktion sowie der Vertriebs- und Verwaltungsprozesse.

Ausdrücklich wird bei Miele betont, dass der Personalabbau möglichst sozialverträglich erfolgen soll. So soll es ein Abfindungsprogramm geben, das freiwilliges Ausscheiden fördert. Älteren Beschäftigten soll eine Altersteilzeitregelung angeboten werden. Frei werdende Stellen sollen nicht wieder besetzt werden. Nur wenn diese Maßnahmen nicht ausreichten, werde man einen Sozialplan aufstellen und betriebsbedingte Kündigungen aussprechen, heißt es bei Miele.

Über die Maßnahmen sei man mit der Gewerkschaft IG Metall seit Monaten schon im Gespräch. Gleichwohl kommt von dort scharfe Kritik daran, dass Personal abgebaut werde statt in Qualität und Produktinnovationen zu investieren. Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall in Nordrhein-Westfalen, spricht von einer „Billiger-statt-besser-Strategie“, die man nicht mitmachen werde: „Wir fordern das Unternehmen auf, mit uns über Alternativen zu verhandeln.“

„Desaster für Menschen, die Miele groß gemacht haben“

Schwerpunkt der geplanten Restrukturierung ist die Wäschepflegesparte, die offenbar zuletzt defizitär war. Das Geschäft mit Waschmaschinen, Trocknern und Waschtrocknern für private Haushalte sei von einem scharfen und stark preisgetriebenen Wettbewerb geprägt und müsse „wieder auf eine wirtschaftlich tragfähige Basis“ gestellt werden, heißt es seitens Mieles. Dazu sei eine Verlagerung von Teilen der Produktion von Gütersloh in das Werk im polnischen Ksawerów „unvermeidbar“. Allein dadurch werden bis zum Jahr 2027 schrittweise bis zu 700 Arbeitsplätze in Gütersloh gestrichen.

„Der Umfang des Stellenabbaus im Gerätewerk wäre ein Desaster für die Menschen, die Miele groß gemacht haben“, kommentiert Bernd Schreiber, Betriebsratschef des Werks Gütersloh und kündigt an, um den Erhalt von möglichst vielen Arbeitsplätzen kämpfen: „Eine geräuschlose Abwicklung wäre der Situation in keiner Weise angemessen.“ Das polnische Werk war eigentlich dazu gedacht, die steigende Nachfrage zu befriedigen, betont man in Gütersloh. Die tatsächliche Marktentwicklung hat aber einen Strich durch diese Rechnung gemacht. Miele hat im vergangenen Jahr 9 Prozent weniger Umsatz (in der gesamten Gruppe) erzielt. Gemessen an den verkauften Stückzahlen war der Rückgang sogar doppelt so hoch.

Zuvor hatte Miele wie die Wettbewerber auch während der Corona-Pandemie von einer Sonderkonjunktur profitiert. Für das Jahr 2022 hatte das Unternehmen noch über ein Umsatzplus von 12 Prozent auf ein Rekordniveau von 5,4 Milliarden Euro berichtet.

Diese Krise ist anders als frühere

Während Miele in früheren Krisen eher besser als der Markt abschnitt, weil die Premiummarke Wertbeständigkeit versprach und die gehobene Kundschaft auch nicht so stark betroffen war, ist das diesmal anders, musste man in Gütersloh feststellen. Anzeichen für eine baldige Erholung seien nicht in Sicht. Gleichzeitig habe man deutlich höhere Kosten für Material, Energie und Personal. „Was wir derzeit erleben, ist keine vorübergehende Konjunkturdelle, sondern eine nachhaltige Veränderung der Rahmenbedingungen, auf die wir uns einstellen müssen“, heißt es in der Information an die Belegschaft. Daher soll eine Kosten- und Effizienzinitiative mit der Bezeichnung „Miele Performance Program“ die Strukturen, Prozesse und Kostenpositionen in allen Bereichen verbessern.

Die Personalmaßnahmen sollen nur ein Drittel des so gewonnenen Spielraums in der Größenordnung einer halben Milliarde Euro jährlich ausmachen, der größere Teil soll durch steigende Umsätze und eine Kürzung bei Material- und Sachkosten realisiert werden. Ungeachtet dessen werde weiter in strategisch wichtige Projekte investiert, stellt Miele in Aussicht. Zu den fest geplanten Investitionen gehört ein Werk in Alabama, wo Hausgeräte speziell für den amerikanischen Bedarf hergestellt werden sollen. Unterdessen mahnt die Gesamtbetriebsratsvorsitzende Birgit Bäumker eine weitreichende Beschäftigungs- und Standortsicherung mit konkreten Innovationszusagen und Zukunftsperspektiven an. Nach den Abbauplänen für die Produktion in Gütersloh wachse die Sorge an anderen Produktionsstandorten.

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