SPÖ-Landesvorsitzender: Rücktritt Lindner: „Mehr für Kinder da sein“
SPÖ-Landesvorsitzender
Der oberösterreichische SPÖ-Vorsitzende Michael Lindner ist zurückgetreten. In einer Pressekonferenz am Samstagnachmittag nannte der zweifache Vater seine Familie als Grund für den Rücktritt. Als Zwischenlösung soll der ehemalige Nationalratsabgeordnete und Ex-Minister Alois Stöger die Partei übernehmen.
Online seit heute, 6.32 Uhr (Update: 15.50 Uhr)
In einer Pressekonferenz informierte Lindner über die Hintergründe seines Rücktritts. Er wolle mehr als Vater für seine zwei kleinen Söhne da sein. Es solle ein Signal an die Politik, aber auch an alle künftigen jungen Väter sein, so Lindner. „Sie möchte ich einladen, über Ihre Rolle als Vater nachzudenken und für Ihre Kinder da zu sein. Und die Verantwortung nicht auf die Schulter der Frauen abzulegen“, so der SPÖ-OÖ-Chef bei einem Statement vor Medienvertretern am Samstag. Die Politik wolle er aufrufen, mehr Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu schaffen.
Die Rechte von Kindern und Jugendlichen seien ihm immer ein besonderes Anliegen gewesen: „Dies zu fördern ist für mich die reinste Form der sozialen Gerechtigkeit.“
Buch als Auslöser für RücktrittsgedankenSeinen Kindern und seiner Frau zuliebe ziehe er sich deswegen aus der Politik zurück, sagte Lindner weiter. Er erklärte, dass er Anfang des Jahres ein Buch gelesen habe, in dem es um Kinder geht, die ohne Vater aufwachsen. Dieses Buch sei Auslöser für seine Rücktrittsgedanken gewesen, so Lindner.
Es sei eine schwierige Entscheidung gewesen, und ihm sei klar, dass er damit Teile der SPÖ überrascht habe, so der SPÖ-OÖ-Parteichef am Samstag. Am Montag werden die Landesgremien der SPÖ zusammenkommen und darüber beraten, wie es nun weitergehe. Vorübergehend werde aber Ex-Minister Alois Stöger die Parteigeschäfte übernehmen, so Lindner. Lindner legt Ende des Monats alle SPÖ-Funktionen zurück, die Übergabe des Landesratssitzes soll erfolgen, sobald die Partei im Land wieder neu aufgestellt ist.
SPÖ-OÖ-Chef Michael Lindner will mehr als Vater für seine Kinder da sein und zieht sich deswegen aus der Politik zurück Durchgesetzt: Nikotinbeutelverbot und HundehaltegesetzZuständig unter anderem für Jugendschutz und Tierschutz, stand Lindner zweimal im Fokus. Nach der tödlichen Hundeattacke in Naarn brachte er ein neues, strengeres Hundehaltegesetz auf den Weg, das sechs Rassen als gefährlich einstuft.
Als Jugendschutzlandesrat scheiterte er beim Thema Ausgehzeiten an der schwarz-blauen Mehrheit im Land gescheitert. Lindner wollte die Zeiten um eine Stunde verlängern und sie an die anderen Bundesländer angleichen. Durchgesetzt hat er das Verbot von Nikotinbeuteln für die Jugend. Parteiintern war Lindner zwar zuletzt einer der Stellvertreter von Bundeschef Andreas Babler, sprach sich jedoch vor der Kampfabstimmung um den Parteivorsitz für Hans-Peter Doskozil aus.
Auch Familie politisch aktivDer 41-jährige Mühlviertler hatte die SPÖ Oberösterreich vor etwas mehr als zweieinhalb Jahren von Birgit Gerstorfer übernommen. Eine missglückte Coronavirus-Impfkampagne war ihr damals zum Verhängnis geworden. Lindner löste Gerstorfer wenig später auch in der Landesregierung ab. Sein Urgroßvater war bereits in der Politik tätig. Auch sein Vater fungiert seit über 20 Jahren als SPÖ-Bürgermeister von Gutau (Bezirk Freistadt).
Auch Salzburger Landesvorsitzender zurückgetretenLindners Rückzug kommt gerade einmal zweieinhalb Wochen nachdem sich der Salzburger Landesvorsitzende David Egger-Kranzinger ebenso überraschend aus dem Amt verabschiedet hat. Er wollte sich auf seine Rolle als Bürgermeister von Neumarkt am Wallersee konzentrieren.
Respekt und Akzeptanz von Parteikollegen„Michael Lindners Entschluss, mehr Zeit für seine Familie haben und dafür mit der Politik aufhören zu wollen, ist weit mehr als eine persönliche Entscheidung, die ich respektvoll anerkenne. Es ist ein Signal dafür, wie wichtig es ist, Verantwortung in der Familie gemeinsam zu tragen und gerecht aufzuteilen“, heißt es in einer ersten Stellungnahme von der stellvertretenden Landesparteivorsitzenden Eva-Maria-Holzleitner.
SPÖ-Klubvorsitzende Sabine Engleitner-Neu weist auf die positive Aufbauarbeit in der Landespartei und im Regierungsressort hin. Zudem seien bei dem scheidenden Parteivorsitzenden immer die positiven Werte und das Miteinander im Vorgrund gestanden.
Für den Arbeiterkammer-Präsidenten Andreas Stangl ist Lindners persönliche Entscheidung zu akzeptieren. Lindner sei immer als Verbinder und auf der Seite der Beschäftigten aufgetreten. Zudem bedankte sich Stangl für die ausgezeichnete Zusammenarbeit.
„Michael Lindners Rücktritt ist ein Moment, der uns innehalten lässt – mit Dankbarkeit. Die Frage, wie sich Politik und Familie vereinbaren lässt, beschäftigt viele von uns. Michael hat in den vergangenen Jahren nicht nur die Politik in Oberösterreich, sondern auch die der SPÖ positiv geprägt“, heißt es vom Steyrer Bürgermeister Markus Vogl.
Stelzer: „Nachricht hat mich überrascht“Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) zeigte sich von Lindners Entscheidung überrascht, sie sei aber zu respektieren. „Ich bedanke mich für die Zusammenarbeit, sie war nicht immer einfach, aber konstruktiv und ergebnisorientiert. Für die Zukunft wünsche ich Michael Lindner alles Gute“, so der Landeshauptmann.
Grüne: Entscheidung „nachvollziehbar“Überrascht von der Rücktritterklärung zeigte sich auch der Grüne Landessprecher Stefan Kaineder. Lindners Begründung sei für ihn aber nachvollziehbar. „In der Spitzenpolitik zu arbeiten ist tatsächlich eine große Herausforderung für Familien. Hier die richtige Balance zu finden ist nicht einfach. Die Verantwortung in der Politik kann belastend sein und die Entscheidung, der Familie mehr Zeit zu widmen, verdient daher Anerkennung“, so Kaineder.
FPÖ ortet „Leere in Partei“Auch der Linzer FPÖ-Stadtrat Michael Raml zeigte sich verständnisvoll. Politik sei ein extrem erfüllendes, aber auch sehr anstrengendes Berufsumfeld. Der Rücktritt Lindners würde demnach eine große Leere in der SPÖ Oberösterreich offenbaren. „Ich wünsche dem scheidenden SPÖ-Obmann persönlich alles Gute. Bei aller Rücksichtnahme auf Lindners private Entscheidung darf man dennoch nicht vergessen, dass die SPÖ gerade in der Landeshauptstadt Linz und offensichtlich auch im gesamten Bundesland durchzogen ist von personellen Ausfällen“, so Raml in einer Aussendung.